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Scharfe Kritik an Menschenrechtsbericht

"Beschönigende Darstellung"

Menschenrechtsorganisationen werfen der Bundesregierung eine beschönigende Darstellung der Lage von Flüchtlingen in Deutschland vor. Vertreter des deutschen Innen- und Außenministeriums stellten am Montag vor dem UN-Menschenrechtsrat in Genf einen nationalen Bericht vor. Nichtregierungsorganisationen kritisierten das Papier als realitätsfern und schönfärberisch. Wesentliche Defizite, insbesondere in der Flüchtlingspolitik, seien darin nicht enthalten. Kritik kam auch von den Grünen und der Linken.

Seit 2008 sind alle UN-Mitgliedsstaaten verpflichtet, die Lage in ihrem Land alle vier Jahre durch den Menschenrechtsrat überprüfen zu lassen. Bislang wurden 48 Staaten untersucht. Nun war Deutschland an der Reihe.

Der Beobachter des Forums Menschenrechte, Theodor Rathgeber, sagte in Genf, was die Regierung vor dem UN-Menschenrechtsrat präsentiere, hinterlasse den Eindruck, "als gebe es überhaupt keinen Handlungsbedarf". Das Gegenteil sei jedoch der Fall. Rathgeber kritisierte, die Situation von Flüchtlingen werde in dem Bericht nicht berücksichtigt. Auch die Angaben zur Armut in Deutschland entsprächen nicht der Realität. "Der Bericht stoppt immer da, wo es interessant wird", kritisierte er.

Das Forum Menschenrechte ist ein Netzwerk von rund 50 deutschen Nichtregierungsorganisationen, darunter Amnesty International und Human Rights Watch. Die Bundesregierung hatte die Organisationen für die Erstellung ihres Berichts zurate gezogen.

Die UN-Expertin von Amnesty International, Silke Voss-Kyeck, rügte, was in Genf vorgestellt worden sei, habe "mit der Realität nicht allzu viel zu tun". Flüchtlinge seien in Deutschland zum Beispiel "ständig von Ausweisung bedroht", sagte sie. Diese Menschen könnten nicht zur Schule oder ins Krankenhaus gehen, ohne mit einer Meldung an die Ausländerbehörde zu rechnen. Mit menschenrechtskonformem Handeln habe das nichts zu tun.

Grünen-Chefin Claudia Roth mahnte, die Regierung tue dem Ansehen Deutschlands keinen Gefallen, "wenn man schönredet und verschweigt". Sie sprach von einem "weichgespülten, relativ wertlosen Bericht" und appellierte an die Regierung, Defizite offenzulegen.

Linke-Politikerin Sevim Dagdelen rügte, das Papier der Regierung stehe in "krassem Widerspruch" zu der tatsächlichen Lage in Deutschland. Hier gehörten "rassistische Kontrollen, Pauschalverdächtigungen, Entrechtung sowie politische und juristische Verfolgung" für viele Flüchtlinge und Migranten zum Alltag.

Das Auswärtige Amt wehrte sich gegen die Vorwürfe. Eine Sprecherin betonte, die Regierung habe den Bericht "sehr sorgfältig erstellt". Zur Vorbereitung habe es unter anderem Gespräche mit dem Deutschen Institut für Menschenrechte und den Organisationen des Forums Menschenrechte gegeben. Deshalb sei man der Auffassung, mit einem "sehr aussagekräftigen Bericht" in Genf angetreten zu sein.