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Bundesregierung will 15 Milliarden Euro verteilen

"Hightech-Strategie"

Es ist eine Stange Geld, 15 Milliarden Euro, die die Bundesregierung bis 2009 ausgeben will. Für "Forschung und Entwicklung", heißt es. Eine "Hightech-Strategie". Alle Ministerien würden sich am Ausbau des Hightech-Standortes Deutschland beiteiligen, so Bundesforschungsministerin Annette Schavan am Donnerstag in ihrer Regierungserklärung vor dem Deutschen Bundestag. Noch bevor mitgeteilt wird, wer die Milliarden bekommt, wird versprochen: Über eine Million Arbeitsplätze "könnten" entstehen. Da das gut klingt, fragt man fast schon nicht mehr so genau nach, wo die 15 Milliarden Euro Steuergelder bleiben werden.

"Innovationspolitik als roter Faden des Regierungshandelns bringt Deutschland voran", so Schavan. "Wir verbinden mit dieser Strategie die Vision von einem Land, das Leistung in Wissenschaft und Wirtschaft würdigt, und anerkennt." Und: Aus Deutschland soll "eine der forschungsfreudigsten und erfolgreichsten Nationen der Welt wird".

Wenn die Hightech-Strategie "mit entsprechender finanzieller Beteiligung der Unternehmen" umgesetzt werde, könnten mindestens 1,5 Millionen neue Arbeitsplätze geschaffen werden, verspricht die Bundesregierung. Dies sei sogar eine vorsichtige Schätzung, sagte Schavan. Denn: "Experten" rechneten mit 90.000 neuen Arbeitsplätzen in Forschung und Entwicklung (FuE). "Prognosen" gingen von 30 industriellen Arbeitsplätzen auf jede dieser "FuE-Stellen" aus.

Schavan wies auf die gute Ausgangsposition hin. Deutschland belege mit Ausgaben für Forschung und Entwicklung in Höhe von 2,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts weltweit den neunten Platz. Mit der Hightech-Strategie sei es möglich, die Forschungsinvestitionen bis 2010 auf drei Prozent zu steigern. Dies entspreche dem Ziel, das die Europäische Union für ihre Mitgliedsländer festgelegt habe.

Positiv sei auch, dass 8,4 Prozent der weltweit anerkannten Fachpublikationen der Natur-, Ingenieur- und Medizinwissenschaften aus Deutschland kämen. Und 12 Prozent "aller weltweit relevanten Patente" stammten aus unserem Land, ebenso wie 16,5 Prozent der OECD-Exporte an Technologiegütern.

Diese Zahlen "des deutschen Innovationssystems" seien "beachtlich und machen Deutschland zum Exportweltmeister von Technologiegütern". Deutschland sei "erstklassig im Maschinen- und Fahrzeugbau und der Umwelttechnik". Es sei zudem Schrittmacher in vielen Bereichen der erneuerbaren Energien, der Laser-, Nano- und Medizintechnologie. Dies werde durch eine hervorragende Wissenschaftslandschaft und 170.000 innovative Unternehmen getragen.

Ein Beispiel der Ministerin macht deutlich, dass die Bundesregierung den Unternehmen offenbar einen Teil ihrer Entwicklungskosten bezahlen will: So unterstütze die Bundesregierung die wichtige Zukunftstechnologie organischer Leuchtdioden - die OLED-Technologie - mit 100 Millionen Euro. Die beteiligten Unternehmen müssen dann offenbar nur noch 500 Millionen Euro aus eigener Tasche investieren, um auf die erforderlichen 600 Millionen zu kommen. Dieser Zuschuss zeigt für die Bundesregierung, "wie mit öffentlichen Mitteln ein Mehrfaches an Mitteln aus der Wirtschaft mobilisiert wird".

Es wird nicht deutlich, ob die beteiligten Unternehmen die Staatsgelder nötig haben und ob sie die Entwickung der OLED-Technologie ohne den Zuschuss unterlassen würden. Möglicherweise steigen in den beteiligten Unternehmen auch nur die Manager-Gehälter.

Die Hightechstrategie für Deutschland setzt laut Schavan neue thematische Prioritäten in der Energieforschung, der Gesundheitsforschung, der Nanotechnologie sowie der Informations- und Kommunikationstechnologie "und schließlich der Sicherheitsforschung".

Sitte: Es werden Unsummen öffentlicher Gelder im Glauben an Markt und Wettbewerb in Fördertöpfe geworfen

Die Linksfraktion begrüßte ebenso wie die anderen Fraktionen grundsätzlich, dass die Bundesregierung eine Hightechstrategie vorgelegt hat. Sie kritisierte aber, dass sich die Sicht der Bundesregierung vor allem "auf die Kommerzialisierung von Erkenntnissen" richte. "Aus unserer Sicht muss das mit dem Ziel geschehen, den Nutzen für möglichst viele Menschen zu vergrößern", sagte die Abgeordnete Petra Sitte.

Eines der Grundprobleme sei, dass die EU versuche, einerseits die Technologieentwicklung zu harmonisieren, dass sie sich aber andererseits auch als "konkurrierenden Block zu anderen Regionen der Erde" betrachte, so Sitte. Zeitgleich versuchten alle EU-Länder, sich mittels nationaler Strategien ebenfalls einen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Ländern, auch denen der EU, zu verschaffen. "Nun haben auch noch die 16 deutschen Bundesländer Innovationsstrategien entwickelt", sagte die Abgeordnete. Dabei sei es kaum gelungen, die Regelungen untereinander zu harmonisieren. Das werde von der Wirtschaft zu Recht kritisiert. "Ich komme aus der Region Halle/Leipzig", so Sitte, "und sehe, dass dort ganz unterschiedliche Regelungen gelten. Die gegenwärtige Situation bedarf also nicht des Aufbaus von Technoblöcken oder eines Leitmarktes Deutschland, wie Sie es bezeichnen, sondern kooperativer Lösungen, die sich langfristig als zukunftsfähig erweisen werden."

"Bei Ihrem Ansatz ist immer der Sieg das Ziel", kritisierte die Parlamentarierin. "Aber wir alle wissen: Es wird nur wenige Gewinner geben. Das haben wir längst beim Wettbewerb um Industrieansiedlungen erlebt. Auch da hat niemand die Konkurrenzlinie verlassen. Es werden also weiter Unsummen öffentlicher Gelder im Glauben an Markt und Wettbewerb in Fördertöpfe von Einzelstrategien geworfen, ohne dass man es am Ende auch nur plumpsen hört."

Bei der Umsetzung von Erkenntnissen müsse man sich fragen: "Was ist gesellschaftlich wirklich sinnvoll? Umgesetzt werden sollte doch das, was vielen Menschen und damit der Gesellschaft als Ganzes Nutzen bringt und eben nicht zu vermarkten ist. Ich will noch einmal daran erinnern: Hier werden Steuergelder eingesetzt. Also sollten doch jene, die diese Steuergelder sozusagen als Absender zahlen, die ersten Adressaten dieser Politik sein."

Grasedieck: Wir brauchen diese Technologien, weil es bis zum Jahre 2020 zu einer Verdopplung des Luftverkehrs kommen wird

Der SPD-Abgeordnete Dieter Grasedieck sagte, die große Koalition steigere den Forschungsetat um 6 Milliarden Euro. Das Leitbild hierbei sei es, durch Innovation neue Arbeitsplätze zu schaffen. "Da waren wir erfolgreich in den letzten drei Jahren", so Grasedieck. "Da können wir Erfolge aufweisen. So wurden beispielsweise 20.000 neue Arbeitsplätze im Rahmen der CO2-Gebäudesanierung geschaffen. Das ist ein Erfolg. Wir haben im Bereich der erneuerbaren Energien 25.000 neue Arbeitsplätze hinzugewonnen. Auch das ist ein Erfolg."

Es gehe darum, die Zusammenarbeit der Hochschulen mit der Wirtschaft zu fördern. Zudem sollten die Stärken - "auch innerhalb der Wirtschaft" - gefördert werden. "Schauen Sie sich das doch bitte in Brandenburg und in Bremen an", forderte Grasedieck das Parlament auf. "Hier produzieren Mechaniker und Ingenieure Teile für Satelliten und für die Luftfahrt, etwa für die Airbusse A350 und A380 - absolute Spitzentechnologien. Wir brauchen eine Weiterentwicklung in diesen Bereichen, weil wir davon ausgehen, dass es bis zum Jahre 2020 zu einer Verdopplung des Luftverkehrs kommen wird. Dafür brauchen wir in den nächsten Jahren gut ausgebildete Kräfte und Spezialisten. Man sieht das unter anderem daran, dass Airbus in Hamburg 1.000 Ingenieure sucht." Das sei ein guter Ansatz. "Wer hätte vor zehn Jahren davon geträumt, dass Airbus Boeing überholt? Das ist seit dem Jahre 2004 der Fall; das war damals eine Schlagzeile wert. Wir ernten die Früchte unserer Forschungspolitik der letzten Jahrzehnte."

Man wolle aber nicht nur die Luftfahrt fördern, sondern unter anderem auch die Satellitenforschung. "Betrachten wir zum Beispiel die Ariane V, die sich jetzt auf dem Weltmarkt etabliert hat. Vor etwa vier Monaten wurden mit ihr 8,3 Tonnen erfolgreich in den Weltraum gebracht." Durch die Satellitenforschung verbessere sich auch gleichzeitig "unser Leben: Es wird sicherer und bequemer - ich erinnere nur an die Möglichkeiten, die das Handy bietet -, auf der anderen Seite natürlich auch ein wenig hektischer", sagte der Abgeordnete.

Ein weiterer Exportschlager sei auch die Kraftwerkstechnologie. Dadurch, dass der Wirkungsgrad bei Kohlekraftwerken in den letzten Jahren "wesentlich verbessert" worden sei, "reduzieren wir den CO2-Ausstoß. Bei Steinkohlekraftwerken liegen wir bei 45 Prozent, bei Braunkohlekraftwerken bei 43 Prozent. Damit halten wir die technologische Spitzenposition in der Welt. Andere Länder erzielen Wirkungsgrade von 25 bis 30 Prozent. Wir sind hier auf dem richtigen Wege", meint der Abgeordnete, "und müssen da weitermachen. Deshalb unterstützen wir diesen Bereich durch unsere neuen Innovationsprogramme."