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Ypsilanti hält Hintertür zur Linken offen

Gesprächsangebot an FDP

Hessens SPD hält sich die Möglichkeit einer Unterstützung durch die Linkspartei weiter offen. Weder die Landtagsfraktion noch der Fraktionsvorstand der SPD fassten am 26. Februar in Wiesbaden Beschlüsse, ob sich Landes- und Fraktionschefin Andrea Ypsilanti bei der konstituierenden Parlamentssitzung am 5. April mit den Stimmen der Linken zur Ministerpräsidentin wählen lässt. Stattdessen will die SPD noch einmal bei den Liberalen für eine "Ampel"-Koalition werben. Die Liberalen lehnen das aber weiter ab. Derweil stellen die Linken Bedingungen für eine Zusammenarbeit mit der SPD. Ypsilanti sagte, die Fraktion habe einstimmig beschlossen, noch einmal auf die FDP zuzugehen. Dazu solle in den kommenden Tagen ein Papier mit den Mindestanforderungen für einen Dialog an die anderen Parteien geschickt werden.

Das Papier werde an Grüne, FDP und die CDU, nicht aber an die Linke gehen, sagte Ypsilanti. Anderweitige Optionen werde sie "erst auf die Tagesordnung setzen, wenn alle anderen Gespräche gescheitert sind".

In der Sitzung wurden offenbar zwei Papiere behandelt: Das eine stellt die Gemeinsamkeiten der SPD mit CDU, FDP und Grünen dar, das andere skizziert den "Regierungsauftrag" für die SPD in einem Fünf-Parteien-Landtag.

Ypsilanti sagte nach der Sitzung, diese Frage sei nicht entschieden, "das ist nicht einmal in mir selbst entschieden". Zudem gehe es nicht um ihren persönlichen Machtanspruch. Ziel sei, die SPD-Politik umzusetzen und eine stabile Regierungsmehrheit zustande zu bekommen. "Ich fasse keine Vorratsbeschlüsse für andere Optionen", so Ypsilanti. Welche Variante die SPD letztlich wähle, müsse ohnehin der SPD-Parteitag Ende März entscheiden.

FDP-Fraktionschef Jörg-Uwe Hahn sagte, auch Ypsilantis neueste Vorschläge überzeugten die FDP nicht, in Koalitionsverhandlungen einzutreten. Die Differenzen seien zu groß. Das Hamburger Ergebnis bestätige ihn, eine "Jamaika"-Koalition auszuloten. Enttäuscht äußerte sich Hahn über die CDU: "Das Starren darauf, sich in die Geschäftsführung zu retten", sei zu wenig. "Die Hyperaktivität von Frau Ypsilanti ist zu viel, die Apathie der CDU ist zu wenig."

Mehrere SPD-Politiker sprachen sich gegen den Öffnungskurs von Parteichef Kurt Beck gegenüber der Linken aus. Der am 25. Februar nahezu einstimmig gefassten Beschluss des SPD-Präsidiums sei ein gefährlicher Fehler. Die Linke lobte dagegen die "Trendwende" in der SPD. Die SPD-Führung hatte auf Initiative von Parteichef Kurt Beck die Entscheidung über eine Zusammenarbeit mit der Linken ihren Landesverbänden überlassen.

Der hessische SPD-Fraktionsvize und Ypsilanti-Konkurrent Jürgen Walter nannte den Beschluss der Parteispitze "falsch und ausgesprochen gefährlich". Damit sei eine "sehr grundlegende Neujustierung der SPD-Politik" vollzogen worden. Nun sollten Gespräche mit FDP und Grünen zur Bildung einer "Ampel"-Koalition geführt werden. Bei deren Scheitern werde SPD-Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti der Partei einen Vorschlag machen. Er selbst halte es für falsch, wenn sich Ypsilanti dann mit den Stimmen der Linken zur Regierungschefin wählen lasse. Wenn sich die Partei aber dafür entscheide, werde die SPD-Fraktion geschlossen hinter Ypsilanti stehen, versicherte Walter.

Der SPD-Bundestagsabgeordnete und Sprecher des konservativen Seeheimer Kreises, Johannes Kahrs, kritisierte ebenfalls den neuen Kurs: "Durch drei Andeutungen und einen Präsidiumsbeschluss kann man eine Partei nicht auf einen komplett neuen Kurs bringen. Das geht so nicht. Und deswegen halte ich das für einen Fehler." Der Beschluss sei "schwierig" und werde die Partei "in große Schwierigkeiten stürzen", so Kahrs.

Auch Kahrs Kollege als Seeheimer-Sprecher, SPD-Fraktionsvize Klaas Hübner nannte es einen "Fehler", wenn sich Ypsilanti mit den Stimmen der Linken wählen lassen würde. Die Parteispitze habe dem hessischen Landesverband zwar freie Hand gegeben. Dieser habe sich aber "vor der Wahl bereits klar positioniert", indem auch Ypsilanti gesagt habe, "dass sie keinerlei Zusammenarbeit mit der Linkspartei eingehen will. Ich gehe davon aus, dass dieses Wort weiterhin gilt, denn ansonsten würde man an Glaubwürdigkeit verlieren."

Niedersachsens SPD-Vorsitzender Garrelt Duin sah ebenfalls ein "massives Glaubwürdigkeitsproblem" und warnte vor negativen Folgen für den Bundestagswahlkampf 2009. Duin hatte als einziger Vertreter im SPD-Bundesvorstand mit Nein gestimmt.

SPD-Bundesvize Andrea Nahles sagte dagegen, ihre Partei müsse sich fragen, wie sie eine stabile Regierung erreichen könne, wenn sich die FDP einer Zusammenarbeit mit SPD und Grünen verweigere.

SPD-Vorstandsmitglied Hermann Scheer hat bestätigt, dass sich die hessische SPD-Vorsitzende Andrea Ypsilanti notfalls mit den Stimmen der Linkspartei zur Ministerpräsidentin wählen lassen will. "Das wäre die Ultima ratio, um Roland Koch (CDU) abzuwählen", sagte Scheer der Hannoverschen "Neuen Presse". Scheer, der als Wirtschafts- und Umweltminister in einer Regierung unter Ypsilanti im Gespräch ist, sagte, zunächst wolle Ypsilanti mit den Grünen und der FDP sprechen, um eine stabile Koalition in Hessen hinzubekommen.

Darüber hinaus empfehle der SPD-Parteivorstand auch Sondierungsgespräche mit der CDU, die aber auf Basis eines Mindestbedingungskataloges geführt werden müssten. "An erster Stelle steht dabei der Verzicht von Roland Koch auf das Amt des Ministerpräsidenten", betonte Scheer. Sollten alle diese Bemühungen scheitern, stehe es der SPD in Hessen frei, dass sich Ypsilanti im Landtag zur Wahl stelle. "Das ist nicht der Fahrplan. Aber wenn alles andere scheitert, könnte das die schlichte Notwendigkeit werden, um einen Politikwechsel zu erreichen", sagte Scheer.

Er betonte, eine solche Minderheitsregierung sei nicht an Absprachen mit der Linkspartei gebunden. Auf die Frage, ob sich die SPD nun generell für eine Zusammenarbeit mit den Linken öffne, sagte Scheer: "Das muss die SPD in jedem Land selbst entscheiden." Die mit Abstand größten Hindernisse gebe es im Bund, vor allem wegen der außenpolitischen Positionen der Linkspartei. Da sei eine Zusammenarbeit gegenwärtig aussichtslos.

Linksfraktionschef Willi van Ooyen sagte, die Linke wolle "möglichst schnell" einige Punkte ihrer Politik durchsetzen, allen voran die Abschaffung der Studiengebühren. Ooyen sagte, die Linke werde Ypsilanti zur Ministerpräsidentin wählen. Für eine weitere Zusammenarbeit müsse es aber Gespräche geben: "Wenn wir ein Kabinett mit inthronisieren sollen, müssen wir wissen, wer die sind und was die wollen". Die Linke selbst wolle aber keine Kabinettsposten besetzen, so Ooyen.

Linke und Grüne wollten sich am 26. Februar zu Gesprächen treffen. "Geheimverhandlungen" mit der SPD gebe es aber nicht, sagte Ooyen: Mit Ypsilanti habe er "noch nicht einmal einen Kaffee getrunken".

Die Suche nach einer Regierungsmehrheit ist auch Thema von Beratungen des SPD-Landesvorstands am 27. Februar. Der Vorstand tritt sich am Nachmittag in der Zentrale der Frankfurter SPD.