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Bürger wollen gemeinsame Grundbildung für alle Schüler

Meinungsumfrage

Eva-Maria Stange, die Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), stellte am Dienstag in Berlin die 13. Repräsentativumfrage des Instituts für Schulentwicklungsforschung (IFS) der Uni Dortmund vor. Dabei sagte sie: "Die Frage nach den Schulstrukturen ist in Deutschland kein Tabuthema mehr. Es gibt deutlich mehr Bundesbürger, die Veränderungen fordern, als Menschen, die am dreigliedrigen Schulsystem festhalten wollen". 44 Prozent der Bundesbürger wollten, dass alle Kinder auch nach der Grundschule weiter gemeinsam unterrichtet werden. 22 Prozent stimmen dieser Aussage teilweise zu.

Die Befragten ziehen damit die Konsequenz aus den Ergebnissen der Schulleistungsstudien PISA und IGLU. Die Bürger bewiesen damit mehr Weitsicht als die meisten Politiker, die die Schulstrukturfrage nicht auf die Tagesordnung setzen wollten." Der Vergleich mit den Daten älterer IFS-Untersuchungen zeige, dass die Zustimmungsraten für ein längeres gemeinsames Lernen aller Schüler nach PISA deutlich gestiegen sind. Die PISA-Studie hatte belegt, dass integrative Schulsysteme den auf hohe Auslese setzenden - wie dem deutschen - überlegen sind.

Mit diesen Ergebnissen korrespondiere die Forderung der Befragten, den Übergang beispielsweise von der Realschule zum Gymnasium zu erleichtern (62 Prozent Zustimmung, 21 Prozent Teilzustimmung). Außerdem müsse die Kooperation zwischen den Schularten verbessert werden (79 Prozent Zustimmung, 17 Teilzustimmung). "Das sind deutliche Signale an die Politik, das Thema ,"Eine Schule für alle Kinder" nicht länger unter Verschluss zu halten", unterstrich Stange.

Die Bildungspolitik habe sich miese Noten für das Aussitzen des PISA-Desasters eingehandelt. 77 Prozent der Befragten beurteilten die Reaktionen der Politiker als "schlecht". "Als Konsequenz aus dieser Untätigkeit setzen die Bürger darauf, dem Bund in der Bildungspolitik mehr Kompetenzen zu geben. Die Strategie der Länder, den föderalen Flickenteppich noch fester zu knüpfen, eifersüchtige Kirchturmspolitik zu betreiben und den Bund zum Finanzier dieses Provinzialismus zu degradieren, widerspricht Erfordernissen und Willen der Bevölkerung", stellte die GEW-Chefin fest. 26 Prozent der Befragten wollen laut IFS-Studie dem Bund die Verantwortung für die Schulen komplett übertragen, 50 Prozent verlangen mehr Zuständigkeiten als bisher.

Auch die katastrophale Lage auf dem Ausbildungsmarkt treibe die Befragten um. "Trotz des massiven Trommelfeuers der Wirtschaft gegen die Ausbildungsplatzumlage befürworten fast 60 Prozent der Bürger, nicht ausbildende Betriebe zur Kasse zu bitten", betonte Stange mit Blick auf das Abrücken der SPD vom Umlagegesetz sowie an die Adresse der Unternehmen, die sich ihrer gesellschaftlichen Verpflichtung immer mehr entledigen wollen. Die Bürger hätten aber auch erkannt, dass die Abgabe allein das Ausbildungsplatzproblem nicht löst. Deshalb verlangten fast 70 Prozent der Befragten, dass der Staat verstärkt in die Bresche springt und Verantwortung übernimmt: Die rein schulischen Angebote sollen ausgebaut werden.

Um das Risiko der Arbeitslosigkeit zu verringern, setzten immer mehr Eltern auf formal höherwertige Bildungsabschlüsse ihrer Kinder. "Der Trend, insbesondere zu Abitur und Hochschulabschluss, setzt sich fort. Jetzt ist es Aufgabe der Politik, die Rahmenbedingungen zu schaffen, damit auch Kinder aus sozial benachteiligten oder ausländischen Familien höhere Bildungsabschlüsse erwerben können - und diese nicht zum Beispiel durch Studiengebühren von den Hochschulen fern gehalten werden", sagte Stange. Der Vergleich mit älteren IFS-Untersuchungen zeige, dass die Ansprüche der Eltern an das Bildungsniveau ihrer Kinder noch nie so hoch gewesen sei wie in der aktuellen Befragung.

Das IFS hat im Frühjahr 2004 in seiner repräsentativen Umfrage, die im Auftrag der Max-Traeger-Stiftung durchgeführt wurde, knapp 3.300 Bundesbürger befragt, zusätzlich rund 1.500 Eltern, deren Kinder in die Schule gehen.