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Störfallkommission nennt geplante Landebahn in Frankfurt zu gefährlich

Flugzeugabsturz auf Chemiefabrik droht

Die geplante neue Landebahn im Nordwesten des Frankfurter Flughafens ist nach Ansicht von Experten der Störfallkommission beim Bundesumweltministerium (SFK) unvereinbar mit dem Betrieb des nahe gelegenen Chemiewerks Ticona. Die zehn Sachverständigen der SFK-Arbeitsgruppe "Flughafenausbau" halten das Risiko eines Flugzeugabsturzes über der Anlage und die daraus resultierenden Folgen für zu groß. Ausbaugegner nahmen das am Freitag verkündete Expertenvotum mit Genugtuung auf, befürchten jedoch, dass die Diskussion um die am besten geeignete Bahn-Variante jetzt neu ausbricht. Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) brachte auch eine Schließung des Werks ins Gespräch, um den Ausbau zu realisieren.

Nach Berechnungen der SFK-Arbeitsgruppe liegt die Wahrscheinlichkeit für einen "Totalverlust" des Chemiewerks in Folge eines Flugzeugabsturzes bei einem Ereignis in 25 000 Jahren. Angesichts der bei einem Absturz allein auf dem Werksgelände befürchteten Opferzahl von mehr als 100 Toten sei die Störfallhäufigkeit nicht akzeptabel, sagte der Vorsitzende der Arbeitgruppe, Christian Jochum. Eine Nordwest-Landebahn wäre rund 700 Meter von dem Chemiewerk entfernt. In nur 60 bis 100 Metern Höhe würden Über- und Vorbeiflüge stattfinden.

Beim Flughafenbetreiber Fraport zeigte man sich verwundert über das Urteil der Sachverständigen. Die Begründung überzeuge nicht, sagte ein Sprecher. Für eine neue, öffentlich geführte Varianten-Diskussion gebe es keinen Anlass.

Dagegen hat die Nordwestbahn nach Einschätzung des hessischen Landesverbandes des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und der "Flughafen-Ausbau-Gegner" im Frankfurter Stadtparlament keine Chance mehr auf Realisierung. Als Folge drohe nun der Bau der Nordostbahn im Frankfurter Stadtwald, sagte BUND-Landesvorstandssprecherin Brigitte Martin. Diese Variante bedeute jedoch eine dramatische Verschärfung der Lärmproblematik, weil dicht besiedelte Stadtteile Frankfurts und die Stadt Offenbach niedrig überflogen werden müssten.

Ministerpräsident Koch hält am "politischen Ja" zum Flughafenausbau und zur Nordwestvariante fest. Koch betonte: "Sollte bei der Realisierung das Ticona-Problem nicht durch geeignete Umbaumaßnahmen zu lösen sein, dann steht im Planfeststellungsverfahren selbstverständlich auch die Schließung des Werks als letzte Möglichkeit zur Verfügung."

Die Firma Ticona selbst will allerdings ihren jetzigen Standort nicht aufgeben. Vorstandsbeauftragter Ralf Christner sagte, die Frage eines Umzugs stelle sich nicht. Vor einer Enteignung stünden sehr hohe rechtliche Hürden und Ticona sehe nicht, wie diese Hürden übersprungen werden könnten.

Nach Ansicht der Initiative "Zukunft Rhein-Main", der Kreise, Städte und Gemeinden der Region angehören, stellt eine Verlagerung des Ticona-Werks keine Lösung dar. Selbst wenn dies geschehe, seien weitere "neuralgische" Sicherheitsaspekte wie der Ölhafen und die Vogelschlag-Problematik ungeklärt, teilte die Initiative mit.