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Karlsruhe billigt Kontenabfrage weitgehend

Nachbesserungen erforderlich

Die seit rund zwei Jahren geltende Regelung zur Abfrage von Kontendaten mutmaßlicher Steuersünder durch die Finanzbehörden ist größtenteils mit dem Grundgesetz vereinbar. Das hat das Bundesverfassungsgericht in einem am 12. Juli in Karlsruhe veröffentlichten Beschluss entschieden. Die Regelung diene "Gemeinwohlbelangen von erheblicher Bedeutung". Ziel sei die "wirksame Strafverfolgung" und "steuerliche Belastungsgleichheit". Die Vorschrift erlaubt den Finanzbehörden einen automatisierten Abruf von Kontostammdaten der Bankkunden wie Name, Geburtsdatum, Kontonummern und Depots. Das Bundesverfassungsgericht unterstützte mit seinem Urteil auch die "Bekämpfung des Missbrauchs von Sozialleistungen".

Auf Kontenstände und -bewegungen kann auf diese Weise nicht zugegriffen werden. Zum Abruf der Kontostammdaten soll es laut Bundesfinanzministerium nur dann kommen, wenn der Steuerpflichtige Zweifel des Finanzamts an seinen Angaben in der Steuererklärung nicht ausräumen kann.

Erfolg hatten lediglich die Verfassungsbeschwerden einer Bezieherin von Wohngeld und eines Sozialhilfeempfängers. Nach Ansicht des Verfassungsgerichts ist in sozialrechtlichen Angelegenheiten "nicht präzise genug" geregelt, welche Behörden zu welchem Zweck Kontendaten abrufen dürfen. Dadurch würden die beiden Kläger in ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt. Dem Gesetzgeber stehe für eine verfassungsgemäße Neuregelung eine Frist bis 31. Mai 2008 zur Verfügung.

Allerdings dürfte diese jetzt erst veröffentlichte Forderung aus Karlsruhe de facto hinfällig sein. Denn die vom Verfassungsgericht bereits mit Beschluss vom 13. Juni 2007 verlangten Vorgaben sind im Unternehmenssteuerreformgesetz 2008 bereits erfüllt, das am 6. Juli 2007 vom Bundesrat gebilligt wurde. Der Bundestag hatte das Reformgesetz, das Anfang 2008 in Kraft tritt, bereits Ende Mai beschlossen.

"Ermächtigung zur Bekämpfung des Missbrauchs von Sozialleistungen ist verhältnismäßig"

Das Verfassungsgericht betonte weiter, dass die generelle Ermächtigung für die Behörden zur Erhebung von Kontostammdaten im sozialrechtlichen Bereich "nicht zu beanstanden" sei. Diese Ermächtigung sei verhältnismäßig, soweit sie nur für die Bekämpfung des Missbrauchs von Sozialleistungen und die Sicherstellung der Erhebung von Sozialabgaben angewandt werde.

Die bloßen Kontostammdaten sind nach Auffassung der Karlsruher Richter im Vergleich zu anderen Daten wenig sensibel. Die durch den Kontenabruf erlangten Informationen hätten "keine besondere Persönlichkeitsrelevanz, zumal die Behörde über die Kontoinhalte nichts erfährt". Kontenabrufe seien laut Gesetz auch nur bei "konkreten Verdachtsmomenten" der Steuerhinterziehung erlaubt. Routinemäßige oder anlasslose Abrufe "ins Blaue hinein" seien demnach unzulässig. Die Verfassungsbeschwerden einer Bank und eines Rechtsanwalts, der treuhänderisch Anderkonten für Mandanten führt, hatten keinen Erfolg.

Das Verfassungsgericht hatte bereits im März 2005 einen Eilantrag gegen das "Gesetz zur Förderung der Steuerehrlichkeit" abgelehnt, das am 1. April 2005 in Kraft trat.

Zur jetzigen Billigung des Kontenabrufs sagte der finanzpolitische Sprecher der FDP, Hermann Otto Solms, die "weitgehende Beseitigung des Bankgeheimnisses" sei falsch. Sie untergrabe das Vertrauen der Bürger in einen fairen Steuerstaat und befördere die Kapitalflucht aus Deutschland. "Bei einer künftigen Regierungsbeteiligung der FDP wird die Möglichkeit der Kontenabfragen durch die Finanzbehörden zurückgenommen", kündigte Solms an.