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Ex-Wehrmachtsoffizier bestreitet Beteiligung an 14-fachem Rachemord im Jahr 1944

Rachemord der deutschen Armee

Ruhig und scheinbar ungerührt ließ der 90-jährige Josef S. das minutenlange Blitzlichtgewitter über sich ergehen, als am Montag (15. September) unter großem öffentlichem Interesse in München der Prozess gegen den ehemaligen Offizier der Deutschen Wehrmacht begann. Ihm wird vorgeworfen, im Juni 1944 einen Rachemord an 14 Italienern nach einem Partisanen-Überfall auf drei deutsche Soldaten mitorganisiert zu haben. Persönlich wollte der ehemalige Kompanieführer zum Prozessauftakt keine Stellung zu den Beschuldigungen nehmen. Dies überließ er seinen beiden Anwälten, Christian Stünkel und Rainer Thesen.

Stünkel verlas eine Erklärung seines Mandaten, in der dieser bestreitet, Kenntnisse von den Vorfällen im italienischen Falzano di Cortona gehabt zu haben. Thesen stellte den Antrag, ein historisch-militärisches Gutachten erstellen zu lassen, um zu beweisen, dass es sich bei der Partisanenverfolgung nach den Regeln der Wehrmacht um eine "von höherer Stelle geplante Aktion" gehandelt haben müsse. Die Kammer zog sich daraufhin zur Beratung zurück und will am 29. September weiterverhandeln.

Der Anklage zufolge sollen deutsche Soldaten auf der Suche nach Partisanen zunächst vier Menschen erschossen haben. Außerdem sollen sie elf weitere Italiener in ein Bauernhaus getrieben, dieses verriegelt und mit Dynamit in die Luft gesprengt haben, wie die Staatsanwälte Hans-Joachim Lutz und Thomas Steinhaus-Koch darlegten. Anschließend sollen Soldaten mit zwei Maschinengewehren in die Ruine geschossen haben. Nur ein 15-jähriger Jugendlicher soll überlebt haben.

Verteidiger Stünkel beschwerte sich in seiner Erklärung, dass Josef S. überhaupt für prozesstauglich befunden wurde und er den "Strapazen" eines solchen Verfahrens ausgesetzt werde. Sein Mandant leide an einer Hörschwäche. Als der Vorsitzende Richter Manfred Götzl den Angeklagten zur Angabe seiner Personalien aufforderte, wiederholten seine Verteidiger die Fragen für ihn. Erst als dem 90-Jährigen ein Kopfhörer gereicht wurde, hörte er nach eigener Aussage "gut". Er verfolgte die Verhandlung fast durchgängig mit geschlossenen Augen und beantwortete die Fragen des Vorsitzenden, ob er sich den Ausführungen seines Verteidigers anschließe, immer nur mit einem kurzen "ja".

In seinem Vortrag beteuerte Stünkel, der Angeklagte sei zur Zeit der Vorfälle mit der Reparatur einer Brücke beschäftigt gewesen, um den Rückzug der deutschen Truppen nach Norditalien zu ermöglichen. Die Staatsanwaltschaft lege in ihrer Anklage weder die Aussagen von "Ohr- und Augenzeugen" noch "Urkunden über Befehle" vor, kritisierte der Anwalt.

Als Stünkel in seiner Erklärung bemerkte, dass eine solche Tat "mit Sicherheit" durch die Gerichtsbarkeit der Deutschen Wehrmacht verfolgt worden wäre und Josef S. sich dann auch an einer Aufklärung beteiligt hätte, reagierten viele der anwesenden Zuhörer mit höhnischem Gelächter.

Der Angeklagte war im Jahr 2006 in einem Militärprozess im italienischen La Spezia in Abwesenheit zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Die Vertreterin von mehreren Angehörigen der Opfer, Gabriele Heinecke, betonte, das Verfahren sei nicht wie von Stünkel beschrieben ein "politisch-historischer Selbstzweck". Ihre Mandanten, die als Nebenkläger auftreten, hätten "64 Jahre gewartet, dass aufgeklärt wird" und dass "Herr S. Verantwortung übernimmt".