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Europaparlament beschloss EU-Pflanzenschutzpaket

"Systemwechsel"

Das Europäische Parlament hat am Dienstag (13. Januar) dem Kompromiss zum EU-Pflanzenschutzpaket mit großer Mehrheit zugestimmt. Besonders bedenkliche Stoffe werden künftig aus Pflanzenschutzmitteln verbannt. Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) begrüßte den Beschluss: "Das Verbot bedenklichster Stoffe in Pflanzenschutzmitteln ist ein Riesenfortschritt. Die Agrarindustrie steht jetzt in der Pflicht, den Landwirtinnen und Landwirten umweltfreundlichere Alternativlösungen zur Verfügung zu stellen. Aus meiner Sicht bietet dieser Innovationsanreiz aus Brüssel gerade für den Chemiestandort Deutschland große Chancen", so Gabriel. Mit Recht könne das EU-Pflanzenschutzrecht jetzt als wegweisendes Instrument des Umweltschutzes bezeichnet werden. Beschränkungen der Verwendung chemischer Pflanzenschutzmittel sollen zusätzlichen Schutz bringen. Fest umrissene Reduktionsziele und Maßnahmen müssen nun national festgelegt werden.

Das vom Parlament beschlossene neue Zulassungsverfahren für Pflanzenschutzmittel ist nach Darstellung des Bundesumweltministeriums "ein Systemwechsel zugunsten der Umwelt". Besonders bedenkliche Stoffe sind künftig in Pflanzenschutzmitteln verboten – ungeachtet der Mengen, die bei Umwelt und Verbraucher tatsächlich ankommen. Dies gilt unter anderem für giftige Stoffe, die sich in der Umwelt anreichern oder solche, die zu den international geächteten langlebigen organischen Verbindungen, den so genannten POP-Stoffen, gehören. Auch nachweislich krebserzeugende, erbgutverändernde oder die Fortpflanzungsfähigkeit schädigende Stoffe sowie Stoffe, die das Hormonsystem stören, werden künftig EU-weit vom Zulassungsverfahren für Pflanzenschutzmittel-Wirkstoffe ausgeschlossen.

Für Wirkstoffe, die solche bedenklichen Eigenschaften nicht haben, bleibt es den Angaben zufolge weiterhin bei der "gründlichen Risikobewertung".

Das Europäische Parlament hat darüber hinaus Regelungen zugestimmt, welche EU-weit nicht nur die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln, sondern auch deren Verwendung regeln. Zukünftig soll beim Pflanzenschutz eine Abwägung stattfinden, damit solchen Verfahren der Vorzug gegeben wird, die möglichst geringe Auswirkungen auf Mensch und Umwelt haben.

Zu diesem Zweck soll ab 2014 der von der Chemieindustrie propagierte "Integrierte Pflanzenschutz" verpflichtend werden, der weit von ökologischen Standards entfernt ist.

Weiterhin soll das Sprühen vom Flugzeug oder Hubschrauber aus, abgesehen von begrenzten Ausnahmen, verboten werden. In einem Nationalen Aktionsplan muss jeder EU-Mitgliedsstaat künftig Reduktionsziele, Maßnahmen und Zeitpläne festlegen, um die Risiken und Auswirkungen der Pflanzenschutzmittel-Anwendung auf Mensch und Umwelt zu verringern.

Der Ministerrat muss dem Kompromiss formal noch zustimmen.

Breyer: Sternstunde für Europa

Die Europaabgeordnete Hiltrud Breyer (Grüne) begrüßte das Pflanzenschutzpaket. "Heute ist ein Meilenstein für den Umwelt- und Gesundheitsschutz gesetzt. Weltweit erstmalig gibt es einen Ausstiegsbeschluss zu hochgefährlichen Pestiziden", so Breyer. Bereits 2009 werde den ersten hochtoxischen Pestiziden keine neue Zulassung gegeben.

"Der europäische Ausstiegsbeschluss aus gefährlichen Pestiziden ist eine Sternstunde für Europa", so Breyer. "Gerade vor dem Hintergrund des massiven Lobbydrucks von Pestizidindustrie und Landwirtschaftsvertretern, die noch bis zuletzt die Verbote aufweichen wollten, ist die Abstimmung ein Riesenerfolg." Die Europäische Union nehme damit eine Vorreiterrolle ein. "Es zeigt sich, dass die EU auf die Überholspur gesetzt werden kann für bahnbrechenden Gesundheitsschutz."

Die Entscheidung habe internationale Signalwirkung, da Obst und Gemüse, welches aus Drittländern in die EU eingeführt werde, keine in Europa illegalen Pestizide enthalten dürfe. Damit dürften beispielsweise Bananen aus Costa Rica in Zukunft keine Pestizide mehr enthalten, die die Fortpflanzung schädigten.

Die Hartnäckigkeit des Europaparlaments hat sich nach Auffassung von Breyer auch bei der vorgesehenen Ausnahmeregelung für die Verbote ausgezahlt. So habe das Parlament die Bedingungen für die Ausnahmen verschärft.

Mit der Forderung an die EU-Kommission, eine Kosten-Nutzen-Analyse zu erstellen und daraus Gesetzesvorschläge sei auch der Einstieg in "den elektronischen Feldpass" geschafft, so Breyer. "Durch die vorgesehenen verbesserten Dokumentationspflichten kann der Groß- und Einzelhandel schon jetzt bessere Rückverfolgbarkeit von den Lebensmittelproduzenten einfordern."