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In zehn Jahren mehr als 400 Prozent Zunahme von Telefonüberwachungen

Datenschutzbeauftragte fordern Einschränkung

Die Zahl der Telefonüberwachungen hat auch 2003 erneut zugenommen. Waren es im Jahr 2002 noch 21.874, belief sich die Zahl der Überwachungsmaßnahmen zur Strafverfolgung im letzten Jahr auf insgesamt 24.441 Anordnungen. Im Vergleich dazu wurden im Jahr 1995 lediglich 4.674 Überwachungsanordnungen gezählt. Dies ist eine Steigerung von mehr als 400 Prozent in weniger als einem Jahrzehnt. Seit Einführung der Jahresstatistik über die gesetzlich vorgesehenen Maßnahmen zur Überwachung der Telekommunikation ist dieser Trend ungebrochen. Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz Peter Schaar zeigte sich über die neuesten Zahlen der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post besorgt.

Bereits in der Vergangenheit ist immer wieder die Frage gestellt worden, auf welche Faktoren die stetige Steigerung der Überwachungsanordnungen zurückzuführen ist. Vor diesem Hintergrund hatte die Bundesregierung das Freiburger Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht beauftragt, die Rechtswirklichkeit und Effizienz von Telefonüberwachungen zu untersuchen. Nachdem das Gutachten im Mai 2003 der Öffentlichkeit vorgestellt wurde, forderten die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder eine rasche gesetzliche Umsetzung der Ergebnisse des Gutachtens.

So dürfte die Pflicht, dass Anordnungen von Überwachungen nur durch einen Richter erfolgen dürfen, nicht gelockert werden. Diese Aufgabe solle zudem auf möglichst wenige Ermittlungsrichter beschränkt werden, um bei diesen eine bessere Sachkunde zu fördern. Zur Kontrolle der Entwicklung bei Überwachungsmaßnahmen seien Berichtspflichten für die Strafverfolgungsbehörden notwendig. Der Umfang der Benachrichtigungspflichten von Betroffenen müsse erweitert werden. Gespräche zwischen Beschuldigten und zeugnisverweigerungsberechtigten Personen wie Pfarrern und Rechtsanwälten dürften grundsätzlich nicht verwertet werden. Außerdem sei das Abhören bei zu vielen Straftaten erlaubt. Der Umfang des - seit Einführung der Vorschrift regelmäßig erweiterten - Straftatenkataloges des § 100 a Strafprozessordnung müsse daher reduziert werden. Eine entsprechende Novellierung der Strafprozessordnung steht allerdings bislang aus.

Oberster Datenschützer will Einschränkung der Telefonüberwachung

Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar hat angesichts der zunehmenden Zahl von Telefonüberwachungen in Deutschland eine gesetzliche Neuregelung angemahnt. "Man hat schon die Eindruck, dass das Abhören von Telefonen nicht als Ultima Ratio, sondern als Standard-Ermittlungsmethode eingesetzt wird", sagte Schaar der "Berliner Zeitung". Das sei eine "bedrohliche Tendenz". Schaar forderte daher, die Telefonüberwachung einzuschränken. Im Jahr 2003 waren 24.441 Telefonüberwachungen angeordnet worden. Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) hatte im Mai 2003 angekündigt, Gesetzesänderungen zu prüfen.

"Es darf heute bei einer Reihe weniger schwerer Straftaten abgehört werden, die diesen tiefen Eingriff nicht rechtfertigen", so Schaar. Daher müsse der Katalog der Straftaten, bei denen das Lauschen erlaubt ist, geprüft werden.

Der Datenschützer sprach sich zudem dafür aus, die richterliche Kontrolle zu stärken. "Der Richter sollte nicht wie bisher nur die Anordnung erteilen, sondern auch den Verlauf der Telefonüberwachung kontrollieren", sagte Schaar. Davon verspricht er sich, dass das Abhören von Telefonen erheblich verringert werde.

Kritisch setzte sich Schaar mit Plänen Bayerns auseinander, die präventive Telefonüberwachung einzuführen. "Ich sehe darin eine gefährliche Tendenz, vermeintliche Überwachungslücken zu suchen und diese zu schließen", sagte Schaar. Er bezweifelt, dass die Ausweitung erforderlich ist. "Schon jetzt kann die Polizei Telefone anzapfen, wenn schwere Straftaten geplant werden", betonte er.

Am 09. Sep. 2004

Überwachungsstaat?

Die Zahl der Telefonüberwachungen ist 2004 erneut stark gestiegen. Das teilte der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar am Donnerstag in Bonn mit. Nach den neuesten Zahlen der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post hätten die Telekommunikationsunternehmen der Regulierungsbehörde für das vergangene Jahr 29.017 Anordnungen zur Telefonüberwachung gemeldet. Das waren rund 4500 Fälle mehr als 2003. 2003 waren es 24.501, 2002 21.874 und 2001 19.896 Anordnungen. Im Vergleich zum Jahr 1995 mit damals 4674 Anordnungen bedeute dies eine Zunahme von mehr als 500 Prozent in weniger als einem Jahrzehnt, kritisierte Schaar.

"Obwohl das Freiburger Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht sein Gutachten zur Frage, auf welche Faktoren die stetige Steigerung der Überwachungsanordnungen zurückzuführen ist, bereits im Mai 2003 vorgelegt hat, sind daraus bislang noch keine Konsequenzen gezogen worden", kritisierte der Bundesdatenschützer.

Für die "dringend notwendige Novellierung der Strafprozessordnung" forderte Schaar, die Überwachungen auf schwere Straftaten zu begrenzen. Der gesetzliche Richtervorbehalt dürfe nicht gelockert werden. Um die spezifische Sachkunde zu fördern, sollten zudem die Aufgaben der Ermittlungsrichter auf möglichst wenige Personen konzentriert werden.

In Hinblick auf Gerichtsvefahren forderte Schaar, dass Gespräche zwischen Beschuldigten und zeugnisverweigerungsberechtigten Personen grundsätzlich nicht verwertet werden dürfen. "Dabei kommt dem Schutz des unantastbaren Kernbereichs der Privatsphäre - wie ihn das Bundesverfassungsgericht bei seiner Lauschangriffsentscheidung hervorgehoben hat - besondere Bedeutung zu."

Schaar sieht offenkundig Defizite bei der Kontrolle und Bewertung der Überwachungen und bei der Information der Betroffenen. "Damit die Entwicklung bei Überwachungsmaßnahmen fundiert bewertet werden kann, sind detaillierte Berichtspflichten für die Strafverfolgungsbehörden notwendig", so Schaar. Er betonte weiterhin, dass die Benachrichtigung der Betroffenen sicherzustellen sei. Die Ausnahmen von der Benachrichtigungspflicht müssten deutlich beschränkt werden.

Am 01. Apr. 2005 unter: nachrichten

"Kernbereich der privaten Lebensgestaltung"

Die bis zum Jahresende befristeten Regelungen zur "präventiven Telekommunikations- und Postüberwachung für den Außenwirtschaftsbereich" durch das Zollkriminalamt werden um anderthalb Jahre verlängert. Am Mittwoch stimmte auch der Bundesrat einem entsprechenden Gesetzentwurf zu. Der Bundestag hatte die Verlängerung bereits am vergangenen Donnerstag beschlossen. Das Gesetz sieht keine Regelungen zum Schutz des "Kernbereichs der privaten Lebensgestaltung" vor, wie sie das Bundesverfassungsgericht im Juli gefordert hatte.

Erst Mitte 2007 soll das so genannte Zollfahndungsdienstgesetz um entsprechende Bestimmungen ergänzt werden. Das Bundesverfassungsgericht hatte im Juli gefordert, für Telefonüberwachungen gesetzliche Regelungen zum Schutz dieses Kernbereichs der Privatsphäre festzuschreiben.

Durch die vorgezogene Bundestagswahl sei es jedoch nicht mehr möglich, dies bis Ende 2005 zu schaffen, heißt es in der Begründung der Novelle. Ohne eine Verlängerung der geltenden Befristung wäre indes eine vorbeugende Telefon- und Postüberwachung ab Anfang 2006 nicht mehr zulässig. Da diese Überwachung jedoch einen wesentlichen Beitrag zur Verhinderung illegaler Exporte von Massenvernichtungswaffen leiste, müsse eine solche Regelungslücke "unter allen Umständen vermieden" werden.

Verschiedene Juristen halten die Verlängerung des Gesetzes daher für verfassungswidrig und sprechen Klagen gute Erfolgsaussichten zu.

Am 1. Juli hatte der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder bereits wie geplant die Vertrauensfrage verloren, die Neuwahlen waren absehbar. Dem Bundesverfassungsgericht war bei seinem Urteil also schon bekannt, dass die Gesetzgebungsorgane schnell arbeiten müssten, wenn sie rechtzeitig vor Jahresende eine Neuregelung erreichen wollten.

Am 21. Dez. 2005 unter: nachrichten

"Träumerei"

Sicherheitsexperten warnen vor überhöhten Erwartungen an eine Ausweitung der Videoüberwachung zum Schutz vor Terroranschlägen. Die Forderungen von Sicherheitspolitikern zeugten von großer Unkenntnis über die technischen Möglichkeiten, sagte am Mittwoch der Videoüberwachungsexperte beim Bundesverband der Hersteller- und Errichterfirmen von Sicherheitssystemen (BHE), Michael Gwozdek. Die Politiker hätten eine "viel zu hohe Erwartungshaltung". Zwar sei es durchaus sinnvoll, Flughäfen, Bahnhöfe, Züge und Busse per Video zu überwachen. Man dürfe von der Technik aber keine Wunder erwarten, sagte Gwozdek. So sei die Vorstellung, mittels intelligenter Technik verdächtige Personen anhand ihres Gesichts zu identifizieren, "großer Quatsch". In der Praxis scheitere dieser Versuch an der begrenzten Auflösung der Kameras und führe zu vielen Fehlalarmen.

Auch die Vorstellung, in großen öffentlichen Gebäuden verdächtige Gepäckstücke festzustellen, sei "Träumerei". "Das funktioniert beim Fraunhofer Institut im Labor, aber nicht in der Praxis".

Die Nachfrage nach Videoüberwachungsanlagen wächst jedoch stetig. Nach BHE-Angaben wurde damit in Deutschland im vergangenen Jahr 312 Millionen Euro umgesetzt, sechs Prozent mehr als zwei Jahre zuvor. Für das laufende Jahr erwartet die Branche ein weiteres Umsatzplus von knapp fünf Prozent auf 326 Millionen Euro.

Am 23. Aug. 2006 unter: politik

"Reale Gefahr"

Die Lkw-Autobahn-Maut könnte ab 2007 auch auf Bundesstraßen ausgedehnt werden. Die stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion, Petra Pau, sieht in diesem Zusammenhang eine "reale" Gefahr der "Totalüberwachung". Eine Lkw-Maut auch auf Bundesstraßen erscheine auf den ersten Blick verkehrs- und umweltpolitisch sinnvoll. So könne diese verhindern, dass sich "Verkehrsströme über Bundesstraßen ergießen". Sie verhindere aber keine Zunahme des Lkw-Verkehrs. "Als Innenpolitikerin" warnt Pau jedoch vor den Möglichkeiten der Überwachung der Bürger.

"Das deutsche Mautsystem birgt die technischen Voraussetzungen für eine Überwachung des gesamten Autobahnverkehrs und damit von Millionen Bürgerinnen und Bürger", so Pau. "Wird es auf Bundesstraßen ausgeweitet, dann wächst die Gefahr einer Totalüberwachung."

An "politischen Gelüsten" mangele es nicht. Einige unionsregierte Bundesländer hätten bereits getestet, "was das Mautsystem so hergibt". Die Überwachungsgefahr sei insofern real und nicht nur fiktiv.