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Koalitionspolitiker fordern Einbeziehung Russlands in geplante US-Raketenabwehr

Neue Mittelstreckenraketen?

Offenbar vor dem Hintergrund möglicher neuer, gegen Mitteleuropa gerichteter Mittelstreckenraketen nimmt in der großen Koalition die Kritik an einem möglichen Alleingang der USA beim geplanten Raketenabwehrsystem in Osteuropa zu. Nach Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) forderte auch der Unions-Außenexperte Eckart von Klaeden (CDU) am Montag eine Einbeziehung Russlands in den beabsichtigten Schutzschild. Rüstungsexperten zeigten Verständnis für die Kritik des russischen Präsidenten Wladimir Putin am Vorgehen der USA. Von Klaeden nannte es "wünschenswert, wenn über die jetzigen US-Pläne zunächst in der NATO und dann auch im NATO-Russland-Rat beraten würde. Dabei sollte auch sondiert werden, in welcher Weise ein gemeinsamer Raketenabwehrschirm von NATO und Russland realisiert werden könnte."

Zuvor hatte Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) kritisiert: "Da die Stationierungsorte näher an Russland heranrücken, hätte man vorher auch mit Russland reden sollen." Angesichts der strategischen Natur derartiger Projekte plädiere er "für ein umsichtiges Vorgehen und intensiven Dialog mit allen direkt oder indirekt betroffenen Partnern."

Steinmeier bestritt zudem eine Bedrohung durch iranische Raketen. Dafür sei deren Reichweite nicht ausreichend.

Mützenich: "Neue Rüstungsschübe"

Der SPD-Abrüstungsexperte Rolf Mützenich sagte, es müsse auf jeden Fall verhindert werden, dass es in Europa zu neuen "Rüstungsschüben" kommt, die sich bereits abzeichneten. Die Drohung Russlands, neue Mittelstreckenraketen zu stationieren, zeige den Ernst der Lage.

Von Klaeden nannte es dagegen "nicht nachvollziehbar", dass sich Russland durch das US-Raketenabwehrsystem in Polen und Tschechien bedroht fühle. Die Drohungen Moskaus mit einer einseitigen Aufkündigung des Vertrags über die Vernichtung aller nuklearen Kurz- und Mittelstreckenraketen seien "fehl am Platze". Den Gefahren durch das iranische Nuklearprogramm müsse gemeinsam begegnet werden.

Sicherheitsexperten äußerten Verständnis für Putins heftige Kritik an dem Raketensystem. Der Direktor des Berliner Informationszentrums für Transatlantische Sicherheit, Ottfried Nassauer, sagte: "Die Amerikaner hätten die Russen konsultieren müssen", weil sie damit ihr Versprechen indirekt aufkündigten, keine strategischen Rüstungseinrichtungen näher an den Grenzen Russlands zu stationieren. Der Hamburger Sicherheitsforscher Götz Neuneck bezweifelte die Funktionsfähigkeit des US-Vorhabens.

Putin hatte auf der Münchner Sicherheitskonferenz die US-Pläne als Bedrohung für das "Gleichgewicht der Kräfte" bezeichnet. Der frühere sowjetische Präsident Michail Gorbatschow schloss sich dieser Kritik an. Es sei "dringend nötig, dass die Supermacht eine politische Kurskorrektur vornimmt". Gorbatschow kritisierte: "Die Überheblichkeit, welche oft mit militärischer Macht einhergeht, hat zu einer schweren Krise geführt." Die Ausweitung der NATO habe ein neues Wettrüsten entfacht.