Noch immer 16 Reaktoren vom Tschernobyl-Typ am Netz
19 Jahre Tschernobyl
Riesige Landflächen in der Umgebung des Unglücksreaktors seien unbewohnbar geworden, schildert das Institut die Lage. Säuglingssterblichkeit, Totgeburten und Fehlbildungen waren nach Angaben des Instituts in Folge des Unfalls in mehreren Ländern deutlich erhöht, die Schilddrüsenkrebsrate sei beispielsweise noch heute bei Kindern in Weißrussland drastisch gestiegen.
Noch lebende Aufräum- und Löscharbeiter, seien zum Teil schwerkrank und kämpften sogar mit Hungerstreiks um ihre Rechte. Karin Wurzbacher, Physikerin am Umweltinstitut München ergänzte: "Auch bei uns in Südbayern ist Tschernobyl noch längst nicht gegessen: Nach wie vor müssen wir mit zum Teil hohen Cäsium-137 Werten bei Pilzen, Waldbeeren und Wildfleisch rechnen."
Das Umweltinstitut kritisiert, dass in Russland derzeit ein weiterer Reaktor vom "Typ Tschernobyl" gebaut werde. Die Finanzierung solle unter anderem mit Mitteln der Europäischen Atomgemeinschaft EURATOM bestritten werden. Dies sei "eindeutig vertragswidrig", da EURATOM-Kredite nur für die Erhöhung der Sicherheitsstandards von Atomreaktoren vergeben werden dürften, meint das Umweltinstitut München.
Christina Hacker vom Vorstand des Umweltinstituts kritisiert den Versuch der Atomlobby, "eine Renaissance der Atomkraft herbeizureden". Sie glaube, nun den Durchbruch geschafft zu haben, da Finnland als erstes europäisches Land nach dem Tschernobyl-Unglück einen neuen Atomreaktor bauen will. Dabei handelt es sich um den von Siemens und Framatome entwickelten, so genannten Europäischen Druckwasser-Reaktor (EPR). Hacker betonte, auch bei dieser Reaktorart seien katastrophale Unfälle nicht ausgeschlossen. "Auch hier bleibt das Entsorgungsproblem ungelöst, da es weltweit nach wie vor kein Endlager für hoch radioaktive Abfälle gibt."
Statt Atomkraft werde "eine nachhaltige Energiewende" benötigt. Mit dem Umsteigen auf regenerative Energiequellen kombiniert mit konsequentem Energiesparen und effektiverer Energienutzung könne "auf die gefährliche Atomenergienutzung" verzichtet werden, hieß es vom Umweltinstitut. Tschernobyl habe eindrücklich gezeigt, dass Atomtechnik nicht beherrschbar sei und Radioaktivität keine Grenzen kenne.
Ausserdem seien zivile und militärische Nutzung der Atomtechnik eng verflochten. "Wir brauchen weder ein zweites Tschernobyl noch neue High-Tech-Atomwaffen, wie sie in den USA derzeit entwickelt werden."