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CDU und CSU diskutieren über Gesundheitsfonds

Privatversicherte

In CDU und CSU ist eine Debatte über die Beteiligung der Privatversicherten am geplanten Gesundheitsfonds entbrannt. Nach Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger will auch sein thüringischer Amtskollege Dieter Althaus (beide CDU) die Privaten in die Pflicht nehmen. Andere Unions-Politiker wie der Gesundheitsexperte Jens Spahn wiesen den Vorstoß als "völlig inakzeptabel" zurück. Der Präsident des Sozialverbands VdK Deutschland, Walter Hirrlinger, hat die Einführung eines Gesundheitsfonds abgelehnt. Diese "Umverteilung" mit dem Einfrieren des Arbeitgeberbeitrags gehe voll zu Lasten der Versicherten. Hirrlinger warnt zudem vor einem "schleichenden Ausstieg aus der einkommensbezogenen Beitragsbemessung".

Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU) sagte: "Es wird sicher auch dazu kommen, dass ein Beitrag aus den Privaten Krankenversicherungen (PKV) mit zu leisten ist." Althaus sprach sich zugleich für mehr Eigenverantwortung der Versicherten etwa bei Risikosportarten aus. Oettinger hatte am Wochenende vorgeschlagen, zur Verbreiterung der Einnahmebasis sollten auch Privatversicherte in den Gesundheitsfonds einzahlen.

Der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) wandte sich dagegen, die PKV in die Diskussion um die Gesundheitsreform einzubeziehen. "Bereiche, die funktionieren, müssen nicht in eine allgemeine gesundheitspolitische Debatte hineingezogen werden", sagte Wulff. Spahn, der auch der Koalitionsarbeitsgruppe zur Gesundheitsreform angehört, warnte, Oettingers Vorschlag würde das Ende der PKV bedeuten. Ziel bleibe der Erhalt der PKV als Vollversicherung.

CSU: Die Privatkassen arbeiten erfolgreich

Kritik kam auch aus der CSU. Eine Einbeziehung der Privaten sei für seine Partei "völlig indiskutabel", sagte der bayerische CSU-Fraktionschef Joachim Herrmann. Die Privatkassen arbeiteten erfolgreich und kosteten den Steuerzahler nichts. CSU-Chef Edmund Stoiber hatte Medienberichten zufolge beim Koalitionsgipfel zur Gesundheitsreform in der vergangenen Woche seine Zustimmung zu einem Fondsmodell an die Bedingung geknüpft, dass die Privatversicherten nicht einbezogen werden.

CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla sagte nach einer Präsidiumssitzung seiner: "Die Existenz der PKV wird von der CDU nicht in Frage gestellt." Dies sei "einvernehmlich" vom Präsidium so gesehen worden. Andererseits sagte Pofalla, bei den Reformverhandlungen würden auch die Wirkungsmechanismen zwischen privater und gesetzlicher Krankenversicherung genau analysiert.

Teile der SPD sowie Grüne und Linkspartei dringen weiter auf eine Einbeziehung der privaten Krankenversicherungen. "Die Privaten müssen in die Pflicht genommen werden", forderte die SPD-Abgeordnete Andrea Nahles. Zugleich lehnte sie ein Fondsmodell strikt ab. Alle vorliegenden Varianten seien entweder mit einem Einfrieren des Arbeitgeberbeitrags oder mit einer "kleinen Kopfpauschale" verknüpft. Die künftige Kostendynamik dürfe aber keinesfalls allein zu Lasten der Arbeitnehmer gehen.

Grünen-Chefin Claudia Roth forderte die Aufhebung der Trennung von privater und gesetzlicher Krankenversicherung. Scharf kritisierte sie das geplante Fondsmodell: "Jede Menge Bürokratie und von Solidarität oder echten Strukturveränderungen weit und breit keine Spur."

Der gesundheitspolitische Sprecher der Linksfraktion, Frank Spieth, kritisierte das geplante Einfrieren des Arbeitgeberanteils und "damit den endgültige Ausstieg aus der paritätisch finanzierten gesetzlichen Krankenversicherung". Zukünftig müssten die Versicherten alleine die Ausgabensteigerung im Gesundheitswesen tragen, während Arbeitgeber daran nicht mehr beteiligt würden. Die grundsätzlichen Finanzierungsprobleme der Krankenversicherung, die unter anderem ihre Ursachen in der Massenarbeitslosigkeit und der "Vernichtung von Vollzeitarbeitsplätzen" und "Realeinkommensabbau" hätten, wären damit nicht gelöst.

"Ausgabensteigerungen, die auf Anbieterdominanz, Pharmakartelle und Ineffizienz zurückzuführen sind, werden ebenso wenig begrenzt", kritisiert Spieth. Ein Gesundheitsfond ohne einen Risikostrukturausgleich werde unweigerlich "zu einem Vernichtungswettkampf unter den Krankenkassen führen". Mit den beabsichtigten 150 Euro pro Versicherten sei ein umfassender Krankenversicherungsschutz nicht bezahlbar. Die Großkoalitionäre würden dies offenkundig ebenso sehen, denn anders sei die Debatte um Herausnahme von Leistungen wie, beispielsweise, "selbstverschuldete Unfälle" und das Krankengeld nicht zu verstehen.

Sozialverband VdK: "Schleichender Ausstieg aus der einkommensbezogenen Beitragsbemessung"

Der Präsident des Sozialverbands VdK Deutschland, Walter Hirrlinger, hat die Einführung eines Gesundheitsfonds abgelehnt. "Mit dem Einfrieren des Arbeitgeberbeitrags verabschiedet sich die Regierungskoalition endgültig von der paritätischen Finanzierung. Diese Umverteilung geht voll zu Lasten der Versicherten. Reicht das Geld aus dem Fonds nicht, müssen die Versicherten für die Mehrausgaben der Kassen zahlen", sagte Hirrlinger.

Der VdK-Präsident kritisierte zudem die Einführung einer kleinen Kopfpauschale. Aus einer kleinen Pauschale könne schnell eine große werden und die Kosten würden auf die Versicherten abgewälzt. "Das ist der schleichende Ausstieg aus der einkommensbezogenen Beitragsbemessung in der Krankenversicherung", sagte Hirrlinger. "Dazu ist eine Kopfpauschale extrem bürokratisch."

Der VdK-Präsident forderte die Regierungskoalition in Berlin auf, zunächst grundsätzlich zu erklären, ob gesetzliche und private Krankenkassen auch weiterhin nebeneinander existieren sollen. Es dürfe nicht dabei bleiben, dass die gut Verdienenden und Gesunden sich privat versicherten und die gesetzlichen Kassen auf den Kosten für alle anderen Risiken mehr oder minder sitzen blieben. So könne das Solidarprinzip nicht funktionieren. Die Lasten müssten gleichmäßig verteilt werden.

Hirrlinger schlug vor, dass beispielsweise beide Kassenarten zu gleichen Bedingungen ihre Leistungen anbieten und Mitglieder aufnehmen. Alle Bürgerinnen und Bürger müssen sich dann bei einer der beiden Kassenarten versichern. Beide Kassen würden in einen morbiditätsbezogenen Risikostrukturausgleich einzahlen. Zudem könnte die Beitragsbemessungsgrenze in der Krankenversicherung auf die Beitragsbemessungsgrenze der Rentenversicherung angehoben werden, um die Einnahmen zu erhöhen.