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Neue Chancen zur schnellen Ratifizierung der Århus-Konvention

Umweltinformationsrechte

Vom 21.-23. Oktober fand in Lucca (Italien) die erste Vertragsstaatenkonferenz zur Århus-Konvention statt. Die Århus-Konvention will Umweltinformationsrechte sowie den Zugang zu Verwaltungsverfahren und zu Gerichten verbessern. Der dreitätigen Veranstaltung ging wie auch schon in der Vergangenheit ein Treffen der europäischen Nichtregierungsorganisationen voraus. Auf der Konferenz waren Vertreter aus 34 Staaten anwesend, darunter auch vier Mitarbeiter deutscher NGOs (Nichtregierungsorganisationen). Deutschland hat bekanntlich die Konvention noch nicht ratifiziert und war somit kein teilnehmender Vertragsstaat, sondern nur beobachtender Signatarstaat. Bislang wurde die Konvention von 22 Staaten ratifiziert, darunter sind von den EU-Staaten nur Italien, Frankreich und Dänemark. Ebenso viele Staaten haben die Konvention unterzeichnet und sind in Ratifizierungsprozessen.

Auf alle Staaten der Europäischen Union macht die EU-Kommission starken Druck, weil alle drei Säulen der Århus-Konvention mit entsprechenden Richtlinienvorschlägen vorbereitet wurden bzw. in naher Zunkunft hiermit zu rechnen ist. So wurde in Lucca von Rolf Annerberg, Chef des Büros von Umweltkommissarin Margot Wallström, angekündigt, dass zur dritten Säule der Konvention (Zugang zu Gerichten) seitens der EU-Kommission zu Beginn des Jahres 2003 ein entsprechender Richtlinienvorschlag vorgelegt wird. Dies ist bemerkenswert, da erst im April ein erstes Diskussionspapier von der Kommission ins Internet gestellt wurde und nunmehr bereits ein Richtlinienvorschlag zur Frage des Zugangs zu Gerichten, die auch das Thema Erweiterung der Verbandsklage im Umwelt- und Naturschutz aufgreift, vorgelegt werden wird.

In Lucca wurden neben vielen Diskussionsprozessen einige bemerkenswerte Entscheidungen getroffen: Erstens setzte die EU ein Kontrollgremium mit NGO-Beteiligung gegen die USA durch. Erstmals in der Geschichte völkerrechtlicher Verträge sitzen NGO-Vertreter in einem "compliance committee" (Komitee zur Vollzugskontrolle) zur Kontrolle der Umsetzung der Århus-Konvention. Die Vertragsstaaten einigten sich nach vielen Vorverhandlungen endlich darauf, dieses Kontrollorgan ins Leben zu rufen, in das drei NGO-Vertreter gewählt wurden. Dies sind Prof. Dr. Svitlana Kravchenko, Lviv (Lemberg)/Ukraine; Dr. Sandor Fulop, REC Budapest und Merab Barbakadse, Georgien. Beworben hatten sich für die insgesamt acht Sitze vier NGO-Repräsentanten und neun Regierungsvertreter. Hinter den Kulissen gab es zur Besetzung des Komitees heftige Diskussionen, die zusätzlich durch die Haltung der USA (die weder Vertrags- noch Signatarstaat sind) aufgeheizt wurde. Die USA sahen in der Besetzung eines solchen Komitees zu Recht einen Präzedenzfall für internationale Verträge und völkerrechtliche Abkommen. Der Vertreter der USA-Regierung brachte denn auch lautstark seinen Protest gegen die Wahl von drei NGO-Vertretern zum Ausdruck: "Die Vereinigten Staaten betrachten dieses Verfahren nicht als Präzedenzfall!" Die Europäische Union hingegen begrüßte ausdrücklich die Beteiligung der NGO-Vertreter und setzte sich bewusst über die US-Wünsche hinweg.

Zweitens erhalten NGO-Vertreter Beobachterstatus im Büro der Konvention. Beginnend auf der 2. Signatarstaaten­konferenz in Dubrovnik (Kroatien) im Jahr 2000 ist eine Debatte darüber entbrannt, ob und wie man den NGOs Zugang zum Büro der Vertragsstaaten gewähren sollte. Auch hier wurde viel von einem Präzedenzfall gesprochen, der international nicht üblich sei. Nach vielen Verhandlungen, zuletzt im Mai 2002 in Pula (Kroatien), wurde der Widerstand einiger Staaten gegen einen ständigen Sitz im Konventionsbüro aufgegeben und der Weg frei für einen Beobachtersitz von NGOs.

Es setzte sich die Auffassung durch, dass bei einer Konvention, die die Beteiligung von Bürgern und ihren Interessenvertretern zum Hauptgegenstand hat, die NGOs in wichtigen Fragen der Umsetzung nicht ausgeschlossen werden können.

Drittens wurden Fortschritte in einigen Arbeitsgruppen erlangt. Unter den 1998 eingerichteten Arbeitsgruppen gab es vor allem bei der zu den Schadstoffregistern (Pollutant Release and Transfer Registers - PRTR) Bewegung. Nach der Lucca-Konferenz bestehen nunmehr gute Chancen, bei der Umweltministerkonferenz 2003 in Kiew (Ukraine) zu einer verbindlichen Regelung zu kommen.

Deutschland will 2004 ratifiziert haben.

Leider gab es in einigen Bereichen auch wenig Bewegung. Hier ist vor allem die Arbeitsgruppe zu den genetisch veränderten Organismen (GVO) zu nennen, die sehr weiche und nichts sagende Formulierungen in der Abschlusserklärung enthält. Dies trifft in ähnlicher Weise auch auf die Arbeitsgruppe zum Zugang zu Gerichten zu.

Alles in allem aber überwiegen die positiven Eindrücke. Man darf nunmehr auch auf den weiteren Ratifizierungsprozess in Deutschland gespannt sein. In einem Gespräch mit Vertretern der Arbeitsgruppe der Umweltverbände zur Århus-Konvention äußerte die zuständige Abteilungsleiterin im Referat Grundsatzangelegenheiten des Bundesumweltministeriums, Cornelia Quennet-Thielen, die Erwartung, dass Deutschland 2004 die Ratifikation vollzogen haben könnte. Auch für die Umweltverbände wäre dies eine Herausforderung, denn auch sie haben hierzu noch einiges aufzuarbeiten.