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Diskussion um Verhandlungen mit den Taliban

Afghanistan-Friedenskonferenz

Der Vorschlag des SPD-Chefs Kurt Beck für eine Afghanistan-Friedenskonferenz unter Einbeziehung der Taliban hat eine heftige Diskussion entfacht. Die mit dem Westen eng kooperierende derzeitige afghanische Regierung, die nach dem militärischen Sturz der Taliban an die Macht kam, lehnt eine solche Friedenskonferenz ab. Der afghanische Außenminister Rangin Dadfar Spanta sagte im NDR, es gebe keine moderaten Taliban. "So eine Klassifizierung ist eine Erfindung von denjenigen, die von Afghanistan keine Ahnung haben." Genauso gut könne man auch vorschlagen, eine Koalition mit der "moderaten NPD" in Rheinland-Pfalz zu schließen. In Deutschland fanden in den Jahren 2001, 2002 und 2004 drei internationale Afghanistan-Konferenzen statt - allerdings ohne die Taliban.

Den Tornado-Einsatz der Bundeswehr sieht Außenminister Spanta nach eigenem Bekunden positiv. "Das ist eine friedenssichernde Aufgabe." Man müsse in der Lage sein, die Bewegungen von Terroristen herauszufinden, zu analysieren und später zu kontrollieren. "Wir sind Deutschland dankbar. Das ist eine gute Entscheidung für Deutschland und Afghanistan", sagte der Politiker.

Auch CSU-Generalsekretär Markus Söder lehnt den Vorschlag von Beck ab. Man könne den früheren Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) viel vorwerfen, aber beim Thema Afghanistan habe er "klaren Kurs" gehalten. "Dieses Niveau erreicht Beck bei weitem nicht", sagte Söder der "Passauer Neuen Presse". Wer mit Terroristen kooperieren wolle, mache sie nur stärker.

Eine neue Friedensinitiative müsse in EU und NATO besprochen werden, forderte Söder. Mit seinem Vorstoß ignoriere Beck die internationalen Bündnisverpflichtungen Deutschlands. Man könne nicht glaubwürdig für den "Tornado"-Einsatz stimmen und sich gleichzeitig mit den Taliban-Terroristen an einen Tisch setzen wollen. "Das passt nicht zusammen", sagte Söder.

Ebenso hatte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages, Ruprecht Polenz (CDU), Beck kritisiert. Er glaube zwar, dass hinter Becks Vorschlag eine gute Absicht stehe, aber die Idee sei nicht zu Ende gedacht, sagte Polenz der Zeitung "Die Welt". Beck schätze die Taliban falsch ein. Diese seien eine totalitäre Bewegung, die eine Schreckensherrschaft errichtet habe und wiedererrichten würde, wenn sie die Macht hätte.

Das Konzept, das auf eine zivil-militärische Aufbauarbeit des Landes und eine Stabilisierung der Regierung von Präsident Hamid Karsai abziele, müsse gemeinsam umgesetzt werden. "Darum geht es und nicht um weitere Konferenzen", sagte Polenz.

Der Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele begrüßte den Vorstoß von Beck. "Ich glaube, man muss mit jedem reden, der selbst Gesprächsbereitschaft signalisiert also auch den Taliban", sagte Ströbele der in Hannover erscheinenden "Neuen Presse". "Ob das in Einzelgesprächen oder einer Konferenz sinnvoll ist und mit welchen Zielen, muss man sehen. Es darf nur keine Schauveranstaltung sein", so Ströbele.

Auf regionaler Ebene seien bereits erfolgreich Waffenstillstandsvereinbarungen unter Einbeziehung der Taliban geschlossen worden, sagte der Grünen-Politiker. Ziel sei nicht, die internationalen Truppen abzuziehen und "Afghanistan seinem Schicksal zu überlassen", so Ströbele. "Aber man sollte neue Wege gehen und auf dem Verhandlungsweg möglichst viel von dem retten, was an Aufbau und Errungenschaften erreicht wurde", sagte er.

Der SPD-Außenpolitiker Rolf Mützenich sprach sich dafür aus, mit bestimmten Fraktionen zu sprechen, nicht jedoch mit den Taliban. "Wenn wir den europäischen Ansatz der zivil-militärischen Aufbauhilfe stärken wollen, könnte eine Friedenskonferenz für Afghanistan helfen". Dazu werde man die Taliban selbst nicht einladen können. "Aber es gibt offenkundig Fraktionen in diesem Lager, die zu politischen Verabredungen bereit sind", sagte Mützenich.

Am 05-04-2007

"Feigheit der Kämpfer"

Bei einem Luftangriff der US-geführten Truppen in Afghanistan wurden offenbar sieben Kinder und mehrere gegnerische Soldaten getötet. Die Streitkräfte der "Operation Enduring Freedom" (OEF) entschuldigten sich einerseits für die Bombardierung, machten aber die afghanischen Kriegsgegner - im westlichen Sprachgebrauch handelt es sich um "Kämpfer", nicht um gegnerische Soldaten - für den Tod der Kinder verantwortlich. "Wir bedauern, dass Unschuldige ihr Leben aufgrund der Feigheit der Kämpfer verloren haben", so die US-Armee. Man habe übersehen, dass sich in dem bombardierten Gebäudekomplex auch eine Schule befunden hätte.

Nach Darstellung der US-Armee galt die Bombardierung einem Versteck von "al-Qaida-Kämpfern" im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet. Die Armee behauptete, das Areal einen Tag lang beobachtet und keinen Hinweis darauf gehabt zu haben, dass sich Kinder in der Schule aufhielten.

In den vergangenen Monaten starben immer wieder Gruppen von Zivilisten bei Luftangriffen der US-Armee in Afghanistan. Diese Vorfälle haben die antiwestliche Stimmung im Land stark ansteigen lassen.

Die von den USA geführten Truppen haben Afghanistan im Jahr 2001 militärisch angegriffen und die Taliban-Regierung gestürzt. Der Angriffskrieg wurde mit den Geschehnissen des 11. September 2001 gerechtfertigt. Seit Jahren tobt ein Krieg zwischen den - zum Teil als "ausländische Invasoren" kritisierten - westlichen Truppen und dem offenbar sehr heterogenen afghanischen Widerstand, der manchmal auch als "Volksaufstand" bezeichnet wird. Im Sprachgebrauch westlicher Militärs handelt es sich um "al-Qaida-Kämpfer" und "Taliban".

In den 1980er Jahren sollen die Taliban vom US-Geheimdienst CIA im Krieg gegen die damalige Besatzungsmacht Afghanistans, der Sowjetunion, unterstützt und mit aufgebaut worden sein.

Am 18-06-2007

"Mandat der Realität anpassen"

Im Streit um die anstehende Verlängerung der Afghanistan-Mandate fordern führende Koalitionspolitiker einen erweiterten Bundeswehreinsatz in Südafghanistan. "Wir müssen das Mandat der Realität anpassen", sagte der SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold der Wochenzeitung "Rheinischer Merkur". "Unsere Spezialkräfte werden nicht mehr gebraucht", so Arnold. "Aber es fehlen dringend Ausbildungskräfte für die afghanische Armee und Fernmeldetechniker im Süden."

Auch der Obmann der Unions-Fraktion im Auswärtigen Ausschuss, Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), kann sich über den Einsatz der "Tornado-Aufklärungsflugzeuge hinaus ein "Engagement" der Bundeswehr im Süden Afghanistans vorstellen. Der Druck der Verbündeten auf einen Einsatz im Süden sei "unverändert groß geblieben, wenn nicht gar gewachsen", sagte der Politiker dem Blatt.

Deshalb sollte Deutschland seine "militärischen Ressourcen" besser nutzen. "Diese könnten beispielsweise im Rahmen der Ausbildung der afghanischen Streitkräfte geschehen, die landesweit eingesetzt sind", so zu Guttenberg.

Deutscher General will mehr Truppen für Afghanistan

Der deutsche ISAF-General Bruno Kasdorf warnt vor einem Scheitern der NATO-Operation in Afghanistan und fordert daher eine deutliche Aufstockung der Truppen am Hindukusch. Dabei gehe es um "einige tausend" Soldaten, so Kasdorf am 28. Juni in Kabul. Gegenwärtig sind auf Seiten der NATO rund 40.000 Soldaten am Krieg in Afghanistan beteiligt. Zudem sprach er sich für einen Einsatz dieser Soldaten in ganz Afghanistan aus.

Ferner forderte der Stabschef im ISAF-Hauptquartier eine größere Ehrlichkeit in der Debatte über den Militäreinsatz in Afghanistan. Bei dieser "Mission" gehe es nicht um ein Engagement, "das nur wenige Jahre dauert", sagte er. Auch seien neue Anschläge auf die Internationale Schutztruppe und speziell auf die Bundeswehr im Vorfeld der Mandatsverlängerung im Herbst "nicht ausgeschlossen". Bei dem schwersten Anschlag seit knapp vier Jahren gegen die Bundeswehr in Afghanistan waren im Mai drei Soldaten getötet und vier weitere verletzt worden.

Vor diesem Hintergrund widersprach Kasdorf deutschen Forderungen nach einem Ausstieg aus der Anti-Terror-Operation "Enduring Freedom" (OEF). Die ISAF sei "auf jeden Beitrag" zum Schutz der eigenen Leute sowie der afghanischen Bevölkerung angewiesen. Zudem werde der OEF-Beitrag zur Ausbildung der afghanischen Polizei und Armee dringend gebraucht.

Auch ein rasches Ende des deutschen "Tornado"-Einsatzes ist nach Einschätzung des Generalmajors nicht in Sicht. Die ISAF-Truppen brauchten im Gegenteil zusätzliche Kapazitäten nicht nur für den Lufttransport, sondern auch für die Aufklärung. Bei den Bodentruppen wäre es gut, wenn sie von der ISAF-Führung "überall in Afghanistan" eingesetzt werden könnten.

SPD-Politiker sieht "Akzeptanzprobleme" bei Kriegseinsatz

SPD-Fraktionsvize Walter Kolbow hält eine Überprüfung der deutschen Beteiligung an der US-geführten Anti-Terror-Mission "Operation Enduring Freedom" (OEF) in Afghanistan für nötig. Gegen das OEF-Mandat gebe es in der SPD-Fraktion viele kritische Stimmen, sagte Kolbow am Donnerstag im ARD-"Morgenmagazin". Dagegen bestehe Einigkeit, den zivilen Aufbau weiterhin zu unterstützen.

Das ISAF-Mandat für den zivilen Wiederaufbau sei bei den Afghanen akzeptiert, betonte Kolbow. Mit der Anti-Terror-Mission seien dagegen viele Menschen in der Zivilbevölkerung zu Schaden gekommen, und es gebe "Akzeptanzprobleme". Nun müsse beurteilt werden, ob dies noch weiter sinnvoll sei.

Am 29-06-2007

"Wir sind nicht erpressbar"

Nach Darstellung von Außenamtssprecher Martin Jäger soll der deutsche Bauingenieur Rüdiger D. während der Geiselhaft in Afghanistan nach einem Kreislaufzusammenbruch erschossen worden sein. Der Mann aus Mecklenburg-Vorpommern habe zunächst einen Kreislaufkollaps erlitten und sei dann durch zwei Schüsse getötet worden. Das hat laut Jäger die Obduktion des Leichnams im Kölner Institut für Rechtsmedizin ergeben. Das Schicksal der zweiten Afghanistan-Geisel ist offenbar weiter ungewiss.

Nach Angaben von Jäger erlitt Rüdiger D. zunächst aufgrund der extremen Belastungssituation während der Entführung einen Kreislaufzusammenbruch. "Dieser Kollaps führte aber für sich genommen noch nicht zum Tod der Geisel. Auf das noch lebende Opfer wurde nach dessen Zusammenbruch zwei Mal geschossen", sagte der Sprecher. Nachdem der Bauingenieur gestorben war, seien angeblich noch vier weitere Schüsse auf den Körper des Mannes abgegeben worden.

Rüdiger D. und sein Kollege, der 62-jährige Rudolf B. aus Bayern, sollen am 18. Juli in Afghanistan entführt worden sein. Die Mitarbeiter eines in Kabul ansässigen Unternehmens sollen in der afghanischen Provinz Wardak, 100 Kilometer südwestlich der Hauptstadt, verschleppt worden sein.

Kanzleramtschef Thomas de Maizière (CDU) hatte vor Bekanntwerden des Obduktionsergebnisses die Haltung der Bundesregierung gegenüber Forderungen der Entführer erneuert. Die Regierung sei "nicht erpressbar. Daran hat sich nichts geändert", so de Maizière.

Damit reagierte der CDU-Politiker auf ein Video, auf dem Rudolf B. die Forderung der Geiselnehmer wiedergibt. Die Botschaft war am Dienstag vom arabischen Fernsehsender Al-Dschasira ausgestrahlt worden. Die Geiselnehmer fordern unter anderem den Abzug der Bundeswehr aus der Krisenregion. Das Video wird derzeit vom Krisenstab ausgewertet.

De Maizière sagte, mit Geiselnahmen und Selbstmordanschlägen solle der Prozess in Richtung Sicherheit und Entwicklung in Afghanistan gestört werden. Deshalb müsse man mit Entschlossenheit fortfahren.

Am 02-08-2007

Bodentruppen

Der SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold plädiert für eine Aufstockung der internationalen Streitkräfte in Afghanistan. Das Land brauche mehr Soldaten, sagte Arnold nach einer Afghanistanreise am 29. August im Deutschlandfunk. Angesichts der Kämpfe im Süden Afghanistans könne er Forderungen dortiger Generäle nach mehr Bodentruppen verstehen.

Zur Frage einer möglichen Verstärkung des Bundeswehr-Kontingents in Afghanistan sagte Arnold, zunächst müsse über die Aufgaben der Truppe gesprochen werden. Dann müssten die "militärischen Planer" ausrechnen, wie viel Personal sie dafür brauchen. "Wenn man feststellt, dass es mit 3500 Soldaten eben nicht leistbar ist, dann müssen wir auch den Mut haben, mehr zu mandatieren", fordert Arnold.

Im Verantwortungsbereich der Bundeswehr werden seiner Einschätzung nach "nicht wesentlich mehr Soldaten" benötigt. Dort sollte jedoch "manches Zusätzliche" geschehen. Ganz oben auf der Agenda müsse dabei stehen, mehr afghanische Armeesoldaten auszubilden, damit diese selbst für Sicherheit im Land sorgen können. "Das ist die einzige Chance, eines Tages auch wieder nach Deutschland zurückzukommen."

Der SPD-Politiker plädierte zudem dafür, eine Entsendung deutscher Militärausbilder in den Süden Afghanistans "nicht stringent" auszuschließen. Eine "generelle Erlaubnis" dafür soll es dagegen seiner Ansicht nach nicht geben.

Kritisch äußerte sich Arnold über eine weitere Beteiligung von Bundeswehr-Soldaten des "Kommandos Spezialkräfte" (KSK) an der US-geführten Anti-Terror-Operation "Enduring Freedom" (OEF) in Südafghanistan. "Meine Skepsis ist bei meinem Afghanistaneinsatz nicht gewichen", sagte er. Man könne "nicht alles gut heißen, was die Amerikaner dort tun".

Klaeden: Keine Militärausbilder im Süden Afghanistans Der außenpolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Eckart von Klaeden (CDU), hat Berichten widersprochen, wonach sich seine Fraktion für die Entsendung deutscher Militärausbilder in den Süden Afghanistans ausspreche. Klaeden sagte der "Süddeutschen Zeitung", entsprechende Meldungen beruhten auf "unverantwortlichem Gequatsche" von Leuten, die versuchten, eine regionale Ausweitung der deutschen Beteiligung an der Internationalen Schutztruppe ISAF " durch die Hintertür" zu erreichen.

Auch bei der dringend notwendigen Verbesserung der Ausbildung der afghanischen Armee müsse die deutsche Verantwortlichkeit aber auf den Norden Afghanistans beschränkt bleiben.

Das Ausbildungskonzept sehe vor, dass die Ausbilder die afghanischen Einheiten auch im Einsatz begleiteten. Dies müsse jedoch im Rahmen der auch vom Bundestag gebilligten regionalen Zuständigkeit für den Norden geschehen, sagte Klaeden. Das Mandat sehe einen zeitlich und im Umfang begrenzten Einsatz in anderen Landesteilen nur vor, wenn dies zur Erfüllung des ISAF-Gesamtauftrages unabweisbar sei.

Am 29-08-2007

Witwe vermutet Fluchtversuch

Die Witwe der ermordeten deutschen Afghanistan-Geisel Rüdiger D. glaubt an einen Fluchtversuch ihres Mannes, der trotz der Gefahren aus wirtschaftlicher Not dort tätig gewesen sei. "Mein Mann war kein Feigling", sagte die 41-jährige Martina D. der Illustrierten "Bunte". "Wahrscheinlich wollte er vor seinen Entführern fliehen oder hat versucht, sich gegen sie zu wehren. Dabei haben sie ihn erschossen."

Dass ihr 43-jähriger Ehemann aufgrund seiner Diabetes zusammengebrochen sein könnte und deshalb erschossen wurde, glaubt sie nicht: "Es ging ihm in Afghanistan sehr gut, er hatte ausgezeichnete Zuckerwerte." Die Obduktion hatte ergeben, dass der Bauingenieur zunächst einen Kreislaufkollaps erlitt und dann durch zwei Schüsse getötet wurde.

Ihr Mann und sie seien sich der permanenten Gefahr bewusst gewesen. "Ich hatte Angst, er hatte Angst", sagte Martina D. dem Magazin. In Afghanistan habe der Ingenieur aus wirtschaftlicher Not gearbeitet, weil in Deutschland die Aufträge ausgeblieben seien. Sein Tod habe sie zum Sozialfall gemacht. Sie und ihr Sohn lebten heute von "Hartz IV".

Nun hofft die Martina D. auf die baldige Freilassung von Rudolf B., der am 18. Juli zusammen mit ihrem Mann entführt worden war und noch immer festgehalten wird. Sie wünsche B., der ein guter Freund ihres Mannes gewesen sei, "dass er es schafft und er schnell befreit werden kann." Er sei ja auch der einzige, der ihr erzählen könnte, "was wirklich passiert ist".

Am 29-08-2007

Kritik an Gewerkschaftsführung

Mit mindestens 180 Veranstaltungen möchte die Friedensbewegung am 1. September an den Überfall der deutschen Wehrmacht auf Polen und damit an den Beginn des Zweiten Weltkriegs erinnern. Der Sprecher des Bundesausschuss Friedensratschlag, Peter Strutynski, erinnerte an die Losung "Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg" der überlebenden KZ-Häftlinge nach ihrer Befreiung. Deren Vermächtnis, dass nie wieder von deutschem Boden Krieg ausgehen dürfe, sei heute in der Außen- und Verteidigungspolitik Deutschlands in Vergessenheit geraten. Davon zeuge der NATO-Krieg gegen Jugoslawien 1999, an dem sich Deutschland genauso beteiligt habe wie an dem so genannten "Krieg gegen den Terror", der seit 2001 in Afghanistan geführt werde.

"Seit der frühere Verteidigungsminister Struck die Losung ausgab, Deutschland werde auch 'am Hindukusch verteidigt', ist das Operationsfeld für die Bundeswehr der gesamte Globus", kritisiert Strutynski. Vom Friedensauftrag des Grundgesetzes sei "nicht mehr viel übrig geblieben".

Eine Vielzahl der diesjährigen Veranstaltungen zum Antikriegstag befasse sich mit dem Krieg in Afghanistan und der deutschen Rolle dort. "Angesichts der bevorstehenden Entscheidung im Bundestag über die Verlängerung der Bundeswehreinsätze wendet sich die Friedensbewegung an die Parlamentarier, diesen Einsätzen die Zustimmung zu versagen", so Strutynski. Insofern könne der Antikriegstag als "Mobilisierungstag" für die zwei Wochen später, am 15. September stattfindende zentrale Demonstration der Friedensbewegung in Berlin angesehen werden.

Harte Kritik an Gewerkschaftsbossen: Kaum Engagement

Unzufrieden ist der Bundesausschuss Friedensratschlag offenbar mit den Aktivitäten der Gewerkschaftsführungen: "Die Aktivitäten der Gewerkschaften vor Ort zum Antikriegstag stehen auf eigentümliche Weise in Kontrast zur friedenspolitischen Zurückhaltung der Vorstände der Einzelgewerkschaften und des DGB auf Bundesebene", so die ungewöhnlich scharfe Kritik an der DGB-Spitze.

Die Bundeswehr aus Afghanistan zurück zu holen, den Umbau der ursprünglich als reine Verteidigungsarmee konstruierten Bundeswehr in eine weltweit eingreiffähige Interventionsarmee zu stoppen, "Abrüstung statt Sozialabbau" zu fordern, die Pläne des Innenministers Schäuble zum Einsatz der Bundeswehr im Inneren zu bekämpfen - "all das sind Forderungen, die dem DGB auch heute gut zu Gesicht stehen würden", meint Strutynski. "Die Gemeinsamkeit zwischen Friedens- und Gewerkschaftsbewegung sollte nicht nur auf unterer Ebene praktiziert, sondern auch von oben tatkräftig unterstützt werden".

Zwar könne man der zentralen Aussage im diesjährigen Aufruf des DGB zum 1. September könne auch von Seiten der Friedensbewegung uneingeschränkt zustimmen: "Die Erfahrung zeigt: Weder in Afghanistan noch im Nahen Osten kann Frieden mit Soldaten erzwungen werden." Doch dann könne auch ein größeres Engagement des DGB für die Beendigung des Afghanistan-Einsatzes erwartet werden. "Es gab Zeiten", so Strutynski, "wo der Schulterschluss enger und die Zusammenarbeit fruchtbarer war als heute".

Der Antikriegstag, vielerorts, vor allem im Osten, "Weltfriedenstag" genannt, wird traditionell von den im DGB zusammengeschlossenen Gewerkschaften und der Friedensbewegung begangen. 1957, also vor genau 50 Jahren, hat der DGB den Antikriegstag ins Leben gerufen.

Am 31-08-2007

Analyse

Die Grünen-Führung wollte den Sonderparteitag zum Afghanistan-Einsatz eigentlich verhindern. Doch die Parteibasis erzwang das Treffen, auf dem über die grüne Außen- und Kriegspolitik diskutiert werden soll. Im Vorfeld des Sonderparteitages am 15. September in Göttingen versucht nun die Partei- und Fraktionsführung das Geschehen zu steuern. Künast, Kuhn und Bütkikofer werben für die volle Unterstützung des Militärischen. Trittin und und Roth bieten sich den Kriegskritikern als Leitfiguren an. Auf dem Parteitag könnten alle fünf schließlich einen gemeinsamen Antrag aus dem Hut zaubern, dem dann eine breite Mehrheit folgt.

Am 4. September traten die Grünen-Vorsitzenden Claudia Roth und Reinhard Bütikofer mit gegensätzlichen Positionen an die Öffentlichkeit. Roth erneuerte ihre Kritik an der geplanten Zusammenlegung der Bundeswehr-Mandate für die ISAF-Mission und den "Tornado"-Einsatz. Damit könne sie im Bundestag nicht ISAF zustimmen und zugleich die "Tornado"-Einsatz ablehnen, beklagte die Grünen-Vorsitzende nach einer zweitägigen Klausurtagung des Parteivorstandes in Berlin und plädierte für eine Enthaltung bei der Parlamentsentscheidung.

Bütikofer unterstützt hingegen einen weiteren Einsatz der Aufklärungsflugzeuge und will auf dem Parteitag für eine Zustimmung zum ISAF-Mandat samt "Tornados" werben. Er verwies darauf, dass er wie Roth für eine Fortsetzung des ISAF-Mandates sei, doch bei der Bewertung des "Tornado"-Einsatzes zu einem anderen Ergebnis komme. Dieser Punkt sei jedoch nicht entscheidend, "auch wenn es natürlich besonders spannend ist, wenn sich eine Partei die Freiheit leistet, dass ihre zwei Vorsitzende da unterschiedliche Meinungen haben".

Der Parteichef arbeitete bereits auf eine Parteitagsformel hin: Entscheidend sei der von den Grünen geforderte "Strategiewechsel" mit deutlich mehr Anstrengungen beim zivilen Wiederaufbau. Vergleichbares hat soeben die Bundesregierung beschlossen.

Der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Fritz Kuhn, forderte von seiner Partei eine Zustimmung zu dem zusammengelegten Tornado- und Isaf-Mandat der Bundeswehr in Afghanistan. Er werde vor dem Afghanistan-Parteitag der Grünen "dafür streiten, dass wir für Isaf stimmen". Er wandte sich gegen Überlegungen im Leitantrag des Bundesvorstandes, die grünen Abgeordneten sollten sich wegen bei der Abstimmung im Bundestag enthalten, sagte Kuhn der Tageszeitung "Die Welt". "Die Grünen sollten sich bei einer so entscheidenden Frage nicht enthalten", sagte Kuhn.

"Tornados und Isaf kann man zusammenlegen", so Kuhn. "Dass es bislang zwei Mandate waren, liegt nur daran, dass die Tornado-Anforderung später kam."

Der einstmals dem linken Flügel der Partei zugehörige, nach seinem Ministeramt aber auch in der Opposition stets staatstragend agierende Fraktionsvize Jürgen Trittin bietet sich vor dem Sonderparteitag erstmals wieder als führender Kopf der Kriegskritiker an.

Am 2. September sagte er, dass eine Mehrheit der Partei den 'Tornado'-Einsatz "sehr kritisch" sehe. Es leuchte nicht ein, dass 70 Millionen Euro für Aufklärungsflüge verwendet werden, während es bei der zivilen Hilfe "massive Defizite" gebe. Dagegen bejahten die Grünen das ISAF-Mandat und die Beteiligung am Wiederaufbau, während sie zu OEF "einmütig Nein" sagten.

Als "reine Kosmetik" bezeichnete Trittin Pläne von Verteidigungsminister Jung, die Truppenstärke beim OEF-Mandat der Bundeswehr von 1800 auf 1400 Soldaten zu reduzieren. Schon seit Jahren werde nicht einmal die Hälfte an Soldaten eingesetzt.

Derzeit also streiten Künast, Kuhn, Bütkikofer, Trittin und Roth freundlich miteinander und bringen so die gespaltene Partei hinter sich. Wenn der grüne Sonderparteitag so verläuft wie so mancher Parteitag dieser Partei in der Vergangenheit, dann könnten die fünf Politiker am 15. September in Göttingen geschickt an einem Strang ziehen.

Am 05-09-2007

"Vorfälle haben zugenommen"

Die Bundesregierung ist über die Sicherheitslage in Afghanistan besorgt. Die Situation sei "weiter angespannt", heißt es in dem vom Bundeskabinett am 5. September verabschiedeten "Afghanistan-Konzept 2007". "Die sicherheitsrelevanten Vorfälle haben im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zugenommen, allerdings mit regional unterschiedlicher Ausprägung", wird in dem 19 Seiten umfassenden Papier festgestellt. "Im Süden verdoppelte sich die Zahl der Vorfälle, im Osten stieg sie um ein Drittel, im Norden stieg sie nur leicht".

Die Drogenproblematik sei sowohl ein Problem des zivilen Wiederaufbaus als auch eines der Sicherheitslage, wird in dem Papier ausgeführt. Der Drogenanbau habe auch in diesem Jahr wieder zugenommen. "Zwischen Drogenwirtschaft und angespannter Sicherheitslage, mangelnder Durchsetzungskraft afghanischer Regierungsorgane sowie regierungsfeindlichen Kräften besteht ein unmittelbarer Zusammenhang", wird erläutert.

"Vor diesem Hintergrund begünstigen die Verschärfung der Sicherheitslage und das Erstarken aufständischer Kräfte den Anbau von Schlafmohn sowie die Herstellung und den Handel mit Drogen", so die Bundesregierung.

Wieczorek-Zeul will lieber über Schulen statt über den Krieg in Afghanistan reden

Nach Ansicht von Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) wird über Afghanistan nicht richtig und nicht ausreichend berichtet. "Wir dürfen nicht ständig nur über die Schwierigkeiten reden, sondern müssen immer und immer wieder auch auf die Erfolge verweisen. Die Medien berichten leider vorrangig über Militäraktionen, statt über die Eröffnung neuer Schulen" sagte sie der "Berliner Zeitung".

Wenn mehr positive Nachrichten im Fernsehen kämen, würde sich auch die Bewertung ändern und die Deutschen den Afghanistan-Einsatz nicht mehr mehrheitlich ablehnen. "Ich finde grundsätzlich, dass die Diskussion über Afghanistan und die Konsequenzen unseres Eingreifens noch umfassender geführt werden sollte, von uns allen."

Eine Beendigung der deutschen Beteiligung an Operation Enduring Freedom lehnt sie ab. "Wir würden aber auf Mitsprache und Einfluss verzichten, wenn wir uns aus der Operation "Enduring Freedom" zurückzögen."

Linke: 125 Millionen für zivile Maßnahmen - 500 Millionen für militärische Maßnahmen

Die Linksfraktion im Deutschen Bundestag kritisierte eine "Weiter-so-Politik". Nach wie vor dominiere der militärische Beitrag die deutsche Afghanistan-Politik. Zwar wolle die Bundesregierung die Mittel für den zivilen Wiederaufbau auf 125 Millionen Euro aufstocken und für den Aufbau der Polizei 60 Polizisten entsenden. Für den Militäreinsatz stelle man jedoch an die 500 Millionen Euro und rund 3600 Soldaten zur Verfügung.

Dieses Verhältnis zeige: "An der unheilvollen Fixierung der Bundesregierung auf eine militärische Lösung hat sich nichts geändert. Nach wie vor soll die Bundeswehr das Rückgrat deutschen Engagements in Afghanistan darstellen, nach wie vor sollen zivile Aktivitäten eng mit dem Militäreinsatz vernetzt bleiben, der durch anhaltende Erfolglosigkeit und steigende zivile Opferzahlen längst diskreditiert ist." Die Linke fordert einen Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan.

Am 05-09-2007

"Wir sagen nicht Ja und nicht Nein"

Im Streit über das Abstimmungsverhalten bei der Bundestagsentscheidung zur Verlängerung des ISAF- und "Tornado"-Einsatzes in Afghanistan hat sich die Grünen-Führung auf eine gemeinsame Linie verständigt. Demnach möchte die Parteiführung, dass die Parteibasis auf dem Sonderparteitag der Grünen am 15. September in Göttingen den Bundestagsabgeordneten keine konkrete "Empfehlung" geben, ob sie dem zusammengelegten ISAF- und "Tornado"-Mandat zustimmen sollen oder nicht.

Vielmehr heißt es in einer vom Parteivorstand am 10. September beschlossenen Änderung des Leitantrages zum Parteitag, in der Fraktion werde es zu dem zusammengelegten Mandat "Zustimmung wie Nichtzustimmung" geben. "Wir erwarten, dass die Bundestagsfraktion trotz dieses Unterschiedes sich gemeinsam sowohl gegen ein falsches Ja wie gegen ein falsches Nein abgrenzt: Die Politik von Bündnis 90/Die Grünen sagt nicht Ja zum Kurs der Bundesregierung und nicht Nein zur Verantwortung im Rahmen von ISAF", heißt es in dem Papier weiter.

Erarbeitet wurde die Neuformulierung laut Parteichef Reinhard Bütikofer vom Parteivorstand und den Fraktionsvorsitzenden Renate Künast und Fritz Kuhn sowie von Fraktionsvize Jürgen Trittin und dem Grünen-Wehrexperten Winfried Nachtwei. Der vom Bundesvorstand einstimmig verabschiedete Passus sei auch vom Parteirat bei zwei Enthaltungen "einhellig unterstützt" worden.

Hintergrund ist die Absicht der Bundesregierung, bei der Bundestagsabstimmung über die Verlängerung der Mandate den bei den Grünen umstrittenen "Tornado"-Einsatz mit der ISAF-Mission zu verbinden. Nach dem Leitantrag des Bundesvorstandes für den Parteitag sollten die Delegierten ursprünglich entscheiden, ob sie den Grünen-Abgeordneten eine Enthaltung bei der Abstimmung im Parlament empfehlen. Kuhn und Künast sowie Bütikofer hatten sich indes offen für eine Zustimmung ausgesprochen.

Bütikofer sagte, die Grünen stünden zur Verantwortung für Afghanistan, aber seien nicht bereit, "einer falschen Politik der Bundesregierung Rückendeckung zu geben". Deren Afghanistan-Konzept sei ein "nichts anderes als ein lauwarmes 'Weiter so'", von dem sich seine Partei abgrenze.

Auf dem Sonderparteitag in Göttingen ist nach seinen Worten eine klare Unterstützung für den ISAF-Einsatz sowie für die Forderung nach einem Strategiewechsel hin zu mehr Anstrengungen beim zivilen Wiederaufbau und die Ablehnung der US-geführten Anti-Terror-Operation "Enduring Freedom" (OEF) zu erwarten. Umstrittener werde dagegen die Parteitagsentscheidung zu den "Tornado"-Einsätzen sein.

Im Bundestag werde es dann bei der Abstimmung über das ISAF- und "Tornado"-Mandat" aus der Grünen-Fraktion sowohl "Ja"- als auch "Nein"-Stimmen und Enthaltungen geben, sagte Bütikofer. Daher wäre es falsch zu sagen, dass eine dieser Abstimmungsoptionen von vornherein vom Tisch sei.

Grünen-Fraktionschefin Renate Künast begrüßte, dass in der Neuformulierung akzeptiert werde, wenn Abgeordnete dem verbundenen Mandat zustimmen. In einem Entschließungsantrag werde die Fraktion nochmals zusammenfassen, was für sie die "dringend nötigen weiteren Schritte" in der Afghanistan-Politik seien. Sie verwies zugleich darauf, dass die Fraktion bei der Ablehnung des OEF-Einsatzes und der Zustimmung zum ISAF-Einsatz ebenso eine einheitliche Position habe wie in der Kritik an den mangelnden Anstrengungen am zivilen Wiederaufbau.

Merkel redet mit Partei- und Fraktionschefs über Afghanistan

Im Vorfeld der Bundestags-Debatten über Afghanistan will Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die Partei- und Fraktionschefs über die neue Afghanistan-Strategie der Bundesregierung informieren. Das Treffen soll am 13. September stattfinden, sagte FDP-Chef Guido Westerwelle in Berlin.

Noch im September stehen die Beratungen über das Mandat für den Einsatz der ISAF-Schutztruppe an, das nach dem Willen der Regierungskoalition mit dem Mandat für die Aufklärungs-"Tornados" zusammengelegt werden soll. Eine Verlängerung des "Anti-Terror-Mandats" "Enduring Freedom" soll auf Wunsch der SPD erst im November im Bundestag getrennt abgestimmt werden.

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Am 10-09-2007