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Krankenhausgesellschaft und Marburger Bund diskutieren über Zeit und Geld

"Gestohlen"

Der Vorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Rudolf Kösters, wirft der Ärztegewerkschaft Marburger Bund unverantwortliches Handeln vor. Die Forderung nach 30 Prozent mehr Gehalt für Klinikärzte sei maßlos überzogen, sagte Kösters den "Ruhr Nachrichten". Jetzt versuche die Ärztegewerkschaft, dies auf dem Rücken der Patienten mit Streiks durchzusetzen. Zwar habe sich die Arbeit in den Krankenhäusern intensiviert, so Kösters. Das Einkommen von Krankenhausärzten liege aber sehr deutlich über dem anderer Akademiker im öffentlichen Dienst. Der Vorsitzende der Ärztegewerkschaft Marburger Bund, Frank Ulrich Montgomery, sagte, die Ärztestreiks im gesamten Bundesgebiet seien vor allem eine Reaktion auf die permanenten Einsparungen an den Einkommen der Ärzte, die die Arbeitgeber in den vergangenen Jahren vorgenommen hätten.

Nach Auffassung von Kösters "ist die von der Ärztegewerkschaft erhobene Forderung nach einer Erhöhung der Beiträge zur Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) um 0,3 Prozent zur Refinanzierung einer 30-prozentigen Gehaltssteigerung völlig utopisch". In Tariffragen sei vielmehr ein sozialer Abgleich nötig. Kösters versuchte auch, andere Berufsgruppen gegen die streikenden Ärzte aufzubringen: Den Klinikärzten müsse klar sein, dass unter den Bedingungen gedeckelter Budgets auf den Stationen übermäßige Gehaltsforderungen nur zu Lasten anderer Berufsgruppen im Krankenhaus gehen könnten.

Die Behauptungen seitens der Ärztegewerkschaft, Krankenhausärzte würden "grottenschlecht" bezahlt, lassen nach Auffassung Kösters jeglichen Bezug zur Realität vermissen. Ein Blick auf die Fakten zeige, dass Klinikärzte im öffentlichen Dienst im Durchschnitt ein monatliches Nettoeinkommen von 3093 Euro erzielten. Im Vergleich dazu verdienten sonstige Akademiker im öffentlichen Dienst 2552 Euro.

Der Vorsitzende des Marburger Bundes, Montgomery, verwies in den "Ruhr Nachrichten" auf die Kürzung des Weihnachtsgeldes, die kompletten Streichung des Urlaubsgeldes und die Erhöhung der Wochenarbeitszeit auf bis zu 42 Stunden ohne Lohnausgleich. Vor diesem Hintergrund seien die Ärzte-Gehälter "in den letzten drei Jahren bereits um 20 Prozent reduziert worden".

Hinzu komme die systematische Nichtvergütung von Überstunden, sagte er. "Die deutschen Krankenhausärzte leisten jährlich rund 50 Millionen Überstunden im Wert von einer Milliarde Euro, deren Vergütung den Medizinern einfach vorenthalten wird", kritisierte Montgomery. Rechne man alle Gehaltskürzungen zusammen, komme man auf weit mehr als die geforderten 30 Prozent.

"Die Ärztinnen und Ärzte wollen im Prinzip nur einen Teil dessen wiederhaben, was ihnen gestohlen wurde. Vergleicht man die Einkommen deutscher Klinikärzte mit denen europäischer Kollegen, müsste die Gehaltsforderung deutlich höher sein", sagte Montgomery. In Frankreich, Großbritannien und den Niederlanden verdienten die Ärzte das Zwei- bis Dreifache. Sogar spanische Ärzte verdienten mehr als deutsche. "Diese Tatsache führt zur dramatischen Flucht deutscher Ärzte ins Ausland. Zurzeit können über 5000 offene Arztstellen in deutschen Krankenhäusern nicht besetzt werden", sagte Montgomery.