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Multimedialer Austausch für Globalisierungskritiker

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Nicht nur die Marktwirtschaft hat längst Grenzen überschritten, auch ihre Kritiker sind weltweit vernetzt. Die Demonstranten, die in Berlin gegen die Politik von US-Präsident George W. Bush protestieren, haben neben Transparenten und Trommeln auch ihren eigenen, alternativen Medientross mitgebracht. Wer den Internet-Radiosender Kanal B anschaltet, hört, dass auch die Globalisierungskritiker im Zeitalter des Infotainments leben. Wer wo und wann in Berlin demonstriert, wird hier nicht verlautbart, sondern zu coolen Sounds gerappt.

"Am 1. Mai sind wir zum ersten Mal auf Sendung gegangen", sagt DJ Sunsonjon. "Wegen der großen Nachfrage machen wir jetzt zum Bush-Besuch drei Tage Programm nonstop." Je nach Uhrzeit arbeiten ein bis zehn Leute mit, erläutert der Radiomacher. Zu Spitzenzeiten hat Kanal B rund 500 Hörer. "An den Logfiles sehen wir, dass auch die Polizei mithört", sagt er. Daher werden die Beamten im Programm auch extra begrüßt.

Rund 50 000 Surfer besuchen die Homepage von Kanal B zurzeit täglich, sagt DJ Sunsonjon. Hier können sich Interessierte Videos der Pro- und Anti-Bush-Demonstrationen anschauen. Mit Videoberichten haben die Gründer von Kanal B angefangen. Sie haben auch Filme über die sozialen Unruhen in Argentinien ins Internet gestellt.

Das Netzwerk Indymedia, mit dem Kanal B kooperiert, will die Perspektive der Demonstranten vermitteln. "Die kommerziellen Medien stellen die Proteste verzerrt da", meint ein 20-jähriger Indymedia-Mitarbeiter, der sich als Jochen vorstellt. "Wir setzen Beobachtungen von Demonstrationsteilnehmern aus erster Hand dagegen. Durch die verschiedenen Blickwinkel kommen wir der Wahrheit näher", ist sich der Hamburger Student sicher.

Globalisierungskritiker gründeten Indymedia 1999 in Seattle bei den Protesten gegen die Welthandelsorganisation. In einem Kreuzberger Hinterhof in der Gneisenaustraße haben sie ein "Medienzentrum" eingerichtet. Neben alternativem Buchladen und Fahrradwerkstatt können sich Demonstrationsteilnehmer an drei Computer-Arbeitsplätzen kostenlos ins Internet einloggen und ihre Version der Anti-Bush-Demos veröffentlichen.

Indymedia versteht sich als "internationales, antikapitalistisches Netzwerk ohne zentrale Redaktion", sagt der 33-Jährige, der Matthias genannt werden will und aus Frankfurt angereist ist. Freiwillige Mitarbeiter, erläutert er, übersetzten die Berichte aus Berlin für "Aktivisten" in anderen Ländern. Indymedia funktioniere wie ein für jedermann offenes Gästebuch und sei daher für die Berichte nicht im Sinne des Presserechts verantwortlich, fügt er hinzu.

Die chaotische Organisation führt zu einem unübersichtlichen Info-Strom auf der Indymedia-Homepage. Nur Störer-Beiträge, etwa mit rassistischen oder antisemitischen Sprüchen, werden entfernt.