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Industrie fordert zügigen Ausbau von Atommülllager Konrad

"Schacht Konrad"

Nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zum Schacht Konrad fordert die Industrie dessen zügigen Ausbau zum atomaren Endlager für schwach- und mittelaktiven Atommüll. Die Bundesregierung müsse nun den rechtskräftigen Planungsbeschluss verwirklichen, sagte der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Jürgen Thumann, am Mittwoch. Ähnlich äußerte sich die stellvertretende Vorsitzende der Unions-Bundestagsfraktion, Katherina Reiche (CDU). Wie am Dienstag bekannt gegeben wurde, hat das Bundesverwaltungsgericht mit Beschlüssen vom 26. März Klagen gegen das Endlager abgewiesen. Nach Angaben der atomkritischen Arbeitsgemeinschaft Schacht Konrad droht ein älteres deutsches Atommülllager durch eindringendes Wasser "abzusaufen".

Die Stadt Salzgitter, die Gemeinden Lengede und Vechelde sowie ein Landwirt aus Salzgitter hatten beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in den jeweiligen Urteilen des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg eingelegt. Dies wurde nun vom Bundesverwaltungsgericht zurückgewiesen.

Die Klagen richteten sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Niedersächsischen Umweltministeriums für die Errichtung und den Betrieb des Bergwerks "Konrad" in Salzgitter als Endlager für radioaktive Abfälle mit geringer Wärmeentwicklung. Die Gemeinden befürchteten Beeinträchtigungen ihrer Planungshoheit und ihres Eigentums an öffentlichen Einrichtungen durch die Zulassung des Vorhabens, das sie unter anderem wegen Fehleinschätzung der Risiken des Transports der atomaren Abfälle, von Flugzeugabstürzen und terroristischen Anschlägen sowie der Langzeitrisiken für rechtswidrig hielten. Aus den gleichen Gründen rügte der Landwirt die drohende Entziehung seiner Existenzgrundlage.

Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg erklärte sämtliche Einwände für unbegründet und ließ die Revision gegen seine Urteile vom 8. März 2006 nicht zu. Peter Dickel von der Arbeitsgemeinschaft Schacht Konrad kritisierte, dass das Gericht Schacht Konrad überhaupt nicht überprüft habe, "sondern uns einfach das Recht abgesprochen hat, den Planfeststellungsbeschluss überprüfen zu lassen". Kläger Walter Traube sagte, es sei schon "schwer verständlich, wenn man als nächster Nachbar des geplanten Atommüllendlagers weniger Rechte haben soll, als bei irgendeiner beliebigen kommunalen Baumaßnahme".

Das Bundesverwaltungsgericht hat die gegen gegen die Nicht-Zulassung der Revision erhobenen Beschwerden zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, keiner der drei gesetzlich abschließend aufgezählten Zulassungsgründe liege vor. Die Kläger hätten nicht dargelegt, dass der Sache grundsätzliche Bedeutung im Sinne der Fortbildung des Rechts zukomme oder die Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abwichen. Sie hätten auch keinen Verfahrensfehler aufgezeigt.

Damit sind die Urteile des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg vom 8. März 2006 rechtskräftig. (BVerwG 7 B 72 - 75.06)

BUND: Die Langzeitsicherheit ist ungeklärt

Die Umweltschutzorganisation BUND warnte vor einer Inbetriebnahme der Lagerstätte für schwach- und mittelaktiven Atommüll. Schacht Konrad sei ohne klare wissenschaftliche Kriterien und ohne einen Vergleich mit anderen Standorten genehmigt worden, sagte BUND-Atomexpertin Renate Backhaus. Die Langzeitsicherheit sei nach wie vor ungeklärt. Das Bundesverwaltungsgericht hatte am Vortag mit einer Entscheidung die letzten juristischen Hürden für eine Endlagernutzung aus dem Weg geräumt.

Eine Inbetriebnahme des ehemaligen Eisenerzbergwerks würde außerdem den Kriterien von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) zur Suche nach einem einzigen Atommüllendlager für alle Arten von Atommüll in Deutschland widersprechen. Es dürfe nicht mit zweierlei Maß gemessen werden. "Sicherheit muss in jedem Fall bei der Atommülllagerung Vorrang haben", sagte Backhaus.

BDI: Endgültig von der Biosphäre abgeschirmt

Der BDI erwartet hingegen, dass das Endlager Konrad ohne Verzug in fünf bis sechs Jahren gebaut und 2012/2013 in Betrieb genommen wird. Bis dahin müssten die radioaktiven Abfälle aus kerntechnischen Anlagen sowie Industrie und Medizin noch in den Zwischenlagern der Bundesländer verbleiben. Mit der Einlagerung im Schacht Konrad sollten sie "endgültig von der Biosphäre abgeschirmt werden", so BDI-Präsident Thumann.

Die Bundesregierung müsse auch eine Entscheidung über das zweite Endlagerprojekt in Gorleben treffen, forderte Thumann. Die Öffentlichkeit brauche Klarheit, ob dort wärmeentwickelnde radioaktive Abfälle endgültig gelagert werden können. "Es gibt keinen sachlichen Grund, diese überfällige Entscheidung weiter auf die lange Bank zu schieben", sagte Thumann.

Nachdem nun Rechtssicherheit herrsche, gebe es keinen Grund, die Arbeiten an Schacht Konrad weiter zu verzögern, sagte Reiche. Das Bundesumweltministerium und das Bundesamt für Strahlenschutz seien nun aufgefordert, eine zügige Inbetriebnahme sicherzustellen.

AG Schacht Konrad: Atommülllager Asse II droht "abzusaufen"

Die atomkritische Arbeitsgemeinschaft Schacht Konrad erinnerte indes an die Probleme mit der Atommülllagerung im benachbarten Forschungsbergwerk Asse II im Kreis Wolfenbüttel, in dem vor 40 Jahren mit der Einlagerung von Atommüll begonnen wurde. Die Anlage drohe mittlerweile durch eindringendes Wasser "abzusaufen".

Wenn Bundesforschungsministerin Annette Schavan (CDU) und Niedersachsens Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP) sich jetzt freuten, Schacht Konrad könne in Betrieb gehen, obwohl Bund und Länder nicht in der Lage seien, die katastrophale Entwicklung in der Asse II in den Griff zu bekommen, sei das "makaber und absurd", meint die Arbeitsgemeinschaft.