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Fördergesetz für Diesel-Filter "halbherzig und enttäuschend"

Feinstaub

Die Allianz "Kein Diesel ohne Filter" kommentierte am Donnerstag die Vorlage eines Gesetzentwurfs zur Förderung sauberer Dieselfahrzeuge durch Bundesfinanzminister Hans Eichel: "Besser spät als nie". Allerdings sei der Referentenentwurf "in seiner konkreten Ausgestaltung halbherzig, enttäuschend und in dieser Form von zweifelhaftem Nutzen für den Gesundheitsschutz der betroffenen Menschen in den Hochbelastungszonen." Das 2002 gegründete Aktionsbündnis aus Umwelt- und Verbraucherverbänden, Verkehrs- und Automobilclubs, Gesundheitsexperten und Kinderschutzbund forderte Finanzminister Hans Eichel und die Bundesregierung insgesamt auf, den Vorschlag im parlamentarischen Verfahren und in der Abstimmung mit den Bundesländern "zu einem wirklichen Beschleunigungsgesetz für die Einführung des Rußfilters in Deutschland weiterzuentwickeln".

Bleibt es bei der derzeitigen Geschwindigkeit, sei frühestens im Dezember 2005 mit einer Verabschiedung zu rechnen. Angesichts der dramatischen Überschreitungen der EU-Luftreinhaltewerte in immer mehr Kommunen sei das nicht hinnehmbar. Darüber hinaus präzisierte die Allianz ihre Forderung einer schnellen Einführung sauberer Busse, leichter und schwerer Nutzfahrzeuge, Baumaschinen und Lokomotiven.

An Eichels Gesetzentwurf kritisiert das Bündnis vor allem die mit 250 EUR viel zu niedrige Förderung für Diesel-PKW, die auf die EU-Fördernorm von 5 Milligramm Rußpartikel pro Kilometer (mg/km) nachgerüstet werden. Der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe e. V. (DUH), Jürgen Resch, erklärte, es sei nicht einzusehen, dass Neufahrzeuge, die denselben Wert erreichen, mit 350 EUR stärker von der Steuerentlastung profitieren sollen. Resch: "Die Nachrüstung auf diesen Wert ist teurer als die Serienproduktion. Es geht aber gerade darum, die Innenstädte schnell vom Feinstaub zu entlasten. Dies gelingt am besten, wenn möglichst schnell, möglichst viele Halter Diesel-Stinker rußfrei machen." Daher fordert die Deutsche Umwelthilfe für Gebraucht-PKW, die auf den Europa-Wert 5 mg/km nachgerüstet werden, einen Förderbetrag von 600 EUR.

Die Deutsche Umwelthilfe befürchtet, dass Eichels Gesetzesvorschlag in der vorliegenden Form am Widerstand der Länder scheitern wird, weil er zu Lasten der Länderhaushalte gehe. "Keines der 16 Bundesländer ist bereit, diesen Weg zu beschreiten, fast alle haben sich für eine aufkommensneutrale Förderung ausgesprochen", so Resch. Ohne eine Lösung dieses Problems drohen nach Überzeugung der Allianz weitere Runden im sattsam bekannten Schwarzer-Peter-Spiel.

Die DUH präzisierte das Finanzierungskonzept einer aufkommensneutralen Ausgestaltung der Rußfilterförderung: Mit einer Höherbelastung von Dieselstinkern mit durchschnittlich 100 - 120 Euro pro Jahr ließe sich die gewünschte Förderung ohne negative Folgen für Landes- bzw. Bundeshaushalte darstellen. Auch andere Lösungen wären denkbar. Gerd Lottsiepen, der verkehrspolitische Sprecher des Verkehrsclub Deutschland e.V. (VCD), kritisierte den Entwurf als "bei weitem nicht ambitioniert genug". Die Förderung für die Nachrüstung von Gebrauchtfahrzeugen mit dem vollwirksamen Filter, die etwa 1000 EUR koste, könne mit einer Förderung von 250 EUR nicht in Gang kommen.

Vor allem drohe "die schnelle Förderung des Partikelfilters insgesamt an die Wand zu fahren, wenn sich Bund und Länder nicht auf eine Finanzierung einigen. Als Ausweg aus diesem Dilemma schlägt der VCD vor: Ein Cent für den Filter." Derzeit liege die Mineralölsteuer für Benzin um 18 Cent pro Liter höher als die für Dieselkraftstoff. Eine schrittweise Angleichung sei aus umwelt- und gesundheitspolitischer Sicht ohnehin notwendig. Lottsiepen: "Ein Cent mehr Mineralölsteuer pro Liter Diesel bringt 350 Millionen Euro pro Jahr. Hochgerechnet auf fünf Jahre kann dieser eine Cent die Förderung des Partikelfilters voll finanzieren".

Die Allianz "kein Diesel ohne Filter" wandte sich entschieden gegen Versuche aus dem Umfeld der Autoindustrie, den Anteil des Verkehrs an der Feinstaub-Misere kleinzurechnen. Wie schon bei der Einführung des geregelten Katalysators werde seitens des Verbandes der Automobilindustrie versucht, das Problem vom Kraftfahrzeugverkehr wegzuschieben. Dabei seien die Argumente längst wissenschaftlich widerlegt. So gehe der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) der Bundesregierung (die so genannten "Umweltweisen") in seinen veröffentlichten Jahresgutachten davon aus, dass der Straßenverkehr durch Partikelemissionen aus Motoren, durch Sekundäraerosole, Reifenabrieb und Aufwirbelung mit etwa 45 bis 65 Prozent zu den PM-10-Belastungen in den städtischen Belastungszonen beitrage.

Hinzu komme, dass der in Dieselabgasen enthaltene Feinstaub aus Rußpartikeln und schwerlöslichen organischen Verbindungen bestehe, die sich als besonders gesundheitsgefährlich erwiesen haben. Sie werden an den Verkehrsadern viel höher konzentriert gefunden als an Messstationen fernab vom Verkehr. Deshalb, so die Umweltweisen, sei es für eine schnelle Entlastung richtig, beim Verkehr anzusetzen.

Besonders belastend sind nach Überzeugung der Filterallianz die Lkw, die trotz ihres zahlenmäßig geringen Anteils am innerstädtischen Verkehr mehr als die Hälfte der Partikelbelastung ausmachen. Der Landesgeschäftsführer des BUND Berlin e.V., Tilmann Heuser: "Um die gesundheitsschädliche Feinstaubbelastung insgesamt zu senken, müssen insbesondere auch Lkw, Diesellokomotiven, Schiffe und Baumaschinen entrußt werden". Scharfe Kritik erfuhr Hartmut Mehdorn, der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bahn AG, von den Umweltverbänden. Bis heute fahre keine Lokomotive und kein Dieseltriebwagen der Bahn AG rußfrei, im Gegensatz beispielsweise zur Schweizer Bahn, wo keine Lok mehr ohne Filter angeschafft werde.

Stefan Krug von Greenpeace verlangte endlich konsequentes Handeln von der Bundesregierung: "Wenn die Gesundeitsgefahr wie beim Dieselruß unbestritten ist, muss die Politik klare Konse-quenzen ziehen. Die Bundesregierung müsste eigentlich das Kraftfahrtbundesamt anweisen, allen Autos die Zulassung zu verweigern, die pro Kilometer mehr als den EU-Förderwert von 5 mg/km in unsere Atemluft blasen". Krug erinnerte daran, dass Greenpeace das Amt bereits 2001 wegen Zulassung gesundheitsgefährdender Dieselautos verklagt habe. Das Verfahren sei noch nicht abgeschlossen. Eigentlich, so Krug, müsse die Nachrüstungsförderung für Diesel Pkw die vollen Kosten für den Einbau dieser Umwelttechnik abdecken.