Seite 1 bei Google kann so einfach sein.

Verwaltungsgericht verweist NS-Verfolgte an Frankfurter Landgericht

Jüdische Kinder in Amsterdam

27 Überlebende der NS-Judenverfolgung in Amsterdam sind am Donnerstag mit einer Entschädigungsklage vor dem Verwaltungsgericht Frankfurt am Main gescheitert. Die heute zwischen 65 und 75 Jahre alten Frauen und Männer hatten als Kinder in der niederländischen Stadt versteckt gelebt, um der Deportation in Vernichtungslager zu entkommen. Sie wollten Geld aus dem Zwangsarbeiterfonds des Bundes und der deutschen Wirtschaft erstreiten. Ihre Klage könnte aber vor dem Frankfurter Landgericht Erfolg haben, wohin das Verfahren jetzt verwiesen wurde.

Antragsgegner vor dem Verwaltungsgericht war die Frankfurter Niederlassung der "Conference on Jewish Material Claims against Germany", kurz Jewish Claims Conference (JCC). Die deutsche Vertretung der in New York beheimateten jüdischen Hilfsvereinigung ist als Partnerorganisation der Stiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" mit der Vergabe der Entschädigungsgelder an Zwangsarbeiter und Holocaust-Opfer beauftragt. Die JCC hält den Anspruch der Kläger für nicht vertretbar, weil sie nicht - wie es die Vorgaben erfordern - in Ghettos oder Lagern hätten leben müssen.

Das Amsterdamer Viertel, in dem die Kinder bei meist fremden Familien Schutz gefunden hatten, war nach Ansicht der Claims Conference "kein abgesperrter Stadtteil". Das Wohngebiet sei zwar von zwei Flüssen eingeschlossen gewesen, über Brücken und Fähren aber zugänglich geblieben. Lediglich bei Razzien hätten die Nazis die Grachten-Inseln abgeriegelt und die Brücken hochgezogen.

Der Düsseldorfer Kläger-Anwalt Frank Joachim Mayer hielt in seinem Antrag den Ghetto-Charakter des jüdischen Wohngebiets für gegeben. Die Wehrmacht habe Juden aus ganz Holland zum Umzug in den Amsterdamer Stadtteil ("Transvaal") gezwungen, ihn mit Stacheldraht gesichert und auch Fahnen mit der Aufschrift "Judenviertel" ausgehängt. Wegen der topografischen Besonderheiten vor Ort hätten sich weitere Sperranlagen erübrigt. Ohne eine solche "Konzentration" der Menschen, wären die späteren Deportationen gar nicht möglich gewesen.

Mit einem internen Beschwerdeverfahren waren die weltweit verstreut lebenden Kläger zuvor bereits gescheitert. Ein gemäß den Stiftungsregeln angerufener Jerusalemer Rabbi lehnte ihren Einspruch ab.

Das Frankfurter Verwaltungsgericht befand sich am Donnerstag nun für nicht zuständig. Zwar habe die Bundesstiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" als eine Einrichtung für die Entschädigung von Holocaust-Opfern den Charakter einer Behörde. Allein durch die "Einschaltung" als Partnerorganisation gehe auf die Claims Conference aber keine hoheitliche Gewalt über, erklärte der Vorsitzende Richter Wolfgang Schäfer. Auch die in Jerusalem abgelehnte Beschwerde sei kein Widerspruchsbescheid nach deutschem Verwaltungsrecht und vor einem hiesigen Verwaltungsgericht daher nicht anfechtbar.

Dem Antrag, jedem Kläger 7669 Euro aus dem Entschädigungsfonds zuzusprechen, entsprach Schäfer daher nicht, verwies den Rechtsstreit aber an das Frankfurter Landgericht, wo es als zivilrechtliches Verfahren nun angenommen werden muss. Rechtsanwalt Mayer, der die 27 Überlebenden vertritt, bezeichnete das Urteil als "Erfolg". Seinen Mandanten werde er den Gang vors Landgericht empfehlen, die Aussichten seien gut.

Beide Parteien erklärten gegenüber der Nachrichtenagentur ddp, gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts keinen Widerspruch einlegen zu wollen.