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Deutschland entgeht einer Verurteilung durch den Menschenrechts-Gerichtshof

Folter-Androhung war unrechtmäßig

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg wies am Montag (30. Juni) eine Grundrechtsklage des zu lebenslanger Haft verurteilten Magnus Gäfgen wegen eines angeblichen Verstoßes gegen die Europäische Menschenrechtskonvention ab. Gäfgen wollte in Straßburg eine Verurteilung Deutschlands erreichen, weil ihm hessische Polizeibeamte im Verhör nach der Festnahme Folter angedroht hatten. In Artikel 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention heißt es: "Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden." In Artikel 6 geht es um ein faires Verfahren, das jeder Person zusteht. Im Straßburger Urteil heißt es nun, Deutschland habe weder gegen das Folterverbot verstoßen noch gegen das Recht auf ein faires Verfahren. Die Straßburger Richter bestätigten dennoch Gäfgens Auffassung, dass die Gewaltdrohung eine Verletzung von Artikel 3 der Menschenrechtskonvention (Verbot der Folter) darstellte. Die Entscheidung des EGMR fiel mit sechs zu eins Stimmen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Anwalt erwägt Einspruch.

Der zu lebenslanger Haft verurteilte Mörder des Frankfurter Bankierssohns Jakob von Metzler, Magnus Gäfgen, kann jedenfalls nicht auf eine baldige Wiederaufnahme seines Verfahrens und damit ein milderes Urteil hoffen.

Gäfgens Anwalt Michael Heuchemer wollte nach der Urteilsverkündung aber nicht ausschließen, Einspruch einzulegen. Er und sein Mandant würden die Entscheidung jetzt zunächst in Ruhe prüfen, sagte Heuchemer.

Für den Fall eines Erfolgs in Straßburg hatte Heuchemer angekündigt, eine Wiederaufnahme von Gäfgens Verfahrens beantragen zu wollen. In den vergangenen Jahren hatte Gäfgen bereits mehrfach versucht, seine im Jahr 2003 erfolgte Verurteilung anzufechten. Der Bundesgerichtshof und das Bundesverfassungsgericht wiesen die Klagen jedoch zurück.

Gäfgen hatte den elfjährigen Jakob von Metzler im Herbst 2002 entführt und erstickt. Obwohl der Junge bereits tot war, verlangte er von den Eltern des Jungen eine Million Euro Lösegeld. Kurz nach der Geldübergabe wurde Gäfgen festgenommen.

Der damalige Frankfurter Polizeivizepräsident Wolfgang Daschner ließ ihm im Verhör Gewalt androhen, um den Aufenthaltsort des entführten Jungen zu erfahren. Daschner glaubte scheinbar, dass Jakob noch lebt. Im Angesicht der angedrohten Gewalt packte Gäfgen schließlich aus und verriet das Versteck der Leiche.

Straßburger Richter: Folterandrohung wurde "ausgeglichen"

Die Straßburger Richter bestätigten am Montag zwar Gäfgens Auffassung, dass die Gewaltdrohung eine Verletzung von Artikel 3 der Menschenrechtskonvention (Verbot der Folter) darstellte. Durch die spätere Verurteilung der beiden verantwortlichen Polizeibeamten habe Gäfgen jedoch Genugtuung erfahren. Zudem seien die unter der Folterandrohung erlangten Aussagen in seinem Prozess nicht verwertet worden. Dies sei ein "effektives Mittel" gewesen, um die in seinem Strafverfahren erlittenen Nachteile "auszugleichen".

Laut dem EGMR kann Gäfgen nun offenbar nicht mehr behaupten, Opfer einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung zu sein. Die Straßburger Richter stellten zugleich fest, dass Gäfgen - anders als von ihm behauptet - einen fairen Prozess erhalten hat.

Sollte Gäfgens Anwalt Einspruch einlegen, müsste sich ein aus fünf Richtern bestehender Ausschuss noch einmal mit dem Fall befassen.