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Einkauf Aktuell: Der Einkäufer der Zukunft

Vom Preisdrücker zum Unternehmensgestalter

Vom Preisdrücker zum Unternehmensgestalter. Der Einkäufer der Zukunft denkt anders. Der Streit mit VW und dem Zulieferer war unnötigWeltweit hat sich die Situation des Einkaufs in den letzten Jahren dramatisch verändert: Im globalen Wettbewerb wachsen die Anforderungen und das verlangt einen Struktur- und Imagewandel der Beschaffungsabteilungen. Resultat ist: Der zum Preisdrücker degradierte Einkäufer ist ein Auslaufmodell, denn inzwischen haben viele Hersteller erkannt, dass sich etwas ändern muss. Die Unvereinbarkeit von Preisdumping und technischem Fortschritt wurde uns allen durch spektakuläre Rückrufaktionen oder den Abgasskandal in der Automobilindustrie vor Augen geführt. Doch wie sieht der Weg aus der Krise aus? Und wo soll die Reise hingehen? Das fragen sich derzeit Führungskräfte auf der ganzen Welt.

Der Status quo im Einkauf

Heute sieht der klassische Arbeitstag in einer Beschaffungsabteilung von Industrieunternehmen meist so aus: Der Einkäufer sitzt vor dem Computer im Großraumbüro zusammen mit anderen Einkäufern. Die Hälfte seiner Arbeitszeit verbringt er damit, Daten ins System einzugeben, die restliche Zeit ist er damit beschäftigt, E-Mails zu beantworten. Zwischendurch finden Besprechungen statt, die meist sehr konfliktgeladen ablaufen. Von oben verordnetes Preisdumping schränkt seinen Handlungsradius enorm ein. Zugleich machen andere Abteilungen oder Vorgesetzte die Beschaffer immer wieder für Qualitätsmängel verantwortlich. Als weiterer Stressfaktor kommt der wachsende internationale Wettbewerb hinzu. Machen wir uns nichts vor: Der Einkauf steht unter Druck. Und damit der Kessel nicht explodiert, muss gehandelt werden. Je eher, desto besser. Doch wo beginnen, was ändern und woher einen Plan nehmen? Eine strategische Neuausrichtung des Einkaufs, die sich an langfristigen Unternehmenszielen orientiert, ist das Gebot der Stunde.

Warum ausgerechnet die Situation des Einkaufs ändern?

Immenser Stress führt in den Einkaufsabteilungen zu hoher Fluktuation und Fachkräftemangel. Mit der Belastung der Einkäufer sinkt die Qualität der Produktion und damit steigen die Unternehmensrisiken. Zudem ist ein schlecht aufgestellter Einkauf keine Stütze für den Verkauf. Erhöhter Wettbewerbsdruck führt dazu, dass alle sich gegenseitig blockieren, anstatt an einem Strang zu ziehen. Brauchen Sie noch mehr Gründe? Ist der Leidensdruck nicht schon hoch genug?

Ihr Status-Check

Können Sie hinter zwei, drei oder noch mehr der folgenden Aussagen einen Haken machen? Falls ja, dann läuft etwas schief in Ihrem Unternehmen:

  • Einkäufer haben nur ihre Exceltabellen im Kopf.
  • Einkäufer gucken nur auf den Preis.
  • Einkäufer kennen das Endprodukt nicht.
  • Einkäufer achten nicht auf Qualität.
  • Einkäufer kaufen zu teuer ein.
  • Einkäufer kaufen zu billig ein.
  • Einkäufer stehen immer in Konflikt mit anderen Fachabteilungen.
  • Einkäufer sind nicht kreativ.
  • Einkäufer handeln nur nach Schema F.
  • Einkäufern ist Strategie ein Fremdwort.
  • Einkäufer sprechen kein Englisch.
  • Einkäufern fehlt es an sozialer Kompetenz.
  • Einkäufer können nicht präsentieren.
  • Einkäufer kleben nur am Schreibtisch.
  • Einkäufer schreiben ständig E-Mails, statt zum Telefon zu greifen.
  • Verkauf ist viel wichtiger als Einkauf.

Brücken bauen, statt Gräben ziehen

Man kann an dieser Stelle viel Zeit mit Schuldzuweisungen vergeuden und sich fragen, was zuerst da war: das Preisdumping oder der Qualitätsverlust? Der innovationsmüde Zulieferer oder der preisdrückende Einkäufer? Der (über)fordernde Vertriebsmitarbeiter oder der sich taub stellende Einkäufer? Sinnvoller als lamentieren ist es jedoch, sich stattdessen strategisch Gedanken darüber zu machen, was das Unternehmen in einer solchen Situation weiterbringt. Hier hilft es, Brücken zu bauen: zwischen Einkäufern und Zulieferern, zwischen Einkauf und Verkauf. Einkäufer und Vertriebsmitarbeiter an einen Tisch zu bringen, sie in der Kunst des interdisziplinären Teamworks zu schulen, ihnen aufzuzeigen, wie viele Vorteile für alle in einem optimalen Austausch stecken. Allein dieses Aufeinander-Zugehen kann viel Positives bewirken. Sie werden staunen, was sich in einem Unternehmen ändert, wenn die Menschen plötzlich miteinander reden!

Ein Action-Plan muss her

Strukturelle strategische Veränderungen sind notwendig, um den Einkauf für alle Anforderungen, die bereits heute an ihn gestellt werden – und erst recht für die künftigen –, fit zu machen. Zu wissen, wo der Schuh drückt, stellt schon mal eine gute Basis dar. Doch auf die Situationsanalyse müssen konkrete Maßnahmen folgen. Da ist es hilfreich, einen konkreten Action-Plan zu erstellen und diesen Plan konsequent umzusetzen. Es braucht einen langen Atem, um hier tiefgreifende Verbesserungen zu erzielen. Schnelle Erfolge sind gut für die Motivation, doch darf man sich nicht täuschen lassen: Sehr häufig folgt nach einem anfänglichen Schulterklopfen und dem Ausruf „Super, dass wir das gemacht haben“ die Rückwärtsrolle. Und nach ein, zwei Wochen schleichen sich die alten Muster wieder ein. Ein Action-Plan sollte daher kurzfristige, mittelfristige und langfristige Maßnahmen enthalten. Alte Strukturen sind gewachsen, neue müssen das also auch.

Intern stark

Für viele klingt es undenkbar, Einkauf und unternehmensinternen Verkauf zusammenzubringen. Wer es aber erprobt, wird über die hervorragenden Ergebnisse staunen. Denn was der Einkauf kann und weiß, bringt dem Verkauf in der nächsten Verhandlung vielleicht eine traumhafte Marge ein. Und spätestens, wenn der Verkauf den nächsten Top-Deal geholt hat, wird niemand mehr das Zusammenspiel mit der anderen Abteilung missen wollen.

Einkauf Aktuell - International kompetent

Heute schon ein Muss, in der Zukunft absolutes K.-o.-Kriterium: die Beherrschung der interkulturellen Kommunikation. Wer auf dem internationalen Parkett künftig bestehen will, tut gut daran, seine Einkaufsabteilung dahingehend zu schulen. Viele Länder sind hier schon um einiges weiter als Deutschland. Es fängt meistens schon mit den Sprachkenntnissen an. Verhandlungssicheres Englisch ist extrem wichtig. Doch bei der Zusammenarbeit mit Menschen aus anderen Ländern braucht es noch viel mehr: Fingerspitzengefühl, Verhandlungsgeschick und Kenntnisse darüber, wie der andere am anderen Ende der Welt tickt.

Umdenken auf allen Ebenen

So weiterzumachen, wie man es immer schon gemacht hat, führt direkt in die Sackgasse. Seit einigen Jahren lege ich bei meiner Tätigkeit als Beraterin und Interimsmanagerin im Einkauf größten Wert auf die Förderung der Innovationsbereitschaft auf allen Ebenen. Eine darauf aufbauende Strategie sieht wie folgt aus: Interdisziplinäre Teams aufbauen, die Kooperationsbereitschaft von Einkauf und Verkauf fördern und die frühzeitige Verknüpfung von Prozessen in unterschiedlichen Abteilungen sowie die enge Vernetzung ihrer Führungskräfte herbeiführen.

Ein Klima der Kreativität zu erzeugen, ist notwendig, um einen Nährboden für Visionen und neue Ideen zu schaffen. Weitsicht, Kompetenz, Verantwortungsbewusstsein – das alles lässt sich fördern. Diese Werte können und müssen gelebt und vor allem von Führungskräften vorgelebt werden. Wenn alle Bereiche im Unternehmen Teil der Qualität, der Innovation und der Vermarktung des entstehenden Produktes sind, dann lassen sich Visionen mutiger formulieren und – was genauso wichtig ist – konsequent realisieren. Den Einkäufer als aktiven Unternehmensgestalter statt als Preisdrücker anzusehen, ist hierbei entscheidend. Darüber hinaus stärkt ein partnerschaftliches Verhältnis gegenüber Lieferanten deren Innovationsbereitschaft. Motivierte Zulieferer tragen so erheblich zum Erfolg eines Produktes bei. Werden Zulieferer in die Entwicklung von neuen innovativen Lösungen partnerschaftlich eingebunden, kann deren Know-how das Zünglein an der Waage sein, wenn es darum geht, im Wettbewerb vorne zu liegen.

Der Einkäufer der Zukunft

Manch einem wird er wie die „eierlegende Wollmilchsau“ erscheinen, aber mein Bild des künftigen Einkäufers ist vielerorts heute schon Realität. Sie finden den „neuen Einkäufer“ in Ländern wie China, Rumänien, Polen, den USA. In internationalen Firmen – verstärkt in der Automobilindustrie – hat das Umdenken bereits stattgefunden. Der strukturelle Veränderungsprozess ist hier in vollem Gange. Das geht nicht von heute auf morgen, aber je eher das Morgen beginnt, desto besser.

Der erste Schritt ist, einmal das auszublenden, was derzeit den Alltag in unseren Einkaufsabteilungen bestimmt und sich stattdessen für eine neue Sicht zu öffnen:

Der Einkäufer der Zukunft wird ein Manager seiner Warengruppe sein, viel Eigenverantwortung übernehmen, die interkulturelle Kommunikation beherrschen und somit ein Allrounder eines modernen Industriebetriebes sein. Er wird als Botschafter seines Unternehmens auftreten. Was die Führung angeht, wird es „crossfunktionale“ Teams mit fachlichen statt disziplinarischen Vorgesetzten geben. Sein Verhandlungsgeschick wird über den Erfolg des Einkäufers entscheiden. Er wird nicht mehr der Preisdrücker der vergangenen Jahre sein, sondern „Verhandeln mit Persönlichkeit“ wird ihn auszeichnen. Er wird reisen und sein Büro immer dabeihaben. Er wird in interdisziplinären Teams gemeinsam mit Entwicklern, Technikern und Vertrieblern projektbezogen arbeiten. Besprechungen werden nach wie vor stattfinden, doch effizienter als heute. Die Teilnehmer werden dafür sorgen, dass die Zeit kreativ genutzt wird und Lösungen gemeinsam erarbeitet werden. Der Einkäufer wird also ein interkultureller Warengruppenmanager sein.

„Der Einkauf von heute ist von gestern. Und mit dem Einkauf von gestern gibt es keine Zukunft.“