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Bundesverfassungsgericht billigt den "Gedanken des sozialen Ausgleichs"

"Den Solidargedanken verwirklichen"

Der milliardenschwere Finanzausgleich zwischen den gesetzlichen Krankenkassen in West- und Ostdeutschland ist mit dem Grundgesetz vereinbar. Das hat das Bundesverfassungsgericht entschieden. Der so genannte Risikostrukturausgleich verwirkliche den "sozialen Ausgleich" in der gesetzlichen Krankenversicherung kassenübergreifend und bundesweit, hieß es in dem am Mittwoch veröffentlichten Beschluss. Diesem Zweck diene auch die Einbeziehung der ostdeutschen Versicherten in diesen "gesamtdeutschen Solidarverband".

Die Karlsruher Richter verwarfen die Normenkontrollklage der Unions-geführten Länder Bayern, Baden-Württemberg und Hessen gegen die 1994 eingeführte Regelung. Die Kläger wollten erreichen, dass der Ausgleich unter den Krankenkassen nicht gesamtdeutsch, sondern getrennt in den ost- und westdeutschen Bundesländern vorgenommen wird. Die drei Südländer sahen im Risikostrukturausgleich einen Eingriff in die Finanzautonomie der Länder. Sie machten eine "Ungleichbehandlung" geltend, da die West-Krankenkassen zugunsten der Ostkassen "gezielt belastet" würden.

Der Kassen-Finanzausgleich, der zunächst nur Einkommen, Alter und Geschlecht der Mitglieder berücksichtigt hatte, war durch ein Reformgesetz vom Dezember 2001 fortentwickelt worden. Es sieht vor, dass der Ausgleich ab 2007 komplett am Gesundheitszustand der Versicherten ausgerichtet wird. Bereits seit 2002 gilt ein so genannter Risikopool, mit dem die Kosten für überdurchschnittlich kostenintensive Versicherte zwischen den Kassen ausgeglichen werden.

Bis dahin konnte eine Kasse enorme Beitragssatzvorteile erzielen, wenn sie viele gesunde und wenige - chronisch - kranke Versicherte hatte. Insbesondere die Ortskrankenkassen litten unter dem alten System, weil sie einen hohen Anteil von Menschen mit geringer Beitragsleistung bei gleichzeitig hoher Leistungsinanspruchnahme unter ihren Versicherten haben.

Aus den Entscheidungsgründen

Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts hat der Bund das Gesetzgebungsrecht für den Risikostrukturausgleich. Eine bundesgesetzliche Regelung sei zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse und zur Wahrung der Rechts- und Wirtschaftseinheit erforderlich gewesen.

Die Einführung des gesamtdeutschen Risikostrukturausgleichs ist nach Auffassung des Gerichts verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Dieser verwirkliche "den Solidargedanken" länderübergreifend. Für das vom Grundgesetz gebilligte System der gesetzlichen Krankenversicherung sei typisch, "dass sich leistungsstärkere Mitglieder an den Kosten des Krankenversicherungsschutzes von leistungsschwächeren Mitgliedern ihrer größeren Leistungsfähigkeit entsprechend beteiligen".

Derartige "Umverteilungen", wie sie der Risikostrukturausgleich im Verhältnis zu den Ostkassen vornehme, seien daher keine Fremdlasten, die als Staatsaufgabe von Verfassungs wegen zwingend aus dem Steueraufkommen finanziert werden müssten.

Eine andere Beurteilung ist nach Auffassung der Richter auch nicht deshalb geboten, weil die Finanzprobleme der gesetzlichen Krankenversicherung Ost mit der Deutschen Einheit zusammen hängen. Mit der Verwirklichung eines in Ost und West gleich hohen Versicherungsniveaus zu Beiträgen, die für alle Mitglieder tragbar seien, verwirkliche der Gesetzgeber den für die Krankenversicherung "charakteristischen Gedanken des sozialen Ausgleichs" im Einklang mit dem allgemeinen Gleichheitssatz.