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Umweltschützer und Mieterbund warnen vor verwässertem Energie-Pass für Häuser

Klimaschutz und Kosteneinsparung gefährdet

Der ab 2006 EU-weit vorgeschriebene Energieausweis für Gebäude droht in Deutschland weitgehend wirkungslos zu bleiben, befürchten der Deutsche Mieterbund (DMB) und die Deutsche Umwelthilfe (DUH). Nach ihren Informationen würde die im Regierungsentwurf der Energieeinsparverordnung vorgesehene Ausgestaltung des neuen Energiepasses weder den Energieverbrauch für potenzielle Mieter oder Käufer transparent machen, noch die erhoffte Sanierungswelle im Altbaubestand auslösen. Die Energievergeudung ginge weiter und würde Mietern bei weiter steigenden Energiepreisen immer höhere Nebenkosten abverlangen. Fortschritte beim Klimaschutz blieben weit unter den erwarteten Möglichkeiten.

Nach der zugrunde liegenden EU-Richtlinie hat ab 2006 jeder, der eine Wohnung neu anmietet oder kauft, das Recht, sich einen Energiepass vorlegen zu lassen. Am Dienstag soll der nach Ansicht der Verbände mangelhafte Entwurf von den Regierungsfraktionen abschließend beraten werden. DMB und DUH fordern eine grundlegende Überarbeitung.

Zentrale Kritik am bisherigen Papier: Bei der Ausstellung des Energiepasses solle es für alle Häuser mit acht oder mehr Wohneinheiten dauerhaft ausreichen, lediglich den Energieverbrauch früherer Nutzer der Wohnungen anzugeben. Auf eine Bestandsaufnahme der Bauqualität oder der Heizungsanlage des Gebäudes könne somit verzichtet werden. Der DMB und DUH fordern hingegen einen "Innovationsausweis", der nachvollziehbar und objektiv Auskunft gibt über den Energiebedarf und die Energie-Qualität des Gebäudes, unabhängig vom individuellen Verhalten früherer Nutzer.

Nur so erhielten die Wohnungseigentümer "wertvolle Hinweise über den Zustand des Gebäudes und über notwendige Schritte zur effizienten energetischen Sanierung der Häuser", so die Kritik von DUH und DMB. "Der bedarfsorientierte Energieausweis wäre ein Innovationsmotor für Deutschland", meint Stefan Bundscherer, DUH-Bevollmächtigter für Klimaschutz. Er würde Milliarden-Investitionen in Gebäudesanierung und Klimaschutz auslösen, zehntausende neuer Arbeitsplätze schaffen und nicht zuletzt die nationale Energierechnung senken. Die energetische Sanierung steigere den Wert der Immobilien und helfe Millionen Mietern, Energiekosten zu sparen. "Der reine Verbrauchspass, den die Wohnungswirtschaft gebetsmühlenartig fordert, wäre dagegen kaum das Papier wert, auf dem er geschrieben werden soll", kritisierte Bundscherer.

Der Deutsche Mieterbund hat fünf zentrale Kriterien für einen verbraucherfreundlichen Pass erarbeitet: Der Energiepass für Gebäude müsse bundesweit gelten, bundesweit einheitlich sein und ein einfaches und verständliches Bewertungsschema enthalten; die Bewertung der Immobilie müsse sich am energetisch optimalen Baustandard, dem Passivhaus, orientieren und an Gütesiegeln, die auf dem Markt bereits eingeführt sind, wie etwa die Kennzeichnung so genannter "weißer Ware" im Elektrobereich, also von Kühlschränken, Waschmaschinen usw.

"Wir haben jetzt die Chance, ein Gütesiegel auf dem Wohnungsmarkt einzuführen, das echte Transparenz für Mieter und Käufer bringt", sagte Franz-Georg Rips, Bundesdirektor des Deutschen Mieterbundes. Die Regierung müsse jetzt die gesetzlichen Rahmenbedingungen für einen Pass schaffen, der objektive Informationen über den energetischen Zustand eines Gebäudes biete. Nötig sei eine Vergleichbarkeit aller Objekte, ob Neubau, Altbau, Einfamilienhaus oder Hochhaus. Der Pass müsse eine Klassifizierung enthalten, "die auch für Verbraucherinnen und Verbraucher ohne Ingenieurstudium verständlich ist", forderte Rips.

DMB und DUH fordern, dass sich der Energiepass am Energiebedarf eines Gebäudes orientiert. Unabdingbar seien konkrete gebäudebezogene Modernisierungsempfehlungen. Die Bewertung des Gebäudes müsse in Klassen, beginnend von A (Passivhaus-standard) bis I (Energieverschleuderer), erfolgen. Dies sei notwendig, um die Energieklasse in Immobilien-Inseraten einfach darstellen zu können.

Die Versuche der Verbände der Hauseigentümer und Vermieter, einen reinen Verbrauchspass auf Basis der Heizkostenabrechnung einzuführen, zielten darauf ab, "ein innovatives Instrument von vornherein zahnlos zu machen", kritisierten Bundscherer und Rips. "Wir wollen strenge energetische Standards, damit der Modernisierungsstau bei Wohngebäuden in Deutschland zügig aufgelöst wird". Dies bringe Transparenz in den Wohnungsmarkt, erspare Mietern und Hausbesitzern Heizkosten und berge darüber hinaus ein enormes Jobpotenzial für die mittelständische Wirtschaft.

Ein Modellvorhaben der Deutschen Energieagentur (DENA) im Jahr 2004 ergab, dass 70 Prozent der befragten Eigentümer die Modernisierungstipps aus dem bedarfsorientierten Energiepass ganz oder teilweise umsetzen wollten. Bei rund 30 Prozent der selbstnutzenden Eigentümer und der privaten Vermieter gab der Pass den Anstoß für eine Modernisierung. Weitere 30 Prozent aller Eigentümer nutzen den Pass, um eine geplante Modernisierung zu "optimieren" und energiesparende Maßnahmen zu integrieren, so die DENA.

Nach Angaben von DUH und DMB fallen 95 Prozent des Energieverbrauches im Gebäudebestand in Altbauten an, die bis 1982 errichtet wurden - also in einer Zeit ohne jegliche Vorgaben für den Wärmeschutz. Der am Bedarf der Gebäue orientierte "Innovationspass" sei in der Regel für unter 200 Euro zu haben. Bei einem Mehrfamilienhaus lägen die Kosten unter 300 Euro.