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Neues Steuer-Konzept soll Umverteilung zu Lasten der "kleinen Leute" beenden

Reiche sollen wieder zahlen

Der Finanznot der öffentlichen Kassen und dem zunehmenden Rückzug von Firmen und Gutverdienern aus der Staatsfinanzierung wollen die Gewerkschaft ver.di und das globalisierungskritische Netzwerk Attac ein eigenes Steuerkonzept entgegensetzen. In einer gemeinsamen Pressekonferenz stellten die beiden Organisationen am Donnerstag ihr Konzept für eine "gerechte und einfache" Steuerpolitik vor. Das von sieben Wirtschaftswissenschaftlern erstellte Konzept sieht vor, kleinere und mittlere Einkommen deutlich zu entlasten. Unter 8.000 Euro Jahreseinkommen sollen Bürger überhaupt keine Steuern zahlen, danach der Steuersatz von 15 auf 45 Prozent steigen. Wichtig sei eine gerechte Verteilung der Steuerlasten. Während der Anteil der Lohnsteuer an den gesamten Steuereinnahmen in den Jahren 1977 bis 2002 von 30 auf 35 Prozent stieg, hat sich derjenige der Gewinn- und Vermögensteuern von 29 auf 14 Prozent halbiert. Der Anteil der Mehrwert- und Verbrauchsteuern stieg von 33 auf 44 Prozent. Diese Umverteilung zu Lasten der "kleinen Leute" wollen ver.di und Attac mit ihrem Konzept ändern.

Finanziert werden soll die Absenkung der Steuersätze durch die Verbreiterung der steuerlichen Bemessungsgrundlage und die Einschränkung von steuerlichen Ausnahmetatbeständen. Das bisherige Einkommensteuersystem gibt vor allem international verflochtenen Unternehmen und Beziehern von hohen Einkommen aus Vermietung und selbstständiger Tätigkeit die Möglichkeit, ihre Steuerlast massiv zu drücken. Diese Kliente solle sich "in Zukunft wieder nach ihrer Leistungsfähigkeit an der Finanzierung öffentlicher Aufgaben beteiligen", so ver.di und attac.

In den letzten Jahren seien die öffentlichen Finanzen aufgrund politisch verursachter Steuerausfälle immer tiefer in die Krise geraten. Läge die Steuerquote - der Anteil der Steuern am Bruttoinlandsprodukt - noch auf dem Stand des Jahres 2000, hätte der Staat jährlich etwa 50 Milliarden Euro höhere Einnahmen. Von den Folgen der Finanznot seien sozial Schwächere besonders betroffen.

Neben mehr Steuergerechtigkeit wollen die Autoren des Konzepts auch die Steuererfassung vereinfachen und damit transparenter gestalten. Die Erstellung der Einkommensteuererklärung für Arbeitnehmer soll so weit wie möglich vereinfacht werden: Sie erhalten nach dem Papier auf einem stark vereinfachten Formular einen Entwurf für ihre Steuererklärung zugeschickt.

Als notwendig für mehr Steuergerechtigkeit sehen die Wirtschaftswissenschaftler auch die Wiedereinführung der Vermögensteuer an. Die Erbschaftsteuer müsse reformiert und gestärkt werden. Bei beiden Steuerarten müssten hohe Freibeträge vorgesehen werden. Dennoch könnten die öffentlichen Finanzen dadurch um 20 Milliarden Euro gestärkt werden.

Auf kommunaler Ebene fordern die Autoren, die Gewerbesteuer zu einer Gemeindewirtschaftsteuer weiter zu entwickeln. Die Besteuerungsgrundlage solle der Steuerbilanzgewinn unter Hinzurechnung aller Zinsen aus Dauerschulden sowie des Finanzierungsanteils aller Mieten, Pachten und Leasingraten sein. Einbezogen werden sollen alle Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit mit einem Freibetrag, der eine "unsoziale Belastung" von Selbstständigen mit niedrigem Einkommen ausschließe. Damit würden Steuerumgehungsmöglichkeiten verschlossen, und der Steuersatz könne sinken.

Eine Absage erteilen ver.di und Attac Plänen, Kapitaleinkommen niedriger als Arbeitseinkommen zu belasten. Statt dessen solle die Steuerflucht von Unternehmen und vermögenden Privatpersonen durch eine Reihe von Maßnahmen konsequent bekämpft werden. Von besonderer Bedeutung sei die konsequente Verbesserung der Betriebsprüfungen. Hierfür müsse zusätzliches Personal bereitgestellt werden.