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Bundestagswahl 2013: welche Partei rettet das deutsche Bildungssystem?

Harald Hinnerwisch zur Bundestagswahl 2013

Es wird oft und gerne über das Thema Bildung gesprochen. Auch darüber, dass es dort einiges zu verbessern gibt. Die Pisa-Studien führen seit ca. 10 Jahren zu einem unübersichtlichen Aktionismus. Auch aufgrund des seit Jahrzehnten schwelenden Streits zwischen Konservativen und Linken, welche Schulform die richtige ist, begannen viele Bundesländer, neue Schulformen einzuführen. Weitere Maßnahmen waren die Einführung von Ganztagsschulen und seit Kurzem die Umsetzung der Inklusion (gemeinsamer Unterricht von behinderten und nicht-behinderten Schülern). Sind diese Maßnahmen geeignet, das Schulsystem zu verbessern?

Nein, diese Änderungen sind nicht geeignet, das System zu verbessern. Die Schulform ist streng genommen nichts anderes als der Name einer Verwaltungseinheit. Nachmittagsunterricht gibt es für bestimmte Fächer an vielen Schulen seit langem. Die gezielte Ausdehnung von Unterricht und Schülerbetreuung auf die Nachmittage soll natürlich dafür sorgen, Eltern die Kinderbetreuung am Nachmittag abzunehmen, um ihnen einen reibungsloseren Arbeitsalltag zu ermöglichen. Dieses Ziel ist verständlich. Allerdings wurde hier der zweite Schritt vor dem ersten gemacht. Warum belastet man ein ohnehin kränkelndes System mit der Ausdehnung der Unterrichtszeiten? Zunächst hätte der reguläre Unterricht verbessert werden müssen, um danach Unterricht bzw. Schülerbetreuung schrittweise auf die Nachmittage auszudehnen.

Die Inklusion ist ebenfalls als große zusätzliche Belastung für das kränkelnde System zu sehen. Bezeichnend ist hier die vernichtende Kritik einer nordrhein-westfälischen Expertengruppe an der dortigen Umsetzung der Inklusion durch die Landesregierung (Artikel im Internet auf wdr.de vom 19.06.13 „Sie verraten die Kinder“). Lehrer an Regelschulen verfügen über keine Ausbildung für den Umgang mit Behinderten. Das ist normal, denn ihre Aufgabe ist die Wissensvermittlung und nicht die Betreuung behinderter Schüler. Sind nicht auch die Schüler mit dem gemeinsamen Unterricht überfordert? „Normale“ Schüler sind es keineswegs gewohnt, auf Behinderte Rücksicht zu nehmen. Behinderte Schüler sind es andererseits sehr wohl gewohnt, dass an den Förderschulen Rücksicht auf sie genommen wird. Dies gehört schließlich zu den Aufgaben einer Förderschule.

Die etablierten Parteien haben das Kernproblem des deutschen Schulsystems offensichtlich nicht verstanden bzw. sie reagieren falsch darauf: durch ständige Anpassungen an die jeweils schwächsten Schüler ist das Unterrichtsniveau in den letzten Jahrzehnten an allen Schulformen permanent gesunken. Entsprechende Beschwerden von Eltern und aus der Wirtschaft hört und liest man ständig. Der Leistungsgedanke wurde vernachlässigt und er wird durch politisch korrekte Modeerscheinungen wie der Aufhebung der Benotung und des „Sitzenbleibens“ nicht gerade wiederbelebt. Die dezentrale Organisation des Systems über die

Bundesländer führte und führt gleichzeitig zu einer allgemeinen Unübersichtlichkeit. Systemfehler lassen sich dadurch nur schwer analysieren und korrigieren. Hinzu kommen als Problem teilweise marode Schulgebäude aufgrund von kommunalem Geldmangel. Eine Gegenreaktion in den mittleren und oberen Gesellschaftsschichten ist der verstärkte Run auf Privatschulen.

Was kann man in dieser Situation machen?

Das ständige „Herumbasteln“ an Schulformen und Unterrichtsmethoden muss aufhören. Deswegen sollte die Zuständigkeit für Bildung von den Ländern auf den Bund übergehen. Dies wäre die Basis für ein bundesweit einheitliches Bildungssystem, welches überschaubar ist und wo Fehlentwicklungen schneller erkannt und korrigiert werden können. Vor allem aber muss der Leistungsgedanke wiederbelebt werden. Der Sinn des Schulunterrichts liegt nach meiner Ansicht darin, die Schüler durch Vermittlung von allgemeiner Bildung auf das Arbeitsleben und die Leistungsgesellschaft vorzubereiten. Gut wäre in diesem Sinne eine deutliche Verkleinerung der Klassen. Schüler können in kleinen Klassen besser gefördert und gefordert werden. Das „in der Masse untergehen“ wird unwahrscheinlicher. Schüler müssen bei Fehlverhalten wie z.B. ständigem Zuspätkommen mit Nachdruck darauf hingewiesen werden (dürfen). Bei Uneinsichtigkeit sollten Sanktionen in zeitgemäßer Form kein Tabu sein. In Sachen Ausbildung der Lehrer muss die persönliche Motivation und Eignung eine stärkere Rolle spielen. Wer beispielsweise nur deswegen Lehrer werden möchte, um in der heutigen Zeit einen relativ sicheren Job zu bekommen, sollte sich einen anderen Beruf suchen.

Nun bleibt noch die Frage zu klären: welche Partei rettet das deutsche Bildungssystem? Zu welcher Antwort kommen Sie, liebe Leser? Meine Antwort: von den etablierten Parteien wohl keine.

Harald Hinnerwisch