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Europa-Abgeordnete für zivile und militärische Weltraum-Politik

Rüstung im Weltall

Wettrüsten von China und der USA - Kommt es zum Krieg der beiden Supermächte"Wer den Weltraum kontrolliert, kontrolliert die Welt", sagte der spätere US-Präsident Lyndon B. Johnson im Jahr 1961. Fast ein halbes Jahrhundert danach geben die USA geschätzte 21 Milliarden Dollar im Jahr für die Aufrüstung im Weltall aus, während sich auch Indien und China als neue Mächte im All positionieren. Steuern wir auf eine Militarisierung des Weltraumes zu? EU-Abgeordnete und Experten diskutierten die Rolle Europas im Weltraum in einer Anhörung am 2. Mai. Die Europaabgeordneten, die ansonsten Rüstungsprojekten häufig sehr positiv gegenüberstehen, sprachen sich zwar gegen einen "Krieg der Sterne" aus, vielleicht, weil der Rüstungswettlauf gegen die USA, Indien und China nicht zu gewinnen wäre. Das Europäische Weltraum-Programm soll aber dennoch sowohl zivilen als auch militärischen Zwecken dienen.

An Science-Fiction-Klassiker wie Star Wars oder Raumschiff Enterprise mochte ein mancher denken, der die Anhörung zum Thema "Der Beitrag des Raumfahrt zur Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik" verfolgte, die der Unterausschuss für Sicherheit und Verteidigung vergangene Woche in Brüssel organisiert hatte.

Weltraum-Technologie im Alltag und im Krisenfall

Tatsächlich spielt der Weltraum in den letzten Jahrzehnten eine bedeutende Rolle für unser irdisches Leben. Tag für Tag ziehen unzählige Satelliten ihre Bahnen um den Planeten Erde, um dem modernen Menschen das Telefonieren mit dem Handy, Bankgeschäfte oder das Navigieren im Schiff und Auto zu ermöglichen oder Unwetter vorauszusagen.

Diese Anwendungen basieren auf Technologien, die ursprünglich militärischen Zwecken dienten und auch heute noch für die Sicherheit und "Verteidigung" eine erhebliche Rolle spielen. Zu den militärischen Anwendungen gehören satellitengesteuerte Waffen sowie die Ortung und Beobachtung eigener oder feindlicher Truppen.

Doch auch im Falle eines Tsunamis oder eines Erdbebens sind exakte Satellitenbildern aus dem Weltraum für das Krisenmanagement auf der Erde essenziell. Auch wenn es um den Klimawandel, das Abholzen der Tropenwälder, die Überwachung von Rüstungsbeschränkungen geht, wird vielfach auf Informationen aus dem All zurückgegriffen.

Europäische Raumfahrtindustrie derzeit mit 40 Prozent dabei

Das Geschäft mit dem Weltall stellt nach Angaben des Europaparlaments mittlerweile einen Markt von 90 Milliarden Euro weltweit dar – mit jährlichen Wachstumsraten von 7 Prozent. Die europäische Raumfahrtindustrie könne sich zur Zeit 40 Prozent dieses Marktes sichern und beschäftige rund 28.000 Menschen, hauptsächlich in Deutschland, Frankreich und Italien, aber auch in Großbritannien, Spanien und Belgien.

Etwa 6 Milliarden Euro investiere die öffentliche Hand in Europa jährlich in die - wie es heißt - "zivile" Nutzung des Weltraums, die Hälfte davon gehe an die Europäische Weltraumorganisation ESA. Für den Zeitraum 2007 bis 2013 stünden im Rahmen des Siebten EU-Forschungsprogramms 1,4 Milliarden Euro für Forschung und Entwicklung zur Verfügung.

Das sei wenig, vergleiche man die Summen, die in den Vereinigten Staaten für Weltraum-Entwicklung ausgegeben werden: "Die USA investieren pro Jahr etwa 17 Milliarden US-Dollar in zivile Weltraum-Nutzung und geschätzte 21 Milliarden US-Dollar in militärische Projekte", hieß es im Europaparlament.

Das All – das Schlachtfeld der Zukunft?

Rebecca Johnson vom Londoner Acronym Institute for Disarmament Diplomacy (Acronym-Institut für Abrüstungsdiplomatie) sieht im Weltraum "einmaligen Ressourcen" für Europas Sicherheit. Gleichwohl warnte die Wissenschaftlerin während der Anhörung im Europaparlament davor, dass diese Technologien den Weltraum auch "in ein Schlachtfeld verwandeln" könnten.

In ihrer vom Europaparlament in Auftrag gegebenen Studie über "Europas Weltraumpolitik und ihre Relevanz für die Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik" beschreibt sie den Weltraum als "gefährlich umkämpften Platz für Militärstrategen". Besonders in den USA herrsche die Meinung, dass derjenige, der den Weltraum kontrolliere, auch die "militärische und wirtschaftliche Vormachtstellung auf der Erde" einnehme.

Wie real die Gefahr einer Aufrüstung im Weltall sei, habe sich beispielsweise gezeigt, als China am 11. Januar dieses Jahres eine Anti-Satelliten-Rakete getestet und damit einen eigenen Satelliten abschossen habe. Seit 20 Jahren habe es derartige Tests nicht mehr gegeben.

Europäischen Weltraum-Politik für zivile und militärische Zwecke

Ende April haben die Europäische Kommission und die ESA gemeinsam eine Mitteilung angenommen, nach der die Europäische Weltraum-Politik auf eine angeblich rein "friedliche Nutzung" des Weltalls durch alle Staaten abzielen solle, behauptet das Europaparlament.

Das Dokument empfehle, dass EU, ESA und ihre Mitgliedstaaten ihre Aktivitäten im Weltraum effizienter organisierten und "dafür ein integriertes Europäischen Weltraum-Programm schaffen". Offensichtlich geht es hierbei auch um eine militärische Nutzung: In den Bereichen Satelliten-Navigation, Erdbeobachtung, Satelliten-Kommunikation sowie "Sicherheit und Verteidigung" sollte künftig nicht mehr separat in den einzelnen Mitgliedstaaten, sondern auf europäischer Ebene gearbeitet werden.

Zudem sollten die "Synergien zwischen einer zivilen und militärischen Nutzung von Weltraum-Technologien" verstärkt genutzt werden. Eine Weltraum-Strategie sollte nicht nur auf europäischer, sondern auch auf internationaler Ebene ausgearbeitet werden, "um eine friedliche Nutzung des Alls zu garantieren und Wettrüsten zu vermeiden", so Kommission und ESA.

"Klare Grenzen ziehen" Johnson forderte während der Anhörung, dass die Weltraumpolitik Europas eine klare Linie ziehen müsse zwischen Anwendungen, die "akzeptabel" seien, "um die Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik zu unterstützen" und jenen, die "inakzeptabel" seien und die friedliche und zivile Nutzung gefährdeten.

Auch die Europa-Abgeordneten betonten einerseits, dass der Weltraum nicht für kriegerisch-militärische Zwecke missbraucht werden dürfe. Zugleich plädierten viele Europaabgeordnete für eine gemeinsame Europäische Weltraum-Politik, die letztlich auch militärischen Zwecken dienen soll.

Von Wogau: "Europa braucht Informationssatelliten für militärische Missionen"

Ein Großteil der Abgeordneten unterstützte offenbar das Plädoyer der anwesenden Experten, die Entwicklung von europäischen Informations- und Navigationssatelliten, etwa im Rahmen von Galileo, finanziell stärker zu unterstützen. Das Europäische Navigationssystem Galileo solle als "zivil geführtes Projekt" dem amerikanischen Global Positioning System (GPS) Konkurrenz machen, das dem amerikanischen Verteidigungsministerium untergeordnet sei. Derzeit sei die Finanzierung von Galileo jedoch nicht vollständig gesichert.

Der Vorsitzende des parlamentarischen Unterausschusses für Sicherheit und Verteidigung, der CDU-Abgeordnete Karl von Wogau, führte dennoch militärische Gründe für das Projekt an: Der "freie Zugang zu Informationen aus dem All" werde immer wichtiger. "Europa braucht Informationssatelliten für militärische Missionen, um seine Grenzen zu schützen, um eine sensible Infrastruktur zu gewährleisten."

Am 22. Mai wollen die EU-Minister und Vertreter der ESA-Mitgliedstaaten über die Vorschläge für eine Europäische Weltraum-Politik beraten.

Am 08. Mai. 2007

Friedensforscher warnen vor Rüstungswettlauf

"Neue Hochrüstung"

Deutsche Friedensforscher warnen vor einer neuen Spirale des Wettrüstens. "Die neue Hochrüstung kann bedrohlicher werden als der Kalte Krieg", heißt es im "Friedensgutachten 2008", das fünf Friedensforschungsinstitute am 3. Juni in Berlin vorstellten. Besonders die USA, Russland, China und Indien rüsteten massiv auf. Von 2001 bis 2006 seien die inflationsbereinigten Militärausgaben weltweit um etwa 30 Prozent auf eine Billion US-Dollar gestiegen. Die Hälfte davon entfalle auf die USA.

Die Europäische Union müsse eine "Schrittmacherfunktion" gegen die Hochrüstung übernehmen, forderten die Autoren des Gutachtens. So sollte die NATO den Abrüstungsvertrag mit Russland trotz Aussetzung durch Moskau in Kraft setzen und das Inspektionsregime einseitig aufrechterhalten. Bundesregierung und EU sollten sich zudem dem geplanten US-Raketenschild in Osteuropa widersetzen. Die Autoren verlangen zudem eine Abrüstung bei den Nuklearwaffen, eine stärkere Kontrolle des Waffenhandels, das Verbot von Streubomben und den Abzug von Atomwaffen aus Deutschland.

Das Friedensgutachten wird regelmäßig von fünf Instituten erstellt. Dazu gehören das Bonn International Center for Conversion, die Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung, die Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft sowie Friedensforschungsinstitute der Universitäten Hamburg und Duisburg-Essen.

Am 03. Jun. 2008