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Atommülllager Asse II - Die Geschichte II

Fragen zu Atommüll-Versuchsendlager - Erneute Sitzung von Umweltausschuss zu Asse II noch in Sommerpause

Im Skandal um die Pannen im niedersächsischen Atommüll-Endlager Asse II will die SPD angeblich den Aufklärungsdruck erhöhen. Auf Antrag der SPD-Landtagsfraktion finde noch am 23. Juli eine weitere Sondersitzung des Umweltausschusses statt, kündigte die umweltpolitische Fraktionssprecherin Petra Emmerich-Kopatsch am Donnerstag (10. Juli) an. "Wir wollen die Sommerpause dazu nutzen, alle Sachverhalte zügig und vollständig zu klären", so Emmerich-Kopatsch. Díe Grünen fordern einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss.

Nach ihren Angaben wird zu diesem Termin unter anderem auch der ehemalige Umweltstaatssekretär Christian Eberl eingeladen. Er sei "in den entscheidenden letzten fünf Jahren im Amt" gewesen. "Wir erwarten, dass er uns wichtige Details zur Wahrnehmung der Atom- und Dienstaufsicht durch das niedersächsische Umweltministerium berichten kann", sagte Emmerich-Kopatsch zur Begründung.

Einen mehrfach von den Grünen geforderten Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Asse hält die Umweltexpertin nicht für effektiv. Er könnte erst im Oktober seine Arbeit aufnehmen. "Bis dahin können wir aber im Umweltausschuss schon vieles geklärt haben", so Emmerich-Kopatsch. Schnelle Aufklärung und schnelle, aber fundierte Entscheidungen über die Zukunft der Asse stünden auch im Interesse der in Nachbarschaft des Endlagers wohnenden Menschen im Mittelpunkt. "Es soll sich aber niemand täuschen: Wenn es nicht möglich ist, die Vorgänge restlos aufzuklären, dann steht für uns der PUA als 'Ultima Ratio'", betonte Emmerich-Kopatsch.

Am 10-07-2008

Atomkraftgegner fordern Rückholung

Nach dem Betreiberwechsel im Atommülllager Asse bemühen sich die Beteiligten nun um einen Fahrplan für die Flutung des Bergwerks. Die Rede ist hierbei von einer "Schließung" des Atomlagers. was an Orwell'schen Neusprech erinnert. Dabei hängen die weiteren Schritte nach Ansicht von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) maßgeblich von einem Gutachten zur Standsicherheit ab, das im Oktober vorgelegt werden soll. Die von Atomkraftgegnern geforderte Rückholung des eingelagerten Atommülls komme nur in Frage, wenn die Sicherheit der Grube länger gewährleistet sei als bislang angenommen, sagte Gabriel. "Das geht überhaupt nur, wenn wir das Deckgebirge so stabil halten können, dass wir deutlich mehr Zeit haben als bis zum Jahr 2015", sagte Gabriel. Diesen Zeitpunkt hatte der bisherige Betreiber Helmholtz Zentrum München genannt und beantragt, das Bergwerk mit einer Magnesiumchlorid-Lösung zu fluten. Kritiker warnen hingegen, dass radioaktive Stoffe so leichter ins Grundwasser gelangen könnten. Zudem wären die Abfälle dann nicht mehr rückholbar.

Der neue Betreiber, das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS), räumt der Arbeit in der Asse nach eigenen Angaben "höchste Priorität" ein. "Die Menschen wollen zurecht wissen, welches Risiko von den nuklearen Abfällen in dem Bergwerk ausgeht und welche fachlich belastbaren Vorschläge zur Lösung des Problems existieren", sagte BfS-Präsident Wolfram König.

Akzteptanzbeschaffung für Atommüll: "Vertrauen der Anwohner"

"Wir wollen mit größtmöglicher Transparenz vorgehen, um das Vertrauen der Anwohner zu gewinnen", kündigte König an. Das BfS könne aber erst tätig werden, wenn das Bundeskabinett wie angekündigt Ende September den Betreiberwechsel formal vollzogen habe. Vertreter der Bundesregierung, der niedersächsischen Landesregierung und von Behörden kamen am Freitagnachmittag in Salzgitter zusammen, um Einzelheiten des Betreiberwechsels für die Asse zu klären.

Niedersächsisches Umweltministerium soll Hinweise übersehen haben

Wie die "Neue Osnabrücker Zeitung" unter Verweis auf den am Mittwoch bekanntgemachten Statusbericht zur Asse berichtete, hätte das niedersächsische Umweltministerium schon vor zweieinhalb Jahren über radioaktiv verseuchte Lauge im Atommülllager Asse informiert sein können. Es hätte jedoch entsprechende Hinweise in einer Dokumentation übersehen.

Danach erhielt das Ministerium 2006 vom Betreiber einen Bericht, in dem die Einleitung von radioaktiv belasteten Lösungen aus der 750-Meter-Sohle in den Tiefenaufschluss des Bergwerks geschildert wird.

Die Linke im niedersächsischen Landtag zeigte sich "sprachlos", dass das Ministerium die Informationen über die Laugenaustritte "überlesen" habe.

Die Anti-Atom-Bewegung berät an diesem Wochenende in Braunschweig über Konsequenzen aus den Pannen im Atommülllager Asse. Auf der Tagesordnung des dreitägigen Treffens stehe zudem der Protest gegen weitere Castortransporte nach Gorleben, sagte Konferenz-Sprecher Peter Dickel am Freitag.

DGB: Asse II nicht per Flutung stilllegen

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) erklärte sich in einem Grußwort an die Herbstkonferenz mit den Forderungen der Atomkraftgegner in der Region Asse solidarisch. "Wir fordern, Asse II nicht per Flutung stillzulegen. Der Atommüll muss rückholbar bleiben", heißt es in dem Schreiben. Gewerkschaften unterstützen seit langem auch den Protest gegen das geplante Atommüllendlager Schacht Konrad nahe Salzgitter.

Nach Angaben von Umweltschützern aus Lüchow-Dannenberg soll in der zweiten Novemberwoche wieder ein Castortransport aus der französischen Wiederaufarbeitungsanlage La Hague ins Zwischenlager Gorleben rollen. Bereits Mitte Juli hatten Atomkraftgegner für den 8. November in Gorleben eine bundesweite Demonstration gegen den Transport angekündigt.

Am 05-09-2008

"Druck gemacht"

Das Atommülllager Asse in Niedersachsen ist in den 1960er Jahren offenbar unter fragwürdigen Bedingungen in Betrieb genommen worden. So soll das Kernforschungszentrum Karlsruhe damals eine ergebnisoffene Eignungsprüfung des Bergwerks für die Einlagerung von Atommüll verhindert haben. Karlsruhe habe 1965 mit Verweis auf beengte eigene Lagerkapazitäten "Druck gemacht", sagte am Montag (8. September) der Sprecher des Jugendumweltnetzwerks Niedersachsen, Tobias Darge. Vom Kernforschungszentrum Karlsruhe stammt der größte Teil des in das Lager Asse transportierten schwach- und mittelradioaktiven Mülls.

In einem Brief an den damaligen Asse-Betreiber, die Gesellschaft für Strahlenforschung (GSF), schrieb das Kernforschungszentrum am 4. August 1965: "Wir bitten Sie, alle Vorkehrungen zu treffen, so dass noch in diesem Jahr mit der Versuchseinlagerung von radioaktiven Abfällen begonnen werden kann." Andernfalls müsse das Kernforschungszentrum "umgehend Maßnahmen zum Bau einer neuen Lagerhalle ergreifen, was wir angesichts der Finanzlage dringend vermeiden wollen".

In einem zwei Wochen später verfassten Schreiben an das Bundesforschungsministerium warnte die GSF zwar zunächst davor, dem Anliegen aus Karlsruhe stattzugeben: "Nach dem Schreiben handelt es sich nicht um eine Versuchseinlagerung einer begrenzten Anzahl von Fässern, sondern um die Aufnahme eines erheblichen Teiles der radioaktiven Rückstände." Nach Angaben des Jugendumweltnetzwerkes hat die GSF trotz ihrer Bedenken am 18. November 1966 jedoch die Einlagerung radioaktiver Stoffe ins Bergwerk Asse beantragt. Dieser Antrag sei nach nur vier Monaten von den Bergbehörden in Niedersachsen genehmigt worden. Die Einlagerung von nuklearen Abfällen begann im April 1967.

Angesichts der "katastrophalen Zustände" im Atommülllager Asse sei eine weitere Atommüllproduktion nicht zu verantworten, erklärte unterdessen die atomkritische Ärzteorganisation IPPNW. Offensichtlich seien weder die Energiekonzerne als Verursacher des Atommülls noch die Politik oder die zuständigen Kontrollbehörden in der Lage, für eine sichere Abschirmung der bisher angefallenen Abfälle zu sorgen.

Die Bürgerinitiative (BI) Umweltschutz Lüchow-Dannenberg forderte die Grünen auf, einem Endlager in Gorleben und der weiteren Nutzung der Kernkraft eine Absage zu erteilen. Die Pannen im Atomlager Asse II seien "ein Menetekel für Gorleben", sagte BI-Sprecher Wolfgang Ehmke. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) habe "mit ihren kopflosen Erklärungen pro Atom in den vergangenen Tagen den Rückwärtsgang in der Energiepolitik eingelegt".

Das Bundesumweltministerium wies derweil Vorwürfe der Union zurück, es gebe bislang kein Endlagerkonzept. Tatsächlich habe Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) ein solches Konzept "vor ziemlich genau zwei Jahren" den Spitzen der Koalitionsfraktionen vorgelegt. Allerdings weigere sich die Unions-Fraktion seither "beharrlich, es zur Kenntnis zu nehmen", sagte Ministeriumssprecher Michael Schroeren. Gabriels Plan sieht im Kern vor, dass neben Gorleben noch ein bis zwei weitere Standorte erkundet werden sollen. Die Union lehnt das unter anderem mit Verweis auf zu hohe Kosten ab.

Am 08-09-2008

Helmholtz Zentrum wollte trotz Kritik fluten

Die für das Atommülllager Asse zuständigen Behörden haben bereits vor mehr als zehn Jahren vor einer Flutung des Grubengebäudes gewarnt. "Eine endgültige Verfüllung des Bergwerkes durch Verwendung von Flüssigkeiten statt durch Feststoff-Versatz scheidet aus", heißt es in einer schriftlichen "Gefahrenabschätzung für die Schachtanlage Asse" vom 1. Juli 1997. Die drei Behörden gelangten in dem Gutachten zu dem Schluss, eine sichere Schließung der Asse sei "mit einer kontrollierten Flutung selbst dann nicht zu erreichen, wenn hierfür eine an Magnesiumchlorid gesättigte Lösung zur Verfügung stünde". Eine Flutung der Grube stelle "wegen der eingelagerten radioaktiven Abfälle keine geeignete Abschlussmaßnahme" dar.

Verfasser der Expertise waren im Auftrag des niedersächsischen Umweltministeriums das Landesamt für Bodenforschung, das Oberbergamt in Clausthal-Zellerfeld sowie das Bergamt Goslar. Das Dokument war bislang nicht öffentlich bekannt.

Entgegen der klaren Empfehlungen beantragte der bisherige Asse-Betreiber Helmholtz Zentrum München im vergangenen Jahr, das Lager mit einer Magnesiumchlorid-Lösung zu fluten und die Kammern und Hohlräume auf diese Weise dauerhaft zu verschließen.

Atomkraftgegner warnen dagegen seit Jahren vor einer solchen Maßnahme gewarnt. Sie befürchten, dass die eingelagerten radioaktiven Stoffe bei einer Flutung leichter ins Grundwasser und an die Umwelt gelangen könnten.

Seit dem angekündigten Betreiberwechsel zum Bundesamt für Strahlenschutz werden - zumindest offiziell - auch andere Optionen für eine Schließung wie etwa eine Verfüllung des Bergwerks mit Feststoffen oder eine Rückholung des Atommülls geprüft.

Am 22-09-2008

"Terminplan" für Atommüll-Lager

Die Entscheidung über die so genannte "Schließung" des Atommülllagers Asse fällt nach Ansicht des Landkreises Wolfenbüttel wohl nicht mehr in diesem Jahr. Eine Prüfung möglicher Optionen müsse gründlich erfolgen und stehe erst am Anfang, teilte die vom Kreis eingesetzte Asse-Begleitgruppe am Freitag (10. Oktober) nach Gesprächen mit den bisherigen und künftigen Betreibern mit. Kurzfristige Ergebnisse noch in diesem Jahr seien "nicht realistisch". Allerdings erwarte das Begleitgremium bis zu seiner nächsten Sitzung im Dezember einen Terminplan. Als mögliche Varianten sind eine Verfüllung des Bergwerks mit Flüssigkeiten oder Feststoffen, aber auch die Rückholung der eingelagerten Abfälle oder eines Teils davon im Gespräch. Einem neuen Gutachten zufolge stürzt das unterirdische Grubengebäude erst ein paar Jahre später ein als bislang erwartet.

Der herausgeholte Müll käme dann wahrscheinlich in das genehmigte Endlager für schwach- und mittelaktive Atomabfälle Schacht Konrad.

Gutachten: Die Asse stürzt erst bis zu 15 Jahre später ein

Ein neues Gutachten der Bochumer Consulting-Firma CDM sieht Möglichkeiten zur Stabilisierung der Asse. Das unterirdische Grubengebäude würde demnach nicht bereits wie bislang angenommen ab 2014, sondern erst bis zu 15 Jahre später einstürzen. Dazu müssten die unterirdischen Kammern und Gänge unter anderem durch Pfeiler stabilisiert werden.

Das Bundesamt für Strahlenschutz übernimmt zum 1. Januar die Regie für das Bergwerk Asse vom bisherigen Betreiber Helmholtz Zentrum München. Das Begleitgremium, in dem Kommunalpolitiker, Bürgerinitiativen und unabhängige Fachleute mitarbeiten, begleitet den Prozess der "Schließung".

Am 10-10-2008

Einsturz-Gefahr

Der drohende Einsturz einer Kammer im Atommülllager Asse hat einen heftigen politischen Streit ausgelöst. Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) habe als Betreiber des Bergwerks seine Informationen über die Einsturzgefahr fast sechs Wochen lang zurückgehalten, kritisierte Die Linke im niedersächsischen Landtag. Der umweltpolitische Sprecher Kurt Herzog sagte am Freitag (16. Januar), von der versprochenen Transparenz des BfS sei "nichts zu spüren."

Das Bundesamt hat dies zurückgewiesen. Öffentlich hatte die Behörde erstmals am späten Mittwochabend im Internet darüber informiert, dass eine Kammer vom Einsturz bedroht sei.

Nach offiziellen Angaben lagern in dem betroffenen Hohlraum etwa 6000 Fässer mit schwach radioaktivem Atommüll. Die Grünen im niedersächsischen Landtag bezweifeln diese Darstellung. Die Kammer 4 sei von 1967 bis 1971 als erste mit bis dahin in der Bundesrepublik angefallenem Atommüll befüllt worden, sagte Fraktionschef Stefan Wenzel. "Es wäre interessant zu wissen, was damals tatsächlich eingelagert wurde", sagte er.

Grüne und Linke warnten davor, die beschädigte Kammer mit Beton zu befüllen. "Es ist jetzt wichtig, besonnen vorzugehen und bei den notwendigen Stabilisierungsmaßnahmen keine Fakten zu schaffen, die eine spätere Rückholung des Atommülls verhindern", sagte die umweltpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Sylvia Kotting-Uhl.

Der Linke-Politiker Herzog zeigte sich "skeptisch, ob das BfS angesichts der Einsturzgefahr nicht doch auf die Flutungspläne des abgelösten Asse-Betreibers Helmholtz-Zentrum zurückgreift". Das Bundesamt habe dieses Vorhaben zwar grundsätzlich aufgegeben, als Rettungsmaßnahme für den Notfall aber ausdrücklich nicht ausgeschlossen.

Am 16-01-2009

Sonderverpackungen mit Bleiummantelung

Nach den neuerlichen Schäden im Atommülllager Asse begehren Umweltschützer einmal mehr Auskunft über das radioaktive Inventar des Bergwerks. "Es muss endlich geklärt werden, was da wirklich drin ist", sagte Michael Fuder vom Asse-II-Koordinationskreis am Dienstag (20. Januar) in Hannover. Nach Angaben der Umweltschützer befinden sich unter den insgesamt rund 6000 Atommüllfässern in der Kammer 4 auch zehn sogenannte Sonderverpackungen mit Bleiummantelung. "Wir wissen nicht, was sie enthalten", sagte Fuder. "Üblicherweise werden radioaktive Abfälle aber dann mit Blei ummantelt, wenn sie stark strahlen."

Die offiziellen Angaben seien nicht ausreichend. Vorrangig müssten in der akut vom Einsturz bedrohten Einlagerungskammer Proben genommen werden. Gleichzeitig gab es Kritik an der Novelle zum Atomgesetz.

Dem Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) ist nach eigenen Angaben die Existenz der zehn als "Sonderverpackungen" deklarierten Abfallgebinde bekannt. Die Behörde teile die Forderung nach Aufklärung über den Inhalt, sagte Sprecher Florian Emrich. Informationen könnten durch erneute Befragungen früherer Mitarbeiter oder in den Hohlraum eingelassene Sonden beschafft werden. Zunächst gehe es jedoch darum, die beschädigte Kammer zu stabilisieren, sagte Emrich.

Der Asse-II-Koordinationskreis und Umweltverbände verlangten auch Nachbesserungen an der Novelle des Atomgesetzes, die am Mittwoch im Bundestag beraten werden sollte. "Die Novelle ist eine 'Lex Asse'", sagte Fuder. Dem Gesetzesentwurf zufolge solle das Bergwerk zwar nach dem Atomrecht geschlossen werden, die Asse selbst werde aber nicht zum Atommüllendlager erklärt.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) verlangte vor der Schließung des Bergwerks einen "wissenschaftlich seriösen" Vergleich aller möglichen Optionen. Die brisante Lage mit der Gefahr einstürzender Decken und der Freisetzung von Radioaktivität könne die Bergung zumindest eines Teils des Atommülls erfordern. Damit dies auch möglich und gesichert sei, müsse eine Prüfung der Rückholbarkeit gesetzlich festgeschrieben werden, sagte der Energieexperte des BUND, Thorben Becker.

Der Text des Gesetzesentwurfs lasse "Interpretationen zu, die nicht akzeptabel sind", sagte die Grünen-Europaabgeordnete Rebecca Harms. Die Novelle müsse festschreiben, dass "gleichberechtigt zu anderen Wegen" auch eine Rückholung des Atommülls geprüft werde. Bisher lasse der Entwurf befürchten, dass der Optionenvergleich nicht so ergebnisoffen vorgesehen sei, wie behauptet.

Am 20-01-2009

Behörden und Gutachter wissen bescheid

Wieder einmal, weiß es eine Behörde ganz genau: Bei einem Deckeneinsturz im Atommülllager Asse und einer Beschädigung der dort liegenden Atommüllfässer würde keine Radioaktivität freigesetzt, teilte das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) am Mittwoch (28. Januar) mit. Der bereits bestehende Verschluss der Kammer könne dem dann erhöhten Luftdruck standhalten, ist sich die Behörde sicher. Sie berief sich auf ein von ihr in Auftrag gegebenes gebirgsmechanisches Gutachten. Schon in der Vergangenheit stellten Gutachter den Atomaufsichtsbehörden stets Persilscheine aus. So wurden auch die Atomkraftwerke Harrisburg in den USA und Tschernobyl in der Ukraine als sicher bewertet - bevor es in diesen Anlagen zu den Unfällen kam.

"Aus Vorsorgegründen" wolle das BfS aber dennoch eine zusätzliche Sicherung einbauen und den Verschluss der Kammer 4 mit einem weiteren Betonpfropfen verstärken. Ob längerfristige Prozesse an anderen Stellen der Kammer zu einem allmählichen Austritt von Radionukliden führen können, werde derzeit noch in einem radiologischen Gutachten geprüft. Ergebnisse erwarte das Bundesamt im Verlauf des Februar.

Messungen des vorherigen Asse-Betreibers hatten Ende 2008 ergeben, dass sich in der Einlagerungskammer 4 auf der 750-Meter-Sohle Teile der Decke lösen und auf die in der Kammer lagernden schwachradioaktiven Abfälle stürzen könnten. Von Gutachtern und Behörden wurde dies in der Vergangenheit stets ausgeschlossen.

Am 28-01-2009

Atommüll-Lager

Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) möchte offenbar die Öffentlichkeit beruhigen. Die Behörde überprüft künftig das Trinkwasser der Ortschaft Kissenbrück auf Radioaktivität aus dem nahe gelegenen Atommülllager Asse. Eine erste Probe sei in dieser Woche genommen worden, teilte das BfS am Freitag (30. Januar) mit. Zukünftig werde die Probe einmal monatlich von der Gemeinde selbst entnommen und dem Bundesamt übergeben. Die Untersuchungsergebnisse würden auf der Internetseite des BfS zur Asse veröffentlicht.

Kissenbrück in der Samtgemeinde Asse ist nicht an das öffentliche Trinkwassernetz angeschlossen, sondern wird über zwei lokale Brunnen mit Wasser versorgt. Es stammt nach BfS-Angaben aus Gesteinen, die an den Höhenzug Asse heranreichen. Es gebe im Ort Befürchtungen, dass Radionuklide aus dem Bereich des Atommülllagers in die Brunnen gelangen könnten.

Am 30-01-2009

Radioaktives Cäsium, Kobalt-60, Strontium-90 und Tritium

Im Atommülllager Asse sind radioaktiv belastete Laugen schon wesentlich früher umgelagert worden, als bisher bekannt war. Wie das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) am Dienstag (10. Febuar) berichtete, wurden kontaminierte Lösungen bereits 1988 aus dem sogenannten Laugensumpf vor der Einlagerungskammer 12 in 750 Meter Tiefe abgepumpt und in andere Bereiche des Bergwerks geschafft. Bisher war die Praxis lediglich aus der Zeit seit dem Jahr 2005 bekannt.

Das BfS berief sich auf den Bericht eines Bergmannes vom vergangenen Dezember, den die Behörde im Januar ausgewertet hatte. Demnach wurde die verstrahlte Flüssigkeit in Stahlblechbehältern mit einem Gabelstapler in die Kammer 11 auf der 700-Meter-Sohle gebracht. Dort seien die Lösungen aus den Behältern auf Gesteinsbrocken in dem teilweise verfüllten Hohlraum abgelassen worden. "Um welche Mengen es sich dabei gehandelt hat und wo die radioaktiv kontaminierten Laugen verblieben sind, ist nicht bekannt", erklärte das Bundesamt.

Die schon 1988 abgepumpten Lösungen waren dem BfS zufolge mit radioaktivem Cäsium, Kobalt-60, Strontium-90 und Tritium belastet. Nach Untersuchungen des niedersächsischen Umweltministeriums stammen diese Substanzen sehr wahrscheinlich aus den schwachradioaktiven Abfällen, die in Kammer 12 eingelagert sind.

Das BfS, das seit Jahresbeginn Betreiber der Asse ist, berichtete zudem von "Lösungen unbekannter Herkunft" aus der 750-Meter-Sohle, die zwischen 1984 und 1986 bei der Verfüllung einer Abbaukammer auf der 658-Meter-Sohle zur Staubbindung eingesetzt worden seien. Ob diese Lösungen ebenfalls kontaminiert waren, konnte die Behörde nicht sagen. Der Sachverhalt werde derzeit geprüft, hieß es.

Der frühere Asse-Betreiber Helmholtz-Zentrum München hatte ab 2005 ohne eine erforderliche Umgangsgenehmigung kontaminierte Salzlösungen in tiefere Teile des Bergwerks gekippt. Die radioaktive Belastung dieser Flüssigkeiten lag weit über den Grenzwerten. Das Vorgehen wurde im Juni 2008 gestoppt.

Am 10-02-2009

"Inventarbericht"

Die Energieversorger müssen nach Ansicht von Greenpeace zwei Drittel der Kosten für die Schließung des maroden Atommülllagers Asse übernehmen. Der Atomexperte der Umweltorganisation, Heinz Smital, sagte am Montag (23. Februar) zur Begründung, mehr als 70 Prozent des radioaktiven Abfalls in dem Bergwerk stammten aus deutschen Atomkraftwerken.

Dagegen hatte der Geschäftsführer des Deutschen Atomforums, Dieter Marx, am Wochenende erklärt, nur 20 Prozent der Asse-Abfälle kämen von den Stromversorgern. Marx wies gleichzeitig Forderungen von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) zurück, die Atomwirtschaft solle sich an den Kosten für die Schließung der Asse beteiligen.

Alleine 63 Prozent der Asse-Radioaktivität habe der Energiekonzern EnBW zu verantworten, sagte Smital. Der Anteil der Abfälle aus Atomkraftwerken von RWE betrage sechs Prozent. Smital berief sich auf einen Inventarbericht, den seine Organisation ausgewertet hat.

Die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg erklärte, zwei Drittel des Atommülls in der Asse stammten aus den Atomkraftwerken Obrigheim (Baden-Württemberg) und Gundremmingen (Bayern). Insgesamt wurden knapp 126.000 Fässer mit schwach- und mittelradioaktivem Müll zwischen 1967 und 1978 in das Bergwerk gebracht.

"EnBW und Co. tricksen und täuschen", sagte Smital. Jahrelang hätten die Energiekonzerne von der "billigen Atommüllkippe" Asse profitiert. Nun wollten sie den Steuerzahler allein die Zeche zahlen lassen. Für die Sanierung des Atommülllagers, das einzustürzen und mit Wasser vollzulaufen droht, sind bislang rund 850 Millionen Euro veranschlagt. Fachleute halten diesen Betrag für viel zu niedrig.

Ein Sprecher des Bundesumweltministeriums sagte in Berlin, aus juristischen Gründen sei es wenig erfolgversprechend, Atomkraftwerks-Betreiber unmittelbar zur Kostenbeteiligung zu verpflichten. Allerdings erwäge Gabriel für die nächste Legislaturperiode die Einführung einer Brennelemente-Steuer für Atomkraftwerke.

Am 23-02-2009

Muss die Atomindustrie für ihren Müll zahlen?

Der Streit darüber, ob die Atomindustrie für die Entsorgung ihres Atommülls im niedersächsischen Lager "Asse" bezahlen muss, eskaliert. Das Bundesforschungsministerium wehrte sich gegen Vorwürfe des ARD-Magazins "Panorama", die Herkunft des in der Asse eingelagerten Atommülls verschleiert zu haben. "Wir verschleiern nichts", sagte Ministeriumssprecherin Viola Klamroth. Vielmehr habe das Forschungsministerium die Aufklärung der Vorgänge in der Asse "mit dem Ziel größter Transparenz auf den Weg gebracht". "Panorama" hatte zuvor unter Berufung auf einen "Inventarbericht" gemeldet, dass entgegen offiziellen Behauptungen rund 70 Prozent der insgesamt rund 126.000 Atommüllfässer aus Atomkraftwerken stammten. Das Forschungsministerium, dem das Bergwerk bis zum vergangenen Jahr unterstand, habe dagegen erklärt, nur etwa 30 Prozent der Fässer seien von der Energiewirtschaft angeliefert worden.

Diese Fässer machten nur fünf Prozent des radioaktiven Inventars der Asse aus. Der größere Teil der Abfälle komme aus Forschungseinrichtungen.

Nach Angaben von "Panorama" verschleiere das Ministerium damit jedoch, dass diese Abfälle bei der Bearbeitung von Brennstäben aus kommerziellen Reaktoren entstanden seien.

Forschungsministerium: Keineswegs die wiederaufbereiteten radioaktiven Abfälle der Kernkraftwerke

Das Ministerium erklärte dazu, bei den genannten 70 Prozent handele es sich um Betriebsabfälle aus "Wiederaufarbeitungsaktionen" im Kernforschungszentrum Karlsruhe wie Wischtücher, Schlämme, Hülsen, Ionenaustauscherharze oder Filter. Diese Sekundärabfälle seien in der Asse eingelagert worden, "aber keineswegs die wiederaufbereiteten radioaktiven Abfälle der Kernkraftwerke selbst". Diese hätten die Energieversorgungsunternehmen zurückgenommen, behauptete das Ministerium.

Die Wiederaufarbeitung sei seinerzeit zudem "im ausdrücklichen Interesse des Bundes" erfolgt, "die dabei entstandenen Sekundärabfälle sind der öffentlichen Hand zuzuordnen".

Greenpeace: Atommüll aus Kernkraftwerken wurde in Karlsruhe "neu verpackt und etikettiert"

Nach Darstellung der Umweltschutzorganisation Greenpeace sind große Teile des Atommülls aus Kernkraftwerken im Kernforschungszentrum Karlsruhe allerdings lediglich neu verpackt und etikettiert worden.

Der Streit um die Herkunft des radioaktiven Mülls in der Asse dauert schon seit Wochen an. Hintergrund ist die Frage, wer für die Kosten der Sanierung des einsturzgefährdeten Atommülllagers aufkommt.

Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) hatte kürzlich eine Beteiligung der Atomkraftwerksbetreiber verlangt. Diese lehnen das bislang ab. Die Kosten werden auf mehrere Milliarden Euro geschätzt.

Am 05-03-2009

"Atomkraftwerksbetreiber in der Verantwortung"

Gut drei Viertel der radioaktiven Abfälle im Atommülllager Asse stammen offenbar aus Kernkraftwerken. Wie Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) am Mittwoch (11. März) in Berlin mitteilte, können 74 Prozent des radioaktiven Inventars "direkt oder indirekt den Kernkraftwerken" zugeordnet werden. Gabriel bestätigte damit indirekt einen Bericht des ARD-Magazins "Panorama". Der Minister bekräftigte anhand der von ihm vorgestellten Zahlen seine Forderung, dass die AKW-Betreiber bei der Schließung des maroden Bergwerks maßgeblich in der Verantwortung stünden.

Laut Gabriel stammen 71 Prozent der Abfälle aus dem Karlsruher Kernforschungszentrum, weitere 3 Prozent direkt von den Atomkraftwerken. Das Forschungszentrum in Karlsruhe wiederum, das früher eine Wiederaufbereitungsanlage für Atommüll unterhalten hatte, sei "zu 100 Prozent" den deutschen Kernkraftwerksbetreibern zuzuordnen, sagte Gabriel. Insgesamt hätten 37 verschiedene Anlieferer schwach- und mittelradioaktive Abfälle in die Asse abgegeben.

In dem Bergwerk im niedersächsischen Landkreis Wolfenbüttel lagern insgesamt etwa 126.000 Fässer mit Atommüll. Rund 50 Prozent dieser eingelagerten Gebinde kämen aus dem Forschungszentrum Karlsruhe, rund 20 Prozent aus Kernkraftwerken und etwa rund 10 Prozent aus dem Forschungszentrum Jülich, sagte Gabriel.

Die Prozentzahl der Abfallgebinde sage aber wenig über das radioaktive Inventar aus. Dieses Inventar komme zu 71 Prozent aus dem Forschungszentrum Karlsruhe. Daher sei es richtig, wenn man zur rund zwei Milliarden teuren Finanzierung der Sanierung der Asse die Kraftwerkbetreiber stärker heranziehe als bisher.

Gabriel erneuerte seine Forderung nach einer Kernbrennstoffsteuer, die 1 Cent pro Kilowattstunde Strom betragen soll. Nach seiner Rechnung kann die Staatskasse damit künftig 1,6 Milliarden Euro pro Jahr einnehmen. Auch in moralischer Hinsicht befürwortete Gabriel eine finanzielle Beteiligung der Energiewirtschaft. Es könne "nicht sein, dass Gewinne der Atomenergie privatisiert werden, die Schäden aber sozialisiert werden", sagte der Minister.

Der Landkreis Wolfenbüttel teilte unterdessen mit, dass der evangelische Braunschweiger Landesbischof Friedrich Weber künftig die öffentliche Diskussion zur Schließung der Asse moderieren soll. In diesem Diskussionsprozess würden neben naturwissenschaftlichen und technischen vermehrt auch ethische Fragen behandelt. An den Sitzungen der Asse-II-Begleitgruppe beim Landkreis solle in Zukunft auch der Betriebsrat der Asse GmbH teilnehmen, die im Auftrag des Bundesamtes für Strahlenschutz für den bergbaulichen Betrieb in der Asse zuständig ist.

Die Asse-II-Begleitgruppe war Anfang 2008 ins Leben gerufen worden, um bei der Schließung des Atommülllagers die Interessen von Kommunen, Umweltverbänden und Anwohnern zu vertreten.

Am 11-03-2009

Aufklärung über Atommüll-Lager?

Ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss des niedersächsischen Landtags soll Licht ins Dunkel des Atommülllagers Asse bringen. Die SPD-Fraktion stimmte am Dienstag (28. April) mit breiter Mehrheit für die Einsetzung des Ausschusses, wie Fraktionschef Wolfgang Jüttner mitteilte. "Einer der größten Umweltskandale in Deutschland" müsse aufgeklärt werden, sagte der SPD-Politiker zur Begründung.

Damit ist die notwendige Mehrheit von einem Fünftel der Parlamentarier für die Einsetzung des Ausschusses gesichert. Linke, Grüne und Bürger aus der Region, die diesen seit langem fordern, begrüßten die Entscheidung der Sozialdemokraten. Diese hatten einen Untersuchungsausschuss bislang abgelehnt.

Nach den jüngsten Skandalmeldungen um in dem Bergwerk bei Wolfenbüttel eingelagerten Giftmüll, Tierkadaver und Altlasten der Bundeswehr sei ein Untersuchungsausschuss "unabdingbar" geworden, sagte Jüttner. Bewohner der Region seien "hochgradig verunsichert" und fragten sich, was in die Asse alles "hineingekippt" worden sei.

Der SPD-Politiker deutete an, dass es bei der Aufarbeitung nicht nur darum gehen werde, individuell Verantwortliche zur Rechenschaft zu ziehen. Nachgedacht werden müsse auch über "politische Konsequenzen" in der Debatte um die Zukunft der Kernenergie und die Suche nach einem geeigneten Endlager.

Jüttner zufolge soll die Einsetzung des Untersuchungsausschusses bereits im Mai in erster Lesung im Landtag beraten werden. Nach der Plenarsitzung im Juni könne sich der Ausschuss dann voraussichtlich konstituieren.

Jüttner erwartet, dass auch prominente Politiker aus amtierenden und ehemaligen Bundes- und Landesregierungen geladen werden. Entscheidend sei aber nicht, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) oder dessen Amtsvorgänger Jürgen Trittin (Grüne) gehört würden, sondern die verantwortlichen Betreiber und Aufseher des Atommülllagers.

Der SPD-Politiker kritisierte, die Aktenlage über das in der Asse eingelagerte Inventar sei "rudimentär". Der ehemalige Betreiber Helmholtz Zentrum München habe offenbar gehandelt nach der Devise "Akten weg - Verantwortung weg". Gleichzeitig kritisierte Jüttner Landesumweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP). Dessen Ministerium habe sich bei der Aufklärung der Asse-Pannen in den vergangenen Monaten derart "defensiv" verhalten, als könne oder wolle es schlicht keine Aufklärung leisten.

Die Regierungsfraktionen von CDU und FDP betonten, man habe ein "vorbehaltloses Interesse an einer Aufklärung über alle Vorgänge in der Asse". Allerdings sei für sie der Umweltausschuss des niedersächsischen Landtags das geeignete Gremium, um alle Fragen zu klären, erklärten die Fraktionsvorsitzenden von CDU und FDP, David McAllister und Jörg Bode.

Der Sprecher des atomkritischen Asse-II-Koordinationskreises, Udo Dettmann, forderte alle Parteien auf, jetzt "zielgerichtet" darauf hinzuwirken, dass die Pannen im Lager Asse aufgearbeitet werden könnten - "damit die Bürger der Region einen Klagepartner haben", betonte Dettmann. Ein ehemaliger Asse-Arbeiter etwa erkrankte an Leukämie und glaubt, dass die Krankheit mit seiner Arbeit in der Asse zusammenhängt.

Am 28-04-2009

Bericht der Bonner Strahlenschutzkommission

Im Atommülllager Asse hat es einem Zeitungsbericht zufolge vor knapp 30 Jahren einen Unfall mit einem Fass radioaktiver Flüssigkeiten gegeben. Beim Transport von Fässern aus "Kammer 7 in Kammer 6 auf der 750-Meter-Sohle" sei am 10. September 1980 ein Fass mit schwach radioaktiven Abfällen geplatzt, berichtet der Bremer "Weser Kurier" und beruft sich auf einen Bericht der Bonner Strahlenschutzkommission (SSK) vom September 2008.

Das SSK-Papier zitiert einen internen Bericht, wonach bei dem Unfall eine schwarze Masse "eruptionsartig" aus dem Fass spritzte, und fragt anschließend, "inwieweit auch andere Gebinde mit Flüssigkeiten vorliegen und ob solche Gebinde hinsichtlich ihres Radioaktivitätsgehaltes richtig deklariert wurden". Das Fass sei "mit großer Wahrscheinlichkeit" von einem Kernkraftwerk angeliefert worden.

Laut "Weser Kurier" war bisher stets nur von einem Unfall unter Tage Anfang der 70er Jahre die Rede gewesen. Auch sollten in dem ehemaligen Salzbergwerk nach bisherigen Angaben nie flüssige Abfälle eingelagert worden seien.

In ihrer Stellungnahme bezweifele die SSK nun ebenfalls die Inhaltsangaben anderer Fässer, schreibt das Blatt. Falschdeklarationen habe es vermutlich häufiger gegeben.

Die mögliche Falschdeklaration von verstrahltem Asse-Inventar ist einer der Hauptgründe, warum Umweltschützer und Oppositionspolitiker die Einsetzung eines Parlamentarischen Untersuchungsausschusses fordern.

Am 28-04-2009

Liste des Bundesamtes für Strahlenschutz

Jahrelang wurden Störfälle in der Asse bestritten, jetzt ist es amtlich: Beim Einlagern von Fässern in das Atommülllager bei Wolfenbüttel ist es rund 200 Mal zu solchen Störfällen gekommen. Meistens waren sie nach Angaben des früheren Betreibers Helmholtz Zentrum München mit radioaktiven Kontaminationen unter oder über Tage verbunden. Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) machte die Liste mit dem Titel "Betriebsstörungen bei der Einlagerung" am Dienstag (5. April) bekannt. Seit Beginn dieses Jahres betreibt das BfS das Atommülllager Asse.

Das Dokument listet die Störfälle in Stichworten auf. So heißt es unter dem Datum 04.12.1969: "Nukem-Fass Nr.256 mit Loch (Durchmesser 10 cm) im Fassmantel." Für den 19.01.1971 wird eine "Kontamination durch auslaufende Flüssigkeiten auf der 750-Meter-Sohle" beschrieben. Am 04.02.1971 wurde eine "Kontamination an den Fassklammern der Gabelstapler über und unter Tage durch äußerliche Kontamination an Fässern von HMI, Berlin" festgestellt.

In zahlreichen weiteren Fällen wurden Fahrzeuge, Werkzeuge und Arbeitskleidung radioaktiv verstrahlt, mehrmals auch "Schachthallensohlen" und der Förderkorb kontaminiert. Am 10.04.1972 trat aus einem vom Kernkraftwerk Obrigheim angelieferten Fass eine "dicke, gelbgrüne Flüssigkeit" aus. Am 04.03.1974 hieß es: "Fahrer des Wieger-Teleskopbaggers kontaminiert an Kleidung und Haaren." In der Zeit vom 15.04. bis 29.10.1980 wurden 1725 Fässer in andere Kammern umgelagert: "Bei einer dieser Umlagerungsaktionen platzte am 10.09.1980 das Fass, das am 12./13.12.1978 vom KGB Gundremmingen geliefert wurde."

Die Liste datiert vom 15. Dezember 2008. Für ihre Erstellung wertete das Helmholtz Zentrum nach eigenen Angaben unter anderem sogenannte Fasskontrollbücher, Akten des Strahlenschutzes sowie Berichte über Kontaminationen aus.

Unter Bezugnahme auf die Störfallliste forderten die Grünen im niedersächsischen Landtag Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP) auf, einen neuen Statusbericht zur Asse vorzulegen. Offensichtlich seien die bislang vom Ministerium vorgelegten Papiere unvollständig und irreführend, sagte Fraktionschef Stefan Wenzel. Weder im ersten noch im zweiten Statusbericht fänden sich Hinweise zu den rund 200 Stör- und Unfällen. Dies mache deutlich, "dass die Sander-Papiere nur Makulatur sind", sagte Wenzel.

Am 05-05-2009

Vorermittlungen gegen das Helmholtz Zentrum

Im maroden Atommülllager Asse lagert möglicherweise deutlich mehr radioaktiver Abfall als bisher angenommen. Die Umweltorganisation Greenpeace teilte am Freitag (8. Mai) unter Berufung auf eigene Recherchen mit, dass die Strahlungsdosis des eingelagerten Tritiums die Angaben des früheren Betreibers um das 4,5-fache übersteige. Grüne und SPD sprachen von einem weiteren Beweis, dass die Statusberichte des Landesumweltministeriums über die Altlasten in der Asse große Lücken aufwiesen. Der Vorsitzende des Umweltausschusses, Grünen-Fraktionschef Stefan Wenzel, forderte die Ausweitung strafrechtlicher Ermittlungen. Bei Tritium handelt es sich um schweren Wasserstoff, der vor allem bei der Kernspaltung in Atomreaktoren entsteht. Die Substanz kann Krebs oder genetische Schäden hervorrufen.

Nach den Worten des von Greenpeace mit der Studie beauftragten Physikers Helmut Hirsch gibt es möglicherweise auch falsche Mengenangaben für noch problematischere Stoffe wie Plutonium oder Cäsium.

Die Umweltschutzorganisation forderte von den Atomkraftwerksbetreibern RWE, E.ON, Vattenfall und EnBW die lückenlose Aufklärung darüber, welchen und wie viel Atommüll sie in die Asse eingelagert haben.

Grünen-Fraktionschef Wenzel sagte, die Staatsanwaltschaft Braunschweig solle die Akten der Anlieferer des Asse-Mülls beschlagnahmen. Das gelte insbesondere für die Dokumente der RWE, E.ON, Vattenfall und EnBW sowie der Wiederaufarbeitungsanlage Karlsruhe und der Bundeswehr.

Die Greenpeace-Recherchen machten wieder einmal deutlich, dass die Statusberichte des Landesumweltministeriums "vielleicht mit den eingesehenen TÜV-Listen, nicht aber mit der Realität übereinstimmen", sagte Wenzel weiter. Eine echte Kontrolle bei den Abfallverursachern habe es nicht gegeben.

Die SPD-Fraktion in Niedersachsen sieht ebenfalls "Unzulänglichkeiten" des Umweltministeriums. Der jüngste Statusbericht zur Asse des Ministeriums sei unvollständig und enthalte keine derartigen Tritium-Angaben, sagte die umweltpolitische Sprecherin Petra Emmerich-Kopatsch. Es bestätige sich, "dass das Ministerium auch hier nicht ordentlich aufgeklärt und offenbar wichtige Sachverhalte verschwiegen hat".

Die Braunschweiger Staatsanwaltschaft hatte zu Jahresbeginn Vorermittlungen gegen das Helmholtz Zentrum bestätigt. Dabei hat die Behörde unter anderem drei an Krebs erkrankte Ex-Mitarbeiter des Atommülllagers befragt.

Am 08-05-2009

Einsturzgefährdetes Atommülllager

Der bevorstehende Untersuchungsausschuss des Landtags in Hannover zu den Pannen im Atommülllager Asse wird nach Ansicht von Niedersachsens Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP) alle Parteien gleichermaßen in Erklärungsnöte bringen. CDU, FDP, SPD und Grüne - "alle, bis auf die Linken, waren durch zeitweilige Regierungsverantwortung in Niedersachsen und im Bund mit der Asse befasst", sagte Sander in Hannover der Nachrichtenagentur ddp. Und wenn man sich die Vorgänge im Atommüllendlager der ehemaligen DDR in Morsleben ansehe, "dann gilt das auch für die Linken", sagte der FDP-Politiker, wobei er damit die Linke für die DDR in Haftung nimmt. Sander betonte, jeder Umweltminister der vergangenen Jahre und Jahrzehnte - auch er selbst - trage einen Teil der politischen Verantwortung für die Vorgänge im Lager Asse.

In dem einsturzgefährdeten Bergwerk sei bis vor rund 30 Jahren Atommüll versenkt worden, obwohl schon damals kein sicheres Konzept zur Endlagerung vorgelegen habe. "Das ist ein häufiges Manko der Politiker: Die Lösung eines Problems zu verschieben, weil sie wissen, dass es in der eigenen Regierungszeit nicht mehr erledigt wird. Und dann wird es dem Nachfolger vor die Füße gekippt", sagte Sander.

Die Oppositionsfraktionen SPD, Grüne und Linke hatten den parlamentarischen Untersuchungsausschuss am Donnerstag im niedersächsischen Landtag beantragt. Konstituieren wird sich das Gremium vermutlich im Juni.

Am 15-05-2009