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Armutsbericht 2012: Kabinett verabschiedet „frisierten“ Bericht

Armuts- und Reichtumsbericht

Am heutigen Mittwoch hat die Bundesregierung den 4. Armuts- und Reichtumsbericht trotz heftiger Kritik beschlossen. Arbeitsministerin Ursula von der Leyen äußerte sich auf der Pressekonferenz am Mittag nicht zum Vorwurf, der Bericht sei eher eine Armutsberichtigung als eine unabhängige Expertenmeinung über die Armutssituation in Deutschland. Stattdessen verwies sie auf die Ergebnisse und die entsprechenden Konsequenzen zur Armutsprävention.

Armutsbericht 2012 nach Ressortabstimmung umformuliert

Nach einem monatelangen Hin und Her zwischen dem Bundesarbeitsministerium und dem Bundeswirtschaftsministerium hat das Bundeskabinett am Morgen den vierten Armuts- und Reichtumsbericht verabschiedet. In der endgültigen Version sind jedoch viele Passagen gestrichen oder umformuliert worden. Während der erste Entwurf aus dem Ministerium von Ursula von der Leyen (CDU) noch ein düsteres Bild zur Armutssituation in Deutschland zeichnete, stellt Armut im beschlossenen Bericht kein großes Problem mehr dar. Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) ließ dazu Sätze wie „Private Vermögen sind sehr ungerecht verteilt“ umformulieren. So heißt es nun, dass sich die Einkommensschere zwischen Arm und Reich nicht weiter geöffnet hat.

Von der Leyen präsentiert Armutsbericht

Bis heute war unklar, ob sich Ursula von der Leyen auf der Pressekonferenz zum Armuts- und Reichtumsbericht 2012 zu diesen Vorgängen äußern wird. Doch die Ministerin stellte routiniert den Bericht vor, der in jeder Legislaturperiode einmal vorgelegt werden muss. Sie wies darauf hin, dass noch zu viele Frauen in Teilzeit arbeiten. Die Arbeitsministerin will daher einen Rechtsanspruch auf Rückkehr in Vollzeit durchsetzen. Wenn beide Elternteile Vollzeit arbeiten, so von der Leyen, dann könne die Armut in Familien verhindert werden. Zudem sollen die Aufstiegschancen der Langzeitarbeitslosen im Alter von 25 bis 35 Jahre verbessert werden. Die CDU-Politikerin strebt an, dass von den 300.000 Arbeitslosen ohne Schulabschluss innerhalb von drei Jahren ein Drittel der Betroffenen ihren Abschluss nachholen.

Beschönigt der Bericht tatsächliche Situation in Deutschland?

Im internationalen Vergleich steht Deutschland sehr gut dar, sagte von der Leyen. Die meisten sozialen Ungleichheiten hat die Bundesregierung durch Steuer- und Sozialtransfers ausgeglichen. Doch laut einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) lebten 2008 rund 11,5 Millionen Deutsche unter der Armutsrisikogrenze. In dem Armutsbericht, der den Zeitraum zwischen 2007 und 2011 berücksichtigt, ist davon nichts zu lesen.

Opposition fordert Expertengremium

Die Opposition wirft der Bundesregierung daher Schönfärberei vor. „Die Koalition hat offensichtlich bis heute nicht begriffen, dass man Armut nicht bekämpfen kann, indem man einen Bericht manipuliert“, so Brigitte Pothmer von den Grünen. Ihr Parteikollege Cem Özdemir fordert zudem, dass der Armuts- und Reichtumsbericht in Zukunft von einem unabhängigen Expertengremium und nicht von der Bundesregierung erstellt wird. Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Hubertus Heil sagte, dass die Merkel-Regierung auf Druck der FDP den Armuts-und Reichtumsbericht „frisiert“ hat. Auf diese Weise werde das Gerechtigkeitsempfinden der Menschen verletzt. Wie das Versicherungsportal www.finanzen.de berichtet, haben am Vormittag über 20 Organisationen vor dem Bundeskanzleramt protestiert. Sie forderten die Regierung auf, Gerechtigkeit zu schaffen statt zu manipulieren.