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British American Tobacco | Philip Morris International - die Gewinner

Schulden, Lügen und Profite

Rund ein Siebtel des weltweit produzierten Rohtabaks stammt aus Lateinamerika. Es sind vor allem Kleinbäuerinnen und -bauern, die in mühevoller Handarbeit die hochgiftigen Pflanzen säen und ernten. Ihnen gegenüber stehen zwei Rohtabakkonzerne und die großen Zigarettenhersteller Philip Morris International und British American Tobacco. Sie machen die Profite, während den PflanzerInnen nur Schulden, Krankheit und zerstörte Böden bleiben. BLUE 21 erstellte 2010 eine Studie zum Thema. Neben grundlegenden Daten zur Tabakproduktion in lateinamerikanischen Ländern bietet die Studie u.a. Details zur Zigarrenproduktion.

Tabakanbau in Lateinamerika

Als Christoph Kolumbus nach Amerika kam, schenkten ihm die BewohnerInnen der Neuen Welt „einige trockene Blätter, die ihnen wohl sehr viel wert waren“ (Ortiz 1999: 103, Übersetzung durch die Autorin): den Tabak. Er wurde auf dem amerikanischen Kontinent vor allem für rituelle Zwecke genutzt. Schnell verbreitete sich der Tabak über die Seefahrer auch in Europa und wurde zu einem beliebten Handelsgut.

Heute entfällt auf Lateinamerika etwa ein Siebtel des weltweit produzierten Rohtabaks (The Tobacco Atlas, abgerufen am19.12.2010). An der Spitze der Tabakproduzenten auf dem Subkontinent steht Brasilien, das unter den fünf Ländern ist, die weltweit am meisten Tabak produzieren (ebd.). Die Situation der PflanzerInnen hat sich seit der Kolonialzeit nicht wesentlich verändert: Statt bei Kolonialherren stehen sie nun bei (Roh-)Tabakkonzernen in der Schuld, die sie mit Knebelverträgen an sich binden. Kinderarbeit und immer tiefere Verschuldung sind die Folge. Außerdem leiden sowohl die Umwelt als auch die Ernährungssicherheit, da der Tabakanbau den Boden auslaugt und den Anbau von Nutzpflanzen mit Nährwert verdrängt.

Durch den Beitritt zur Internationalen Rahmenkonvention zur Tabakkontrolle (FCTC)1 der Weltgesundheitsorganisation WHO haben auch in vielen Ländern Lateinamerikas Anstrengungen begonnen, sowohl den Konsum einzuschränken als auch die Situation der PflanzerInnen zu verbessern bzw. Alternativen zum Tabakanbau zu fördern. Das Engagement der Staaten bei der Umsetzung der FCTC ist allerdings sehr unterschiedlich. Uruguay etwa erweist sich als Vorreiter in der Kennzeichnung von Zigarettenschachteln mit Warnhinweisen2 und ficht derzeit deswegen einen juristischen Streit mit den großen Tabakkonzernen aus (chs auf www,spiegel.de, abgerufen am 14.11.2010). Argentinien hingegen hat die FCTC zwar unterschrieben, aber bis heute nicht ratifiziert, während sich Brasilien als größter Tabakproduzent an der Erarbeitung von Alternativen3 und der Umsetzung von besserem Arbeitsschutz4 beteiligt.

Diese Studie stellt grundlegende Daten zu den Tabak produzierenden Ländern in Süd- und Mittelamerika zusammen und geht insbesondere auf die Situation in Brasilien, Argentinien, Kolumbien, Kuba, der Dominikanischen Republik und Nicaragua näher ein.

Grundlegende Daten

In den letzten Jahrzehnten hat sich die Produktion von Rohtabak zunehmend in die Entwicklungs- und Schwellenländer verschoben (Campaign for Tobacco Free Kids 2001: 3). Da der Anbau der Pflanze so arbeitsintensiv ist, suchen die Konzerne nach Möglichkeiten, die Kosten für Arbeitskräfte niedrig zu halten. Diese finden sie am ehesten in Ländern, in denen viele Menschen nichts weiter als ihre Arbeitskraft haben, um zu überleben, und sich von dem Versprechen, ein Stück Land zu bekommen und den geernteten Tabak verkaufen zu können, ein besseres Leben erhoffen.

Sind es also die ärmsten Länder Lateinamerikas, die besonders viel Tabak produzieren? Dieser Zusammenhang kann durch den Human Development Index (HDI) dargestellt werden. Die Entwicklungsbehörde der Vereinten Nationen errechnet diesen Index Jahr für Jahr, um statistisch vergleichbare Informationen zu bekommen, die mehr als nur die makroökonoimische Entwicklung darstellen. Dazu werden Daten aus drei Dimensionen (Gesundheit, Bildung und Lebensstandard) zusammengebracht und in einer dreistelligen Dezimalzahl zwischen 0,000 und 0,999 abgebildet, wobei letzteres für die am weitesten fortgeschrittene Entwicklung steht (UNDP 2010: 15).5 Diese Zahlen bilden die Grundlage für ein Ranking von insgesamt 169 Ländern.6

Im lateinamerikanischen Vergleich hat Chile den höchsten Entwicklungsgrad nach der UN- Statistik, gefolgt von Argentinien und Uruguay. Während in Chile weder besonders viel Tabak produziert noch exportiert wird, ist Argentinien mit Brasilien der Hauptproduzent auf dem Subkontinent. Das hängt damit zusammen, dass die Tabakproduktion in Argentinien seit fünf Jahrzehnten staatlich subventioniert wird (Omar Agüero 2009: 96), während die chilenische Wirtschaft sich auf den Export anderer Rohstoffe wie Kupfer und Holz konzentriert (CIA World Factbook, abgerufen am 28.12.2010). Wie viel Tabak ein Staat produziert, hängt also auch mit den jeweiligen verfügbaren Rohstoffen und der historischen Bedeutung des Tabaks als Anbaupflanze zusammen.

Die vergleichsweise größte landwirtschaftlich nutzbare Fläche wird in der Dominikanischen Republik (1,1 Prozent), Kolumbien (0,9 Prozent) und Kuba (0,8 Prozent) für Tabak verwendet. In allen drei Ländern hat der Tabakanbau eine lange Tradition. In Kolumbien lagen die ersten Plantagen der spanischen Krone, Kuba und die Dominikanische Republik sind berühmt für ihre Zigarren. Dabei profitiert der Tabakhandel der Dominikanischen Republik vom Wirtschaftsembargo der USA gegen Kuba.

Die größten Tabakproduzenten des Subkontinents sind Brasilien und Argentinien. Aufgrund ihrer Größe können beide Länder auch auf einem im Vergleich zur gesamten agrarwirtschaftlich genutzten Fläche kleineren Gebiet viel Tabak produzieren. Kuba produziert die drittgrößte Menge an Tabak. Der Großteil des Tabaks aus den Hauptproduzentenländern ist für den Export bestimmt: 2002 exportierte Brasilien knapp 60 Prozent des produzierten Tabaks, Kolumbien rund ein Drittel und Argentinien etwas mehr als die Hälfte. Kuba exportierte nur ein Fünftel der produzierten Tabakmenge, da viel des im Land angebauten Tabaks vor Ort zu Zigarren verarbeitet wird.

Beim Export fertiger Zigaretten führt Uruguay die Rangliste an und exportiert viermal so viele Zigaretten wie Kolumbien, das auf Platz zwei folgt. Der führende Tabakkonzern in Uruguay ist das uruguayische Unternehmen Tabacos Montepaz S.A. mit einem Marktanteil in Uruguay von 70 Prozent (Framework Convention Alliance 2006: 4, abgerufen am 30.12.2010). Montepaz stellt sich auf seiner Webseite als integriert organisiertes Unternehmen dar, das vom Tabakanbau bis zum Export alle Verarbeitungsstufen der Tabakpflanze unter einem Dach vereint (Tabacos Montepaz 2010, abgerufen am 31.12.2010). Da in Uruguay vergleichsweise wenig Tabak angebaut wird, importiert das Unternehmen auch Rohtabak (ebd.). Wichtigstes Exportland ist Paraguay (Framework Convention Alliance 2006: 4).

Im Gegensatz zu den international operierenden Konzernen konzentriert Montepaz seine wirtschaftlichen Aktivitäten in Uruguay. In Kolumbien hingegen, dem zweigrößten Zigarettenexporteur unter den lateinamerikanischen Ländern, ist der wichtigste nationale Tabakkonzern die Philip Morris-Tochter Coltabaco S.A. (Martínez Covaleda 2005: 22).

In Brasilien hat sich die Tabakproduktion zwischen 2002 und 2007 fast verdoppelt. Auch Argentinien, Bolivien, Ecuador, Guatemala, Honduras, Nicaragua und Panama produzierten 2007 mehr Tabak als noch 2002, während in El Salvador, Haiti, Jamaica, Paraguay, Costa Rica und Uruguay keine große Veränderung zu erkennen ist. In Mexiko, Peru und Venezuela ging die Produktion stark zurück.

Die Gewinne aus der Produktion des Tabaks teilen sich vor allem die Konzerne British American Tobacco und Philip Morris International sowie die beiden Rohtabakkonzerne Alliance One und Universal Leaf Tobacco. In den meisten lateinamerikanischen Staaten haben diese Unternehmen lokale Firmen aufgekauft. Sogar in Kuba ist Altadis und damit Imperial Tobacco mit 50 Prozent am Staatsunternehmen Habanos S.A. beteiligt. Einzige Ausnahme ist das uruguayische Unternehmen Tabacos Montepaz.

Mehr Daten & Fakten und der Link zur Studie unter BLUE 21