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"Weltbank will Landwirtschaft ohne Kleinbauern"

Liberalisierung, Gentechnik und Exportsteigerung

Zum Beginn ihrer Herbsttagung will die Weltbank am 19. Oktober den Weltentwicklungsbericht zum Thema Landwirtschaft und Entwicklung vorstellen. Die Organisation FIAN und sechs weitere deutsche Nichtregierungsorganisationen (NRO) wissen offenbar schon, was die Weltbank vorschlagen wird. Sie kritisieren, die "Neue Landwirtschaft" der Weltbank sei eine Landwirtschaft ohne Kleinbauern, so Roman Herre von FIAN Deutschland. "Der Weltentwicklungsbericht recycelt die altbekannten Rezepte der Liberalisierung, Gentechnik und Exportsteigerung. Den Kleinbauern, die durch diese Politik marginalisiert werden, erweist die Weltbank damit einen Bärendienst. Diese machen die Hälfte aller Hungernden aus und müssten eigentlich erste Zielgruppe der Landwirtschaftsförderung sein."

Die Weltbank fordere zwar zu Recht für Arme zunächst einen verbesserten Zugang zu Ressourcen wie Land, Wasser, Krediten und Bildung, so Herre. "Die Konzepte der Weltbank werden aber das Gegenteil bewirken." So empfiehlt sie sichere Bodeneigentumsrechte sowie liberalisierte Boden- und Bodenpachtmärkte, "um das Land an die produktivsten Nutzer zu übertragen, die Teilhabe im nicht landwirtschaftlichen Sektor auf dem Land sowie die Migration aus der Landwirtschaft zu ermöglichen", wie es in der "near-final version" des Weltentwicklungsberichts heiße.

"Faktisch sind die produktivsten Nutzer jedoch selten die Ärmsten", so Herre. Übertragbare Landtitel erhöhen seiner Auffassung nach die Gefahr, dass Kleinbauern durch dynamische Exportbetriebe oder Bergbaukonzerne verdrängt werden. Diese Gefahr sei durch den derzeitigen Boom der Soja-, Zucker-, Raps und Palmölproduktion für Agrartreibstoffe akuter denn je.

Als Ergebnis der Doha-Runde der Welthandelsorganisation WTO hoffe die Weltbank auf "möglichst radikale Zollsenkungen". Ausnahmeregelungen für Entwicklungsländer wolle sie nur sehr begrenzt gelten lassen, behauptet der FIAN-Experte. "Die Vorschläge erinnern an jene der US-Regierung, für die Weltbankpräsident Robert Zoellick zuvor als Handelsminister gearbeitet hat", so Armin Paasch, Handelsreferent von FIAN Deutschland.

Jüngste Fallstudien von Brot für die Welt und FIAN zeigen den eigenen Angaben zufolge, "dass die Liberalisierung des Reissektors in Ghana, Honduras und Indonesien wesentlich zu Verletzungen des Menschenrechts auf Nahrung von Reisbauern beigetragen hat. Diese wurden durch Billigimporte von ihren lokalen Märkten verdrängt und waren nicht mehr in der Lage, sich angemessen zu ernähren." Die Weltbank und der IWF tragen nach Auffassung der von Paasch in allen drei Ländern eine zentrale Mitschuld. "Ihre wirtschaftspolitischen Kreditauflagen haben zur Marktöffnung geführt und zur Steigerung der schädlichen Billigimporte beigetragen."

FIAN fordert von Wieczorek-Zeul: Keine wirtschaftspolitische Auflagen für Entwicklungsländer, die die Ernährungslage verschlechtern könnten

Vor diesem Hintergrund fordert FIAN, dass IWF und Weltbank vor den Menschenrechtsgremien der UNO regelmäßig Rechenschaft ablegen müssen. "Auf der Herbsttagung sollte Ministerin Wieczorek-Zeul deutlich machen, dass IWF und Weltbank keinen Freibrief für Menschenrechstverletzungen besitzen", so Armin Paasch. "Die Bundesregierung sollte auch ihre Beiträge an den Weltbankarm International Development Association (IDA) an die Bedingung knüpfen, dass die Weltbank bei der Kreditvergabe den Entwicklungsländern keinerlei wirtschaftspolitische Auflagen macht, die zu Verletzungen des Menschenrechts auf Nahrung führen könnten." Die Verhandlungen zur "Wiederauffüllung" der IDA-Fonds laufen gerade und könnten nach Auffassung von FIAN als Hebel für Veränderungen genutzt werden.