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Europaparlament warnt bei EU-Verfassung vor "Minivertrag"

"Verfassungskrise"

Das Europaparlament droht mit einem Veto, falls sich bei der Überarbeitung der EU-Verfassung Frankreichs designierter Staatspräsident Nicolas Sarkozy mit seiner Forderung nach einem deutlich abgespeckten Vertrag durchsetzen sollte. "Wir werden einem solchen Minivertrag nicht zustimmen", sagte der Vorsitzende des Konstitutionellen Ausschusses des EU-Parlaments, Jo Leinen, am Dienstag in Berlin. Sarkozy hatte wegen des Nein seines Landes zur EU-Verfassung einen deutlich abgespeckten Vertrag gefordert, der sich auf eine Reform der Institutionen beschränken solle.

Leinen rief Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) als EU-Ratspräsidentin auf, dem EU-Gipfel im Juni einen klaren Fahrplan vorzulegen, wie die "Verfassungskrise" in Europa beendet werden könne. Dazu gehöre der Vorschlag, bis Jahresende den Verfassungsvertrag in einer Regierungskonferenz zu überarbeiten, damit dieser bis Anfang 2009 zum Beginn des Europawahlkampfes endgültig ratifiziert werden könne. "Diese Krise muss erledigt sein, bevor wir die Bürger zu den Urnen rufen", sagte der SPD-Politiker.

Leinen forderte, den bisherigen Vertragstext "in zwei Teile" aufzuspalten. Zum einen sollte es einen "Grundvertrag" geben, der die Reform der europäischen Institutionen und statt der gesamten EU-Grundrechtecharta nur einen Verweis darauf enthalte. Der bisherige Teil III, der mit über 330 Artikeln detailliert die Anwendung der Verfassung regele, könne ein "Ergänzungsvertrag" werden. Zudem sollte der Klimaschutz als "Mehrwert für die Bürger" in den Vertragstext kommen.

Mit diesem Vorschlag des SPD-Politikers würde sich am förmlich in Referenden gescheiterten Verfassungsentwurf praktisch nichts ändern. Denn EU-Grundrechtecharta ist längst in Kraft getreten und war ohnehin nie Anstoß von Kritik. Und mit der Aufspaltung der übrigen zwei Hauptteile in zwei getrennte Vertragstexte würde sich auch nichts am Inhalt ändern. In Frankreich und den Niederlanden war aber genau diese Verfassung 2005 bei Referenden nach intensiven öffentlichen Diskussionen gescheitert.

Doch der Sozialdemokrat Leinen will offenbar vor allem ein zweites Nein aus Frankreich verhindern. Dies "wäre eine Katastrophe" und würde für Europa eine Blockade auf viele Jahre bedeuten, so Leinen.

Die Linksfraktion hat unterdessen angekündigt, mit führenden Vertretern von Gewerkschaften, Verbänden und sozialen Bewegungen über Forderungen an den Europäischen Verfassungsvertrag diskutieren zu wollen. Die Fraktion habe Alternativen vorgelegt, "die die Kritik der europäischen Völker aufnehmen", und drängt auf ein europaweites Verfassungsreferendum.

Genau dies möchte Leinen vermeiden: Nicht noch einmal soll die Bevölkerung über eine europäische Verfassung abstimmen können und das von den Regierungen ausgearbeitete Vertragswerk möglicherweise ablehnen.