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Bundesregierung will "Lissabon-Strategie" vorantreiben

EU-Präsidentschaft

Mit ihrer so genannten Lissabon-Strategie möchte die Europäische Union bis zum Jahr 2010 zum "wettbewerbsfähigsten dynamischsten und wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt" werden. Die deutsche Bundesregierung erklärte die wirtschafts- und sozialpolitische Strategie zum Schwerpunkt der deutschen EU-Präsidentschaft 2007. In diesem Zusammenhang hat Bundeswirtschaftsminister Michael Glos am 27. Februar 02.2007 in Brüssel die diesjährige "Ludwig Erhard Lecture" des privatwirtschaftlichen Lisbon Council gehalten. Das Credo des Ministers: "Freiheit führt zu Wettbewerb und Wettbewerb zu Wohlstand und sozialer Sicherheit".

Lisbon Council for Economic Competitiveness

Der im Jahr 2003 durch private Initiative gegründete Brüsseler Think-Tank "Lisbon Council for Economic Competitiveness" strebt die Umsetzung der am 23. und 24. März 2000 vom Europäischen Rat verabschiedeten Lisabon-Strategie an. Gründer des Lisbon Council ist Paul Hofheinz, ehemaliger Journalist des Wall Street Journal. Leitende Direktorin ist Ann Mettler, die ehemalige Europadirektorin des World Economic Forum, einer privaten Stiftung von über 1000 weltweit führenden Wirtschaftsunternehmen, deren Mitglieder einen Jahresumsatz von einer Milliarde US-Dollar aufweisen müssen. Die Stiftung arbeitet mit dem Internationalen Währungsfonds, der Weltbank und der Welthandelsorganisation WTO zusammen.

Die Lissabon-Strategie

Die in der Lissabon-Strategie festgelegten Ziele, die EU bis 2010 zum wettbewerbsfähigsten dynamischsten und wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt auszubauen, sollen über tiefgreifende Umgestaltungen der europäischen Wirtschaft erreicht werden. Ziel der Lissabon-Strategie ist es des Weiteren "bis 2010 die Euroäische Union zu einem Wirtschaftsraum umzugestalten, der fähig ist, ein dauerhaftes Wirtschaftswachstum mit mehr und besseren Arbeitsplätzen und einem großen sozialen Zusammenhalt" zu erreichen.

Ein umfangreicher Maßnahmenkatalog zur Erlangung der Ziele beeinhaltet beispielsweise die Schaffung eines günstigen Umfelds für die Gründung und Entwicklung innovativer Unternehmen, effiziente und integrierte Finanzmärkte sowie die Liberalisierung der Bereiche Gas, Strom, Post und Beförderung. Hinzu kommt die Beseitigung von Hemmnissen im Dienstleistungsbereich, die "Modernisierung des sozialen Schutzes", die "Modernisierung" der Bildungs- und Ausbildungssysteme und ein "Abbau unnötiger Rechtsvorschriften" durch die EU-Staaten.

Bürokratieabbau zur Stärkung der Wettbewerbs

Glos betonte in seiner Rede "die Stärkung des Binnenmarkts und der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie durch Bürokratieabbau". Die Bundesregierung strebe mit einem "small company act" an, kleine und mittlere Unternehmen in Deutschland von "besonders wachstumshemmender Überregulierung" zu befreien.

In diesem Zusammenhang sind eine Vereinfachung von Buchführungspflichten und Genehmigungsverfahren, eine Vereinheitlichung des Bilanz- und Steuerrechts, Entlastungen im Sozialversicherungs-, Gewerbe-, Preis- und Straßenverkehrsrecht sowie eine betriebsärztliche und sicherheitstechnische Betreuung von Kleinbetrieben geplant.

Der Koordinator für den "Bürokratieabbau" und "bessere Rechtssetzung", Staatssekretär Hans Bernhard Beus, hatte am 24. Januar den von der EU-KOmmission vorgelegten Aktionsplan zur Reduzierung von Bürokratiekosten begrüßt und sieht darin während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft eine gute Grundlage für die Arbeit in diesem Bereich.

"Ich freue mich, dass Kommission und Bundesregierung beim Abbau bestehender Bürokratiekosten weitgehend gleiche Ansätze verfolgen", so Beus. Er würde es begrüßen, wenn es gelänge auf EU-Ebene ein Gremium einzurichten, das Kosten und Folgen künftiger Gesetze einschätze und kommentiere, vergleichbar dem in Deutschland eingerichteten Normenkontrollrat.

Der Normenkontrollrat

Mit der Änderung der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien (GGO) hatte die Bundesregierung im November 2006 die Einbindung eines "Normenkontrollrates" beschlossen. Seitdem müssen die Ministerien die Bürokratiekosten für Unternehmen, Bürger und Verwaltung beziffern. Mit der Erfassung und Messung der in den Rechtsnormen enthaltenen Informationspflichten wurde das Statistische Bundesamt in Wiesbaden beauftragt.

Der Normenkontrollrat ist berechtigt, Stellungnahmen zu Gesetzesentwürfen abzugeben. Das Gremium wird bereits in die Ausarbeitung der Gesetzesentwürfe einbezogen. In die Aufgabengebiete des Normenkontrollrats fallen einstweilen nur Gesetzentwürfe der Bundesregierung, Entwürfe aus Bundesrat und Bundestag sind vorläufig ausgenommen. Eine Begleitung der Rechtssetzung auf europäischer Ebene und die Umsetzung der Gesetze der EU in nationales Recht sind ein weiterer Bestandteil des Programms.

In den Normenkontrollrat wurden 2006 auf Vorschlag des Bundespräsidenten von der Bundesregierung acht Persönlichkeiten für eine Amtszeit von fünf Jahren berufen: Johannes Ludewig, ehemaliger Bahnvorstand, Hans Dietmar Barbier von der Ludwig-Erhard-Stiftung, Dennis J. Sower vom Institut für Weltwirtschaft in Kiel, Wolf-Michael Catenhusen, SPD, Staatssekretär a.D., Hermann Bachmaier, ehemaliger SPD-Bundestagsabgeordneter, Gisela Färber von der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften in Speyer, Johann Wittmann von der Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie, München und Henning Kreibohm, ehemaliger Gesellschafter NordWestCosult.

"Agenda Moderne Regulierung"

Auch die Stiftung des Medienriesen Bertelsmann mischt in dem Geschäft mit. Mit dem Ziel "Fehl- und Überregulierungen" zu überdenken und staatliches Handeln zu optimieren hat die Bertelsmann-Stiftung das Projekt "Agenda Moderne Regulierung" erarbeitet. Durch die Analyse diverser Methoden der Agenda und mit Hilfe des in den Niederlanden entworfenen Standardkostenmodells (SKM) sollen Bürokratiekosten, die ausschließlich aufgrund staatlicher Informationspflichten anfallen, geprüft werden.

Die Bertelsmann-Stiftung beabsichtigt nach eigenen Angaben mit dem Projekt "Regulierungen und Verfahren im deutschen Arbeitsrecht durch eine Vereinfachung, Vereinheitlichung und Verschlankung des Arbeitsvertragsrechts neu zu gestalten und eine systematische Neuorientierung mit klar geregelten Verantwortlichkeiten und einer konsequenten Verbindung von Arbeitsrecht und Arbeitsförderung zu schaffen".

Im Zuge der Prüfung der Bürokratiekosten anhand von Kosten-Nutzen-Analysen könnten nach Auffassung von Kritikern Bereiche wie Umwelschutz und Arbeitschutzbestimmungen zur Zielscheibe einer betriebswirtschaftlicher Ausrichtung werden. Das Thema Bürokratieabbau soll auf dem EU-Frühjahrsgipfel der Staats- und Regierungschefs am 8. und 9. März beraten werden.