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Deutscher Vorschlag zum Emissionshandel von EU-Kommission zurückgewiesen

Druck vom Griechen Dimas

Die EU-Kommission macht Ernst mit ihrer Kritik an mehreren "Nationalen Allokationsplänen" für die zweite Runde des Emissionshandels von 2008 bis 2012. Der deutsche Vorschlag muss nach dem Willen der Kommission in zentralen Punkten verändert werden. Die Kommission hat heute erklärt, "dass sie alles Erforderliche tun wird, um zu gewährleisten, dass die EU und die Mitgliedstaaten ihre Ziele zur Begrenzung der Treibhausgasemissionen gemäß dem Kyoto-Protokoll verwirklichen." Im Rahmen des Emissionshandelssystems der EU (EU-ETS) hat die Kommission am Mittwoch über 10 nationale Pläne für die Zuteilung von CO2-Emissionszertifikaten an energieintensive Industrieanlagen entschieden und dabei die Gesamtmenge der Zertifikate gegenüber dem Emissionsvolumen von 2005 um 7 Prozent herabgesetzt und um fast 7 Prozent auch die Emissionen, die in den Allokationsplänen vorgeschlagen wurden. Es handelt sich hierbei um die von Deutschland, Griechenland, Irland, Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, der Slowakei, Schweden und dem Vereinigten Königreich vorgelegten Pläne.

Auf diese Länder entfallen laut Kommission 42 Prozent der im ersten Handelszeitraum des Systems (2005 bis 2007) zugeteilten Zertifikate. Das Emissionshandelssystems hat nach Darstellung der EU-Kommission "zum Ziel, dass die Treibhausgasemissionen der betreffenden Energie- und Industriesektoren mit möglichst geringem Kostenaufwand für die Wirtschaft verringert werden, um so der EU und ihren Mitgliedstaaten dabei zu helfen, ihren Emissionsbegrenzungsverpflichtungen gemäß dem Kyoto-Protokoll nachzukommen".

"Die heutigen Entscheidungen zeigen mit aller Deutlichkeit, dass Europa das Kyoto-Ziel verwirklichen und das EU-ETS zum vollen Erfolg führen will", sagte das für Umwelt zuständige Kommissionsmitglied, der Grieche Stavros Dimas. Bei der Prüfung der Pläne sei die Kommission "systematisch so vorgegangen, dass Gleichbehandlung der Mitgliedstaaten gewährleistet ist und die erforderliche Knappheit auf dem europäischen CO2-Markt entsteht. Dieselben Maßstäbe werden an die noch ausstehenden Pläne angelegt."

Prüfung der nationalen Zuteilungspläne

In den nationalen Zuteilungsplänen wird für den betreffenden Mitgliedstaat festgelegt, wie hoch das CO2-Gesamtvolumen ist, das die unter das EU-Emissionshandelssystems fallenden Anlagen emittieren dürfen, und wie viele CO2-Emissionszertifikate die einzelnen Anlagen erhalten. Die von den Ländern vorgelegten Pläne werden von der EU-Kommission geprüft.

Die Kriterien bezwecken laut Kommission unter anderem, "dass die Pläne im Einklang stehen mit den Kyoto-Zielen". Andere Kriterien bezögen sich auf Gleichbehandlungsfragen, das EU-Wettbewerbs- und -Beihilferecht und technische Aspekte. Die Kommission kann einen Plan ganz oder teilweise akzeptieren.

Die Kritik am deutschen Plan

Die EU-Kommission kritisiert an dem von Deutschland vorgelegten Plan vor allem deswegen, weil die genehmigte Menge der CO2-Zertifikate 453 Millionen Tonnen überschreite. Der Umweltverband WWF freute sich, dass gerade der von der Bundesregierung vorgeschlagene "Deckel von 482 Millionen Tonnen CO2" nun auch von der Kommission kritisiert werde. Auch sei die deutsche Regelung, neue Kraftwerke 14 Jahre ohne Reduktionsanforderung laufen zu lassen, scharf zu kritisieren. Solch langen Garantien seien in Zeiten des Klimawandels nicht hinnehmbar. Es sei gut, dass sich die EU Kommission hierauf nicht einlassen wolle.

Für den WWF war der "Rüffel aus Brüssel" absehbar. Regine Günther übte heftige Kritik am deutschen Bundesumweltministerium: "Die EU Kommission hat deutlich gemacht, dass nicht jeder zahnlose Plan durchgewunken wird." In Brüssel erwarte man klare Maßnahmen auch für die Industrie.

Die Kommission bemängele in ihrer Entscheidung die geringe Reduktionsanforderung an die Industrie und "die vielen Ausnahmen, die auch in der Zukunft Bestand haben sollten". "Wir sind erleichtern, dass der Versuch der Bundesregierung, den Emissionshandel auszuhöhlen ein Riegel vorgeschoben wird", so Günther. "Überbordenden Ausnahmeregeln und lauen Emissionsanforderungen wurde eine Absage erteilt."

Gleichzeitig bemängelt der WWF, dass die Kommission eine Verschiebung der Emissionsreduktionen in die Zukunft zulasse. Dies zeige sich in einer "unzureichenden Ausstattung der Reserve für Neuanlagen" mit zehn Millionen Tonnen. Notwendig sei ein Bereithalten von Zertifikaten in Höhe von etwa 40 Millionen Tonnen. Auch hinsichtlich der Versteigerung der Emissionszertifikate müsse Deutschland noch nachbessern, meinen die Umweltschützer. Die EU erlaube, dass bis zu zehn Prozent der zu vergebenen Zertifikate versteigert werden können. Bisher habe sich das Ministerium nicht getraut, "dieses marktwirtschaftliche Instrument einzusetzen und damit eine wichtige Chance verschenkt".

Gabriel: Wir nehmen die Entscheidung zur Kenntnis

Bundesumweltminister Sigmar Gabriel nahm die Entscheidung der Kommission "zur Kenntnis, auch wenn sie für uns wenig nachvollziehbar ist. Wir setzen darauf, dass die strittigen Fragen im weiteren Verfahren mit der Kommission einvernehmlich geklärt werden können." Gabriel verteidigte sich mit einem Vorwurf an die EU-Kommission. Diese müsse "endlich für Klarheit über die Methodik sorgen".

Nach Darstellung des deutschen Umweltministers wurde der deutsche Zuteilungsplan noch in der vergangenen Woche gegenüber dem ersten Entwurf "deutlich verschärft". "Wir haben die Obergrenze für den erlaubten Kohlendioxid-Ausstoß von ursprünglich 482 Millionen Tonnen auf 465 Millionen Tonnen pro Jahr gesenkt", so Gabriel. Der deutsche Umweltminister findet es unverständlich, dass die Kommission das geänderte Mengengerüst mit der neuen Obergrenze für den deutschen Kohlendioxid-Ausstoß "nicht berücksichtigt" habe. Mit dieser Verschärfung sei "sichergestellt", dass Deutschland sein Klimaschutzziel von minus 21 Prozent erreiche.

Im Unterschied dazu komme die Kommission auf die geforderte jährliche Zuteilungsmenge von 453 Millionen Tonnen pro Jahr nur dadurch, dass sie ihre Abschätzung lediglich auf das Jahr 2005 stütze. Unzufrieden ist der deutsche Umweltminister auch mit der Berechnungsmethode in Brüssel. Diese sei für Außenstehende "wenig nachvollziehbar". Dabei würden Fortschritte bei der Verringerung der CO2-Emissionen unterstellt, die heute noch gar nicht sicher seien.

Nach Auffassung von Gabriel darf der Emissionshandel "nicht zu einem Investitionskiller werden". Sinn des Emissionshandels müsse es vielmehr sein, "Anreize für Investitionen" in moderne und emissionsärmere Kraftwerke zu schaffen. Dies sei ökologisch geboten, aber auch ökonomisch sinnvoll. Diesem Ziel diene die im deutschen Allokationsplan vorgesehene "Privilegierung von Neuanlagen", die dem Stand der Technik entsprächen. "Wenn die Kommission dies bemängelt, erschwert sie unseren Ansatz einer innovationsorientierten Klimaschutzpolitik", so Gabriel.

Loske: Die 14-jährige Freistellung neuer Kohlekraftwerke ist unvereinbar mit dem Klimaschutz

Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Reinhard Loske bezeichnete "den blaue Brief aus Brüssel" für die Bundesregierung als "Blamage". Für den Umweltminister Gabriel sei die geforderte Nachbesserung "eine peinliche Belehrung". Die Kommissionsentscheidung sei ein Beleg dafür, wie sehr in der großen Koalition Rhetorik und tatsächliche Klimapolitik auseinanderklafften.

"Wir begrüßen es, dass die Kommission anspruchsvollere Klimaschutzziele einfordert und nicht bereit ist, die vorgesehene Privilegierung von Kohlekraftwerken zu akzeptieren. Die 14-jährige Freistellung solcher Kraftwerke von jedweder Minderungsverpflichtung ist mit den Zielen des Klimaschutzes absolut unvereinbar und eine Wettbewerbsverzerrung, wie die Kommission zu Recht moniert", so Loske. Die von der Bundesregierung geplante Regelung würde die Energiestruktur zementieren, Innovationen erschweren und das Erreichen des 40 Prozent-Ziels bis 2020 unmöglich machen.