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Sommer und Schwan warnen vor sozialen Unruhen

"Energisches Gegensteuern in der Wirtschaftskrise"

Wirtschaftsforscher und Gewerkschaften zeichnen ein düsteres Bild von der Lage in Deutschland. Nach Ansicht führender Wirtschaftsforschungsinstitute befindet sich die Bundesrepublik in der tiefsten Rezession seit ihrer Gründung. Der Chef des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Michael Sommer, warnt vor sozialen Unruhen. Auch SPD-Bundespräsidentenkandidatin Gesine Schwan befürchtet eine wachsende Wut der Menschen. CSU-Chef Horst Seehofer kritisierte die Äußerungen.

Wie die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute in ihrem am Donnerstag veröffentlichten Frühjahrsgutachten mitteilten, wird das deutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP) dieses Jahr um 6,0 Prozent zurückgehen. Zudem erwarten die Institute keine Stabilisierung der Wirtschaftsleistung vor Mitte 2010. Im laufenden Jahr sei mit dem Verlust von einer Million Arbeitsplätzen zu rechnen, im Herbst werde die Marke von vier Millionen Arbeitslosen wieder übertroffen.

DGB-Chef Sommer warnte angesichts der Vorhersagen vor sozialen Unruhen wie in den 1930er Jahren. Das prognostizierte Schrumpfen der Wirtschaft sei vergleichbar mit den Jahren der Wirtschaftskrise 1930, 1931 und 1932, sagte Sommer. Möglicherweise würden sich Menschen jetzt von der Politik abwenden oder radikalisieren.

Sommer: Energisches Gegensteuern bei Unternehmen und Politik erforderlich

Sommer foderte "ein energisches Gegensteuern bei Unternehmen und Politik". Die Krise lasse sich nicht durch Aussitzen bewältigen, sagte der DGB-Chef im Inforadio. "Ich warne davor, dass wenn man meint, man könne das Problem aussitzen, man könne auf die Selbstheilungskräfte der Märkte hoffen (...), dass das nicht geht. Das braucht aktives Handeln von Unternehmen, von Politik und die Gewerkschaften und Betriebsräte tun das, was sie können."

Die ersten Maßnahmen, die mit Hilfe der Gewerkschaften ergriffen worden seien, wie die Abwrackprämie und die Kurzarbeitergeldregelung, würden ihre Wirkung zeigen.

Er erwarte jetzt aber auch eine Gegenleistung aus der Wirtschaft, betonte Sommer: "Dass die Unternehmen alles tun, übrigens auch Herr Driftmann mit seinem Deutschen Industrie- und Handelskammertag, um Beschäftigung zu sichern; Herrn Driftmann speziell auch noch, um Ausbildung zu erhalten", sagte Sommer.

Würde diese Gegenleistung aus der Wirtschaft ausbleiben, befürchte er, dass es zu sozialen Unruhen kommen könnte, warnte Sommer erneut: "Sie wissen, wie Menschen reagieren, wenn sie ihre Existenz verlieren."

Schwan: Die Wut der Menschen könnte deutlich wachsen

Die Präsidentschaftskandidatin Schwan sagte: "Ich kann mir vorstellen, dass in zwei bis drei Monaten die Wut der Menschen deutlich wachsen könnte." Dann würden "vermutlich abfedernde Maßnahmen wie das Kurzarbeitergeld" auslaufen. "Wenn sich dann kein Hoffnungsschimmer auftut, dass sich die Lage verbessert, dann kann die Stimmung explosiv werden." Schließlich gebe es seit Jahren ein "Unbehagen über die wachsende soziale Kluft" in Deutschland.

Bundesarbeitsminister Olaf Scholz (SPD) wies solche Szenarien zurück. Er befürchte keine sozialen Unruhen wie etwa derzeit in Frankreich. "Deutschlands ist ein funktionierender Sozialstaat", sagte Scholz. Er unterstrich, angesichts der schlechten Wirtschaftsdaten müsse alles darangesetzt werden, Massenentlassungen zu vermeiden. Die Bundesregierung sei auch bereit, die Kurzarbeit möglicherweise länger als bisher zu fördern.

Auch Bayerns Ministerpräsident Seehofer kritisierte die Warnungen von Sommer und Schwan. "Ängste vor sozialen Unruhen zu schüren, halte ich für unverantwortlich", sagte er. "Damit betreibt man doch das Geschäft von Rattenfängern am rechten und linken politischen Rand." Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, Hans Heinrich Driftmann, sagte ebenfalls: "Der Chef des DGB sollte sich verantwortungsvoller äußern und nicht zündeln." Der Vorsitzende der CDU-Sozialausschüsse CDA, Karl-Josef Laumann, warnte vor Panikmache und betonte: "Von sozialen Unruhen sind wir weit entfernt."