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Europa verhandelt mit armen Staaten Afrikas, Asiens und des Pazifik

Marktöffnung

Für Herbst 2007 plant Bundeskanzlerin Angela Merkel einen EU-Afrika-Gipfel, mit dem Ziel, die Verhandlungen über so genannte Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (Economic Partnership Agreements) zwischen der Europäischen Union und 77 Staaten aus Afrika, der Karibik und diverser Staaten im Pazifik abzuschließen (AKP-Staaten). Im Vordergrund der Verhandlungen stehen wirtschaftliche Verbindungen, vorwiegend mit den Mitgliedstaaten der EU. Durch das Abkommen soll mit Hilfe von "Zollpräferenzen" den beteiligten Ländern der Zugang zum europäischen Markt erleichtert werden. Die wirtschaftliche Zusammenarbeit wird mit dem Argument der "Beseitigung der Armut" und der "Förderung nachhaltiger Entwicklung" propagiert. Das Vorhaben ist bei Nichtregierungsorganisationen weltweit allerdings auf heftige Kritik gestoßen. Auch die AKP-Staaten beklagen einen von der Europäischen Union ausgeübten "Verhandlungsdruck".

Die Kritiker beklagen, dass seitens der EU eine enge Auslegung der WTO-Bestimmungen für Freihandelsabkommen angestrebt werde. So ist insbesondere die von der EU verlangte Aufnahme von Verhandlungen in den Bereichen Investitionen, Wettbewerb, Handelserleichterungen, öffentliches Beschaffungswesen, Datenschutz und Dienstleistungen ist bei den Beteiligten auf Widerstand gestoßen.

Aufgrund von negativen Erfahrungen hatten die AKP-Staaten bereits in der Welthandelsorganisation (WTO) die Öffnung der Bereiche Investitionen, Wettbewerb, Handelserleichtungen und öffentliches Beschaffungswesen abgelehnt. Zudem gehen sie davon aus, dass ihnen ein Zollverbot hohe Verluste im Bereich der Steuereinnahmen bescheren würde. Auch weitere Vertragspunkte, wie etwa wie die Forderung nach Marktöffnung für Industrie- und Agrarprodukte aus der EU, sind auf herbe Kritik der betroffenen Länder gestoßen.

Im April 2005 äußerte sich der EU-Handelskommissar Mandelson in Mali dahingehend, dass die AKP-Staaten nur dann einen "verbesserten" Zugang zu den EU-Märkten erhalten würden, wenn sie ihre Märkte öffneten und bereit seien über regionale Freihandelsabkommen (Regional Economic Partnership Agreements, EPA) verhandeln.

Die Europäische Union, die Weltbank (WB) und der Internationale Währungsfonds (IWF) "unterstützen" die Liberalisierungs-Entwicklung mit Strukturanpassungsprogrammen (SAP's). Der IWF gewährt Kredite nur unter der Voraussetzung, dass die gewünschten Strukturanpassungen durchgeführt werden.

EU verteidigt sich gegen Vorwürfe

Die EU-Kommission begründet die Forderung nach Abbau der Zölle in den AKP-Regionen mit dem Ziel "WTO-kompatibler Freihandelsabkommen". Die Einigung müsse jedoch in gegenseitigem Einverständnis "und nicht etwa mit Druck seitens der EU erreicht werden", heißt es in einem Papier der Kommission vom 1. März.

Die meisten AKP-Waren würden bereits "eine Präferenzbehandlung erfahren" und könnten Waren zollfrei in die EU einführen. "Nicht so die EU-Ausfuhren in die AKP-Staaten", beklagt die Kommission. "Die EU ist nicht an einem bevorzugten Zugang zu den AKP-Märkten interessiert; sie will lediglich erreichen, dass die Behandlung den WTO-Regeln gerecht wird."

Abgesehen davon hätten die Erfahrungen in aufstrebenden asiatischen Volkswirtschaften "gezeigt, dass eine schrittweise, gezielte Senkung der Zölle den Verbrauchern und Unternehmen (die preiswertere Maschinen, Rohstoffe und Montageteile benötigen) durchaus zugute kommt und dass sich die Wettbewerbsfähigkeit lokaler Erzeugnisse verbessert, wenn sie einem richtig zugeschnittenen ausländischen Wettbewerb ausgesetzt sind".

Die EU betont, sie habe zu keinem Zeitpunkt "die völlige Beseitigung von Zöllen" vorgeschlagen, noch habe sie die AKP-Staaten gedrängt, ihre Märkte im selben Grad wie die EU zu öffnen oder übereilt zu handeln. Sie habe auch nie vorgeschlagen, dass der niedrigste Zollsatz aller AKP-Staaten die Grundlage für die regionale Liberalisierung oder für einen einheitlichen Außenzoll bilden solle.

Die EU habe vielmehr "klargestellt, dass lange Übergangsfristen, ein gestaffelter Abbau von Zöllen, die Befreiung sensibler Waren von der Liberalisierung und ein stark asymmetrisches Vorgehen der EU und der AKP bei der Marktöffnung völlig akzeptabel und vernünftig sind".

Entwicklungshilfegelder und die Bedingungen der EU

Viele Nichtregierungsorganisationen aus Afrika, dem Pazifik und Europa sehen das anders. Organisationen wie Brot für die Welt, Oxfam, Attac und Terres des hommes fürchten, dass den AKP-Staaten aufgrund ihrer Abhängigkeit von Entwicklungshilfegeldern kaum eine andere Möglichkeit bleibt, als den Bedingungen der EU zuzustimmen.

Darüber hinaus sehen sie in der Forderung nach weiterer Liberalisierung ein Indiz dafür, "dass die EU vorrangig die Ausdehnung des europäischen Zugangs zu den AKP-Märkten im Auge hat". Die Entwicklung der AKP-Länder wäre diesen Zielen "untergeordnet".

Die EU-Kommissare Peter Mandelson und Louis Michel teilten im Februar 2007 Verhandlungspartnern aus West- und Zentralafrika mit, dass eine Erhöhung der Importzölle angestrebt werde, wenn das Abkommen bis Ende des Jahres nicht ratifiziert werden sollte. Künftige Entwicklungshilfen seien darüber hinaus an den Vertragsabschluss geknüpft.

Die Franzosen sehen diese Politik der EU kritisch. Der Europa-Ausschuss der Französischen Nationalversammlung veröffentlichte im Juli 2006 einen Bericht mit der Empfehlung, der EU-Kommission das Mandat für die Verhandlungen zu entziehen. Attac hat daraufhin die deutsche Bundesregierung aufgefordert, dem Vorbild der französischen Nationalversammlung zu folgen und sich in der EU für ein Aussetzen der Verhandlungen stark zu machen.