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Arzneimittel-Sparpaket wird wieder aufgeschnürt

Gesundheitspolitik

Das von Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) geplante Arzneimittel-Sparpaket soll nach Auskunft der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) wieder aufgeschnürt werden. Gewerkschaftschef Hubertus Schmoldt zeigte sich am Wochenende nach einem Gespräch mit Schmidt fest davon überzeugt, dass die Bundesregierung grundlegende Korrekturen am Arzneimittel-Sparpaket vornehmen wird. Auch der Marburger Bund übte Druck auf die Ministerin aus. Der Vorsitzende des Klinikärzteverbandes, Frank Ulrich Montgomery, drohte im nächsten Jahr mit so genannten Abrechnungsstreiks, falls die Bundesregierung nicht ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes zu Arbeitszeiten von Klinikärzten umgehend ins deutsche Recht umsetze.

Schmoldt sagte, die Ministerin habe ihre Bereitschaft signalisiert, die geplante Preissenkung für bestimmte Medikamente durch eine freiwillige Selbstverpflichtung der Pharmaindustrie zu ersetzen. Die Gesundheitsministerin will mit ihrem als Reaktion auf die gestiegenen Arzneimittel-Ausgaben geschnürten Paket den Krankenkassen Einsparungen zwischen zwei und drei Milliarden Mark bescheren.

Vorgesehen war eine Absenkung der Herstellerpreise für bestimmte Arzneimittel. Zudem sollen Apotheker künftig im Regelfall nur noch das preiswerteste Medikament unter wirkstoffgleichen Präparaten an Patienten abgeben. Bei einem Spitzengespräch mit Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) in der kommenden Woche wollen Pharmaverbände und Chemiegewerkschaft klären, welche Änderungen am Arzneimittel-Sparpaket vorgenommen werden.

Montgomery kritisierte, dass die Arbeitsbelastung in vielen Krankenhäusern längst das menschenwürdige Maß überschritten habe. Ärzte müssten über 30 Stunden am Stück ohne nennenswerte Pausen arbeiten, berichtete der Vorsitzende des mit 70.000 Mitgliedern größten deutschen Ärzteverbandes. Wenn die Politik das Gerichtsurteil umsetzen würde, könnten soziale Dienstpläne erstellt werden, die Übermüdung und damit Patientengefährdung ausschließen, sagte Montgomery. Hierfür seien 15.000 zusätzliche Ärzte und Mehrkosten von zwei Milliarden Mark notwendig.

Der Verbandschef mahnte Schmidt, "das knappe Geld nicht für Ideen wie den Gesundheitspass zu verschwenden". Vielmehr seien Investitionen in die Menschen nötig, die in den Krankenhäusern arbeiteten. Setze die Bundesregierung das Gerichtsurteil nicht bald um, erwarte sie ein "heißer Wahlkampf". Montgomery drohte für diesen Fall mit "Computerstreiks", bei denen Ärzte die Dokumentation verweigerten und somit den Klinikträgern den Geldhahn zudrehten.

Bestärkt wird der Verband mit seiner Forderung durch den "Krankenhaus-Report 2001", den das Wissenschaftliche Institut der AOK nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins "Focus" Mitte November offiziell vorlegen will. Dem Bericht zufolge haben Ärzte, Schwestern und Pfleger in deutschen Krankenhäusern heute wesentlich mehr Patienten zu versorgen als noch zu Beginn der neunziger Jahre. Insgesamt sei die Zahl der Kranken, die in Kliniken behandelt wurden, auf die Rekordmarke von fast 16 Millionen im Jahr 1999 gestiegen. Danach musste ein Arzt 1999 durchschnittlich 153 Kranke versorgen - drei mehr als acht Jahre zuvor.