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Kabinett verlängert Beteiligung am Anti-Terror-Krieg

"Die größten Erdöl- und Erdgasressourcen der Welt"

Nach dem Willen der Bundesregierung sollen sich deutsche Soldaten bis Ende 2009 weiter am US-geführten Anti-Terrorkampf beteiligen. Das Kabinett billigte dafür am Mittwoch (29. Oktober) in Berlin eine Verlängerung des Mandats für die "Operation Enduring Freedom" (OEF). Dessen Obergrenze soll von 1400 auf 800 Soldaten sinken.

Derzeit kontrollieren nach Angaben des Verteidigungsministeriums 90 Bundeswehr-Soldaten unter OEF die Seewege am Horn von Afrika. Zur Anti-Terror-Bekämpfung zählt auch die NATO-Mission "Active Endeavour" (OAE) im Mittelmeer mit derzeit 24 deutschen Soldaten.

Die Bereitstellung von bis zu 100 Mann des Kommandos Spezialkräfte (KSK) für Afghanistan unter OEF soll künftig entfallen. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hatte dies kürzlich damit begründet, dass die KSK-Soldaten schon seit Jahren nicht mehr angefordert worden seien. Die Truppe kann allerdings auch künftig im Rahmen der Afghanistan-Schutztruppe ISAF zum Einsatz kommen. Der Bundestag wird über das OEF-Mandat am 13. November entscheiden.

Linke-Fraktionsvize Monika Knoche kritisierte, das Kabinett behindere weiter die friedliche Entwicklung Afghanistans. Die Bundesregierung folge nach wie vor "unreflektiert dem verheerenden Konzept des 'Kriegs gegen Terror'". Die Anzahl der tatsächlich eingesetzten Truppen bleibe gleich und das KSK sei seit 2005 ohnehin nur noch unter ISAF-Mandat im Einsatz.

Grünen-Fraktionsvize Jürgen Trittin und der Grünen-Sicherheitsexperte Winfried Nachtwei forderten, OEF zu beenden. Die Stabilisierung und der Staatsaufbau in Afghanistan seien in Gefahr, wenn es nicht einen umfassenden Strategiewechsel gebe. "Der Antiterrorkrieg fordert viel zu viele zivile Opfer und gefährdet den Erfolg der ISAF-Mission", hieß es in einer gemeinsamen Erklärung Trittins und Nachtweis. Die Piratenbekämpfung am Horn von Afrika könne zudem nicht mit Antiterrorkampf begründet werden. Dafür benötige die Regierung ein vollkommen neues Mandat.

Verteidigungsministerium: Verstärkung des Rechtsschutzes von Soldaten im Auslandseinsatz

Das Verteidigungsministerium verwies unterdessen auf eine Verstärkung des Rechtsschutzes von Soldaten im Auslandseinsatz. Nach einer neugefassten Regelung des Innenministeriums trage der Bund "künftig bei allen Bundesbediensteten, die wegen einer dienstlichen Tätigkeit im Ausland einer Straftat gegen das Leben oder die körperliche Unversehrtheit beschuldigt oder verdächtigt werden, die notwendigen Kosten ihrer strafrechtlichen Rechtsverteidigung". Der Anspruch entfalle allerdings rückwirkend bei einer Verurteilung wegen einer vorsätzlichen Straftat.

Strutynski: Der ganze Erdball wird zum Kriegsschauplatz erklärt

Der Sprecher des Bundesausschusses Friedensratschlag, Peter Strutynski, kritisierte, es vergehe kaum ein Tag, "an dem in Afghanistan nicht Zivilpersonen, darunter Frauen und Kinder, bei Kampfeinsätzen der NATO ums Leben kommen. So sind am Wochenende acht Mitarbeiter einer Straßenbaufirma bei einem US-Luftangriff, der sich angeblich gegen 'Terroristen' richtete, getötet worden. Bei einem Vorfall am letzten Freitag (24. Okt.) haben Bundeswehrsoldaten an einer Straßensperre ein Auto beschossen und dabei fünf Insassen verletzt, zwei davon schwer", so Strutynski.

Er innert auch daran, dass am 26. Oktober die US-Armee vom Irak aus einen tödlichen Angriff auf ein Dorf in Syrien geflogen hat, etwa acht km jenseits der irakisch-syrischen Grenze. "Fazit: Neun getötete und 14 verletzte Zivilisten, die mit dem Bau eines zivilen Gebäudes beschäftigt waren."

Nach Auffassung von Strutynski geht es den USA, der NATO und Deutschland im sogenannten Anti-Terror-Krieg nicht in erster Linie um die Bekämpfung des Terrorismus, "sondern um die militärische Durchsetzung geostrategischer Interessen, die sich um die Kontrolle des Nahen/Mittleren Ostens und Zentralasiens mit den größten Erdöl- und Erdgasressourcen der Welt drehen".

Es liege in der Logik dieses Krieges, dass er sich geografisch nicht eingrenzen lasse und in der Konsequenz den ganzen Erdball zum Kriegsschauplatz erkläre. Längst sei der Afghanistankrieg auf Pakistan ausgeweitet worden, und die Pläne der USA, mittels Militärintervention einen Regimewechsel im Iran herbeizuführen, seien ebenso nicht ad acta gelegt.

Ob der Angriff auf syrisches Territorium zudem eine militärische Eskalation im Nahen Osten provozieren solle, um dem angeschlagenen Präsidentschaftskandidaten McCain zurück ins Rennen zu verhelfen, "wollen wir dahin gestellt sein lassen", so Strutynski. Wichtiger sei die Botschaft, dass der US-geführte "Krieg gegen den Terror" keine Rücksicht auf das Völkerrecht wie etwa auf die Unverletzlichkeit der Grenzen und auf Leib und Leben der Menschen nehme.

"Diesem System hat sich auch die Bundesregierung verschrieben", so Strutynski. "Es gibt keine Proteste oder gar diplomatische Demarchen von Seiten Berlins beim Verbündeten USA wegen der Ausweitung des Kriegs auf Pakistan oder wegen der US-Kriegsführung in Irak. Wer schweigt, macht sich mitschuldig."