Seite 1 bei Google kann so einfach sein.

Lob und Kritik für neues Öko-Siegel

Lebensmittel

Für Produkte aus ökologischem Anbau gibt es in Deutschland künftig ein neues Qualitätssiegel. Grundlage sind die Standards der EU-Öko-Verordnung, wie Bundesverbraucherschutzministerin Renate Künast (Grüne) am Montag in Berlin erläuterte. Die neue Kennzeichnung werde es den Verbrauchern leicht machen, Lebensmittel aus Öko-Produktion in den Regalen zu finden. Während der der Naturschutzbund Nabu das neue Öko-Siegel begrüßte, kritisierte die Öko-Prüfzeichen GmbH die Aufweichung ökologischer Standards.

Bis zum Jahresende soll für die entsprechende Kennzeichnung eine gesetzliche Grundlage geschaffen werden. Das Siegel, dessen grafische Gestaltung in einigen Wochen vorgestellt werden soll, kann aber schon vorher auf freiwilliger Basis verwendet werden. Die ersten Produkte mit dem neuen Kennzeichen dürften nach dem Worten von Künast in drei bis sechs Monaten in den Regalen des Lebensmittelhandels zu finden sein.

Die Öko-Verordnung der EU schreibt unter anderem vor, dass die Fütterung von Tieren nur mit ökologisch erzeugten Futtermitteln erfolgen darf. Der Zusatz von Leistungsförderern oder Antibiotika ist verboten. Ferner besteht ein vollständiges Verbot des Einsatzes gentechnisch veränderter Pflanzen und Produkte. Vorgeschrieben ist ferner eine flächengebundene Tierhaltung. Die Verbrauchersicherheit muss durch regelmäßige Kontrollen gewährleistet sein.

Allerdings ist es nach der EG-Verordnung zulässig, Betriebe nur teilweise auf ökologische Landwirtschaft umzustellen und konventionelle Gülle auf Öko-Flächen auszubringen. Burkhard Kape von der Öko-Prüfzeichen (ÖPZ) GmbH zeigte sich dementsprechend auch "enttäuscht". Das ÖPZ war erst letztes Jahr gestartet, um ein einheitliches Öko-Siegel zu haben und die Verwirrung bei den Verbrauchern zu beseitigen - also mit genau dem Ziel, das auch das neue Künast-Siegel verfolgt.

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände (BVZV) sprach dennoch von einem wegweisenden Schritt, der "ökologisch produzierten Lebensmitteln insgesamt zum Durchbruch verhelfen" könne. Auch die Bio-Anbauverbände Bioland und Demeter begrüßten die Entscheidung.

Florian Schöne vom Nabu begründete die Zustimmung seines Verbandes zum neuen Siegel, es sei vor allem wichtig, ein starkes Öko-Siegel zu haben. "Wir können nicht alle Probleme mit einem Zeichen erschlagen", so Schöne. Relevant sei, dass die Verbraucher ökologisch angebaute Produkte leicht erkennen könnten. Allerdings könnten die viel zitierten 20% Öko-Fläche in 10 Jahren nur erreicht werden, wenn Erzeuger, Handel und Politik an einem Strang zögen. Vor dem Hintergrund der langwierigen und kontroversen Debatten um die inhaltliche Ausrichtung des Zeichens sei es daher erforderlich, dass sich nunmehr alle Beteiligten vorbehaltlos zu dem Ökosiegel bekennen und es offensiv verwenden. Der NABU appellierte an Verbraucherministerin Künast, die Einführung des Ökozeichens mit einer umfangreichen Image- und Marketingkampagne für Ökoprodukte zu verbinden.

Künast hatte die Einführung eines Öko-Siegels unmittelbar nach ihrem Amtsantritt im Januar angekündigt. Ihm soll in absehbarer Zeit auch ein neues Qualitätssiegel für den konventionellen Landbau folgen. Die Ministerin versicherte am Montag nochmals, dass sie an diesem Plan festhalten will. Kritik an der Idee eines Qualitätssiegels für konventionelle Ware war nicht nur aus Landwirtschaft und Ernährungsindustrie gekommen, sondern auch von Umweltverbänden, die dadurch eine Schwächung des Öko-Siegels befürchten.

Am Wochenende war bekannt geworden, dass weder die Kantine im neuen Bundeskanzleramt, noch die im Bonner Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft Produkte aus dem Ökolandbau verwenden.

Ekel-Fleisch und Massentierhaltung

Als Konsequenz aus dem jüngsten Fleischskandal hat der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) von Agrarminister Horst Seehofer (CSU) gefordert, die "Abwärtsspirale bei den Lebensmittelpreisen" zu stoppen. Der Verkauf von Produkten unter Einstandspreisen müsse sofort verboten werden. Wenn die verschiedenen Sektoren der Erzeugerkette über Preisdumping zunehmend unter Druck gerieten, seien weitere Lebensmittelskandale vorprogrammiert. Der Preisdruck im Lebensmittelmarkt senke nicht nur die Standards in Handel und Verkauf, er führe auch zu ökologisch fatalen Produktionsmethoden und zur Massentierhaltung. Die Verbraucher müssten bereit sein, wieder mehr Geld in Qualitäts-Lebensmittel zu stecken. "Mehr Kontrolle ist gut, das Ende der Abwärtsspirale bei Lebensmittelpreisen ist besser", sagte Hubert Weiger, agrarpolitischer Sprecher des BUND, zu den Ideen Seehofers, wie dieser künftige Fleisch-Skandale verhindern will. Die Discounter nutzten ihre Marktmacht, um den Preisdruck auf die Lebensmittel ständig zu erhöhen. "Minderwertiges Fleisch ist das Produkt eines Systems, in dem niedrige Preise die Hauptsache sind und Qualität nur als notwendiges Übel erscheint", sagte Weiger. Lebensmittel solle niemand wegschmeißen und ihren Preis keiner drücken dürfen.

Bei Schweinehackfleisch seien die Discounterpreise in den zurückliegenden zwei Jahren zeitweise von 3,56 auf 2,88 Euro pro Kilo gesunken. Der Preis für Rinderhack sei von 3,52 auf 2,90 Euro pro Kilo, für Schweineschnitzel von 6,61 auf 5,77 Euro gedrückt worden. Der Druck der niedrigen Verkaufspreise werde auf die gesamte Lebensmittelbranche übertragen. Ergebnis seien Discounter-Kampfpreise, die den wirklichen Wert der Lebensmittel nicht mehr wiedergeben würden. Dies provoziere kriminelle Energien und öffne krummen Machenschaften Tür und Tor.

Der BUND forderte Landwirtschaftsminister Horst Seehofer auf, die Förderung der regionalen Märkte zu einem Schwerpunkt seiner Arbeit zu machen. Da die ökologisch ausgerichtete Landwirtschaft alle Qualitätsstandards und Kontrollen vorbildlich einhalte, müsse die staatliche Unterstützung in diesem Sektor ausgebaut werden. An die Bundesländer appellierte der BUND, alle Pläne zur Kürzung der Förderung für den Ökolandbau aufzugeben.

Gefragt sei auch der Verbraucher. Der Durchschnittsdeutsche gebe heute nur noch 11,7 Prozent seines Haushaltseinkommens für die Ernährung aus. 1962 seien es noch 36,7 Prozent gewesen. Italiener gäben 14,5 und Griechen 15 Prozent ihres Einkommens für Lebensmittel aus. Die Verbraucher in Deutschland müssten wieder mehr Geld in Qualität investieren. Diese müsse auch klar erkennbar sein.

Am 09-12-2005

Genfood

Auch Kantinen, Krankenhäuser, Kindergärten, Schulen oder Restaurants müssen kenntlich machen, wenn sie genveränderte Lebensmittel anbieten. Das erklärte Bundesverbraucherministerin Renate Künast in einem Interview mit dem GREENPEACE MAGAZIN. "Wer mit genveränderten Zutaten kocht, muss das auf der Speisekarte oder einem Aushang kenntlich machen", sagte Künast in der aktuellen Ausgabe des Hamburger Magazins. Ab 18. April gilt in Europa eine verschärfte Kennzeichnungspflicht für Lebensmittel mit gentechnisch veränderten Zutaten. Supermarktkunden können künftig auf dem Etikett lesen, wenn Gentechnik in Tütensuppen oder Frühstücksmüsli steckt. Ob das auch für unverpackte Nahrung gilt, die in Kantinen, Restaurants oder Kindergärten lose über den Tresen gilt, war bisher fraglich.

Wer dagegen gentechnikfreie Lebensmittel anbietet, solle damit in Zukunft stärker werben können, sagte Künast im GREENPEACE MAGAZIN. Sie schlägt vor, dass die Produkte mit dem Hinweis "ohne Gentechnik" gekennzeichnet werden. Die derzeit noch bestehenden bürokratischen Hürden für eine solche Werbung will Künast ausräumen.

Am 26-02-2004

Besonders Fleisch und Eis kritisch

Die Zahl der registrierten Verstöße gegen das Lebensmittelrecht in Deutschland ist unverändert hoch. In fast jedem fünften herstellenden, verarbeitenden oder verkaufenden Betrieb wurden im vergangenen Jahr nach Angaben des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit Mängel festgestellt. Überdurchschnittlich viele Beanstandungen gab es bei Eis und Desserts sowie bei Fleisch und Wursterzeugnissen, geht aus dem am Montag vorgestellten Jahresbericht 2004 hervor. Bundesamts-Präsident Christian Grugel sagte, insgesamt seien die im vergangenen Jahr festgestellten Mängel bei Hygiene und Kennzeichnung von Lebensmitteln im Vergleich zu 2003 auf unverändert hohem Niveau geblieben. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) sprach angesichts der Zahlen von einem "nicht zu akzeptierenden Zustand" und forderte Konsequenzen.

Insgesamt führten die Lebensmittelkontrollbehörden der Bundesländer 2004 rund 1,14 Millionen Kontrollen in über 600.000 Betrieben durch. Das waren etwa 58 Prozent aller Firmen der Branche. Von den untersuchten 410.268 Lebensmittelproben wurden mit rund 15 Prozent etwa genau so viele beanstandet wie im Jahr 2003.

Die prozentual meisten Verstöße wurden mit 20,8 Prozent bei den Proben von Eis und Desserts festgestellt, 6,8 Prozent davon waren mikrobiologisch verunreinigt. Bei Fleisch und Wurst stellten die Kontrolleure bei 20,0 Prozent der Proben Mängel fest, über zwölf Prozent wiesen eine falsche Kennzeichnung der Ware auf. Rund 4,5 Prozent der Proben hatten eine zu hohe Keimzahl oder waren verdorben.

"Ein besonders krasses Beispiel sind die von bayerischen Kontrolleuren festgestellten minderwertigen Schinkenimitate, wie sie vor allem auf Pizzen zum Einsatz kommen", sagte Grugel. Über die Hälfte aller Proben von Vorderformschinken seien beanstandet worden. Dabei seien die verwendeten Einlagen aus kleinen Muskelstücken, Soja- und Molkeneiweiß sowie Wasser nicht ausreichend gekennzeichnet worden.

Deutlich besser als die Kontrollbilanz bei Fleisch waren die Ergebnisse bei Milch und Milchprodukten. Hier wurden nur 12,3 Prozent der Proben beanstandet. "Dies zeigt deutlich, dass die Kontrollkette vom Erzeuger bis zum Dienstleister in dieser Branche besser funktioniert", urteilte Grugel.

Überdurchschnittlich viele Verstöße gab es mit rund 25 Prozent bei Herstellern und Abpackern sowie im Dienstleistungsbereich - also von der Imbissbude über den Buffetservice bis zum Hotelrestaurant. Deutlich weniger Mängel stellten die Prüfer bei den Erzeugern (gut zehn Prozent), im Einzelhandel (etwa 15 Prozent) und bei Vertrieb und Transporteuren (rund 18 Prozent) fest.

Grugel betonte, dass die Globalisierung auch die Lebensmittelkontrolle vor immer neue Aufgaben stelle. Wenn es immer mehr Importe aus Thailand, Indonesien oder China gebe, könne es nicht die gleiche Sicherheit geben.

Für die Verbraucherschützer betonte vzbv-Vorstand Edda Müller: "Wenn jedes achte untersuchte Milchprodukt und jedes fünfte Fleischerzeugnis zu beanstanden ist, dann dürfen wir uns nicht damit abfinden."

Am 18-07-2005

Bio-Siegel

Die Verbraucher Initiative wirbt für Lebensmittel aus ökologischem Anbau. In Deutschland sind die meisten der über 8.000 ökologischen Landbaubetriebe in einem der neun Anbauverbände organisiert. Dazu gehören beispielsweise die bekannten Verbände wie Bioland, Naturland und Demeter. Diese Verbände bewerten die Arbeit ihrer Mitglieder, die nach strengen Richtlinien wirtschaften. "Die artgerechte Tierhaltung ist für den Öko-Landbau verpflichtend. Der Einsatz künstlicher Düngemittel, Bestrahlung und die Verwendung genetisch veränderter Organismen sind hier verboten", erläutert Georg Abel, Bundesgeschäftsführer der Verbraucher Initiative. Die Einhaltung dieser Standards wird von den Verbänden regelmäßig kontrolliert. Sie vergeben darüber hinaus die charakteristischen Verbandszeichen, die in Deutschland schon lange bekannt sind.

Bio-Produkte gewinnen auch im Supermarkt an Bedeutung. Seit einigen Jahren werden dort neben Fachmarken wie HiPP oder Schneekoppe auch Öko-Eigenmarken wie Füllhorn, Naturkind oder Grünes Land angeboten. "Durch diese Eigenmarken trägt der Handel dazu bei, dass Bio-Produkte ihren Weg aus der Nische finden", so Abel. "Durch den Kauf von Öko-Produkten können Verbraucherinnen und Verbraucher direkt zur Agrarwende beitragen", ist die Botschaft der Verbraucher Initiative an die Bevölkerung.

Eine Hilfestellung für Verbraucherinnen und Verbraucher bietet nach Auffassung der Verbraucher Initiative auch das neu eingeführte Bio-Siegel. Bundesverbraucherministerin Künast hat mit dem diesen September vorgestellten Bio-Siegel ein einheitliches ökologisches Gütezeichen geschaffen. Es kennzeichnet in Zukunft ökologisch hergestellte Erzeugnisse, die zumindest den Richtlinien der EG-Öko-Verordnung entsprechen. Die Verbandszeichen der Anbauverbände, die in ihren Anforderungen meist deutlich weiter gehen, und die Eigenmarken des Handels werden durch das einheitliche Bio-Siegel ergänzt.

Am 02-11-2001

Manipuliert

Erstmals seit 1998 wird die EU genmanipulierte Organismen möglicherweise noch diese Woche für die Verwendung in Lebensmitteln zulassen. Dabei lehnen die europäischen Verbraucher nach Angaben der Umweltschutzorganisation Greenpeace Gentechnik im Essen mehrheitlich ab. Dennoch werde die EU-Kommission die Vertreter der Mitgliedsstaaten am Mittwoch auffordern, einen Gen-Mais des US-Konzerns Monsanto zuzulassen. Der Mais (NK 603), der gegen Spritzmittel des Konzerns unempfindlich gemacht wurde und derzeit in Nordamerika angebaut wird, könne dann für die Herstellung von Lebens- und Futtermitteln in Europa importiert werden. Der Anbau bliebe aber weiterhin verboten. Das Problem: Das Produkt weise er erhebliche Sicherheitsmängel auf. Unter anderem seien die langfristigen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit nicht erforscht. Da das Stimmverhalten der EU-Staaten nicht abzusehen ist, kann es von einem einzelnen Land abhängen, ob der Gen-Mais abgelehnt wird. Greenpeace hat sich bereits schriftlich an Künast gewandt und gefordert, den Gen-Mais zu stoppen. "Frau Künast muss die Interessen der Verbraucher schützen. Die grosse Mehrheit will keine Gentechnik im Essen", sagt Ulrike Brendel,Gentechnik-Expertin von Greenpeace.

Der Gen-Mais von Monsanto belege erneut, warum der Verbraucher der Industrie nicht trauen könne. Auch in diesem Fall seien die Gefahren nicht ausreichend untersucht worden. So enthalte der Mais fremde Genabschnitte unklarer Herkunft. Die Art und Weise, wie das fremde Gen eingebaut wurde, lasse vermuten, dass andere Gene in ihrer Aktivität beeinflusst werden. Zudem sei das Allergierisiko nicht vollständig geklärt worden.

"Angesichts dieser Lücken muss Künast gegen die Zulassung stimmen", fordert Brendel. Auch die derzeitige rechtliche Lage spricht nach Ansicht der Umweltschützer gegen eine Zulassung von genmanipulierten Organismen. So gibt es bisher keine ausreichenden Regelungen gegen die unkontrollierte Ausbreitung genmanipulierter Pflanzen und die Gefährdung der herkömmlichen Landwirtschaft und der Umwelt. Geklärt sei auch nicht, wer im Schadensfall hafte. Die Gesetzgebung ignoriere bislang insbesondere Umweltschäden, die durch Gen-Pflanzen verursacht werden. In Nordamerika träten durch den Anbau von Gen-Pflanzen bereits Probleme auf. So entstünden immer mehr Unkräuter, die gegen Spritzmittel immun sind und so deren Einsatz noch steigern.

Wenn am Mittwoch in Brüssel entschieden wird, den Gen-Mais NK 603 zuzulassen, würde nach über fünf Jahren der Zulassungsstopp der EU beendet. Falls gegen den Gen-Mais entschiedenwird, geht das Zulassungsverfahren in die nächste Instanz. Innerhalb der nächsten drei Monate müssen dann die zuständigen Minister der EU-Staaten über die Zulassung abstimmen.

Am 16-02-2004

Argentinien

Der Fall Argentinien wird sowohl beim dieswöchigen Weltwirtschaftsgipfel in Davos wie auch dem gleichzeitig im brasilianischen Porto Alegre stattfindenden Gegengipfel der weltweiten Zivilgesellschaft, dem Weltsozialforum, besondere Aufmerksamkeit finden. Jürgen Reichel vom Evangelischen Entwicklungsdienst (EED) berichtet nach einer Reise: "Hier in Argentinien haben wir Kinder im zweiten Grad der Unterernährung gesehen, die an diesem Tag nichts zu essen bekommen haben", obwohl das Land als einer der stärksten Wirtschaftsstandorte Südamerikas galt. Die Wirtschafts- und Sozialpolitik Argentiniens ist im hohen Maß von den Vorgaben internationaler Organisationen, allen voran dem Internationalen Währungsfonds (IWF) abhängig, bei dem das Land hoch verschuldet ist. Die jetzt in der Hauptstadt Buenos Aires und den Provinzen Tucuman und Santiago del Estero durchgeführte Untersuchung lokaler Organisationen, des EED und FIAN soll internationale Aufmerksamkeit für die Ernährungssituation in einem Land schaffen, das zehnmal mehr Nahrungsmittel produziert, als für die eigene Bevölkerung benötigt wird. Dennoch hungern Millionen von Menschen und einem Viertel der Haushalte mangelt es an Grundnahrungsmitteln.

"In allen Teilen des Landes mussten Schulspeisungen eingeführt werden. Die Verteilung von Nahrungsmitteln reicht aber bei weitem nicht aus," stellt Jürgen Reichel vom EED fest. "Die Lebensmittel für die tägliche Schulspeisung werden nach politischen Einstellungen vergeben. In Tucuman zum Beispiel nehmen die Eltern an den in ganz Argentinien gängigen piquetes , kurzzeitigen Straßensperrungen teil, um auf die Verelendung aufmerksam zu machen. Die Nahrungsmittelhilfen für diesen Stadtteil wurden daraufhin nur unregelmäßig ausgegeben."

Politiker in Argentinien setzten nach Ansicht von Reichel den Hunger als Instrument ein, um politisches Wohlverhalten zu erzwingen. Das sei auch nach Ansicht vieler lokaler Organisationen eine weit verbreitete Praxis: "Über die Zuteilung von Hilfsgütern wird nicht durch die Behörden, sondern durch Parteiemissäre entschieden. Überall im Land werden Eltern und Lehrer dazu noch vor die Wahl gestellt, sich zwischen dem Hunger ihrer Kinder oder genmanipulierten Nahrungsmittelspenden zu entscheiden: Den Organisationen, die Schulspeisungen vornehmen, wird weitflächig unter dem irreführenden Titel "Solidarisches Soya" genmanipuliertes Soya zur Verfügung gestellt", so Reichel.

Sofia Monsalve von FIAN International berichtet im Rahmen der Untersuchung von Repressionen zur Vertreibung der Landbevölkerung. Seit zwei Jahren müssten sie sich gegen Übergriffe von Spekulationsfirmen zur Wehr setzen, die das Land oft nur kaufen, um die derzeitigen Besitzer zu verdrängen. Auch gewalttätige Übergriffe seien vorgekommen. "Viele Menschen in Argentinien fühlen sich vom eigenen Staat verraten", berichtet Sofia Monsalve.

In Porto Alegre werden FIAN International und EED gemeinsam mit argentinischen Organisationen ein Forum zur Lage Argentiniens und zum Zusammenhang von Hungersnot, Verantwortungslosigkeit von Politikern, der Handlungsunfähigkeit des Staates und seiner Abhängigkeit von internationalen Organisationen veranstalten.

Am 21-01-2003