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Siemens soll Millionen an die CDU gespendet haben

Rückblick

Der am Donnerstag freigelassene ehemalige Rüstungsstaatssekretär Ludwig-Holger Pfahls (CSU) war nur einer der Akteure, der im CDU-Parteispendenausschuss eine Rolle spielte (siehe weiterer Bericht). In dem Ausschuss ging es neben dem Panzergeschäft mit Saudi-Arabien auch um behauptete Millionenspenden des Elektroriesen Siemens an die CDU.

Lüthje: Millionen-Spenden von Siemens

Eine der brisantesten Aussagen im CDU-Parteispendenausschuss machte der ehemalige Generalbevollmächtigte der Schatzmeisterei der Partei, Uwe Lüthje. Seinen Angaben zufolge hat er Ende der 1980er, Anfang der 1990er Jahre von dem damaligen Bundesschatzmeister der CDU, Walther Leisler Kiep, in Zürich Gelder in Höhe von 5 oder 6 Millionen DM erhalten.

Es habe sich bei den Geldern, die er von Kiep in Zürich erhalten habe, jedes Mal um 1 Million DM in bar gehandelt. Kiep habe ihm diese Gelder jeweils unmittelbar nach Erhalt übergeben und jedes Mal erklärt, dass es sich um Zuwendungen der Firma Siemens AG, München, handle. In einem Fall habe er - Lüthje - selbst bei einem Treffen, von Wolfgang Seelig, damals Vorstandsmitglied der Siemens AG, 1 Million DM für die CDU in bar erhalten.

Nach einem Bericht in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (FAZ) vom 7. Februar 2000 soll Lüthje am 2. Februar 2000 in der CDU-Bundesgeschäftsstelle noch weitere Einzelheiten berichtet haben: Er habe sich genau erinnert, wie er die erste Million von Seelig erhalten habe: Seelig habe den Geldkoffer neben ihn gestellt und offenbar erwartet, dass er den Koffer ergreife und verschwinde. Das habe er mangels Erfahrung mit solchen Dingen zunächst nicht begriffen. Erst als Seelig ihn "schief angesehen" habe, habe er geahnt, was von ihm erwartet werde, und sei mit dem Koffer weggegangen. Der ehemalige Siemens-Manager bestritt diese Aussage.

Lüthje: Ältere Spenden vom Atomkonzern

Anfang der 1980er Jahre seien die Spendengelder von Siemens noch über Tochterfirmen geflossen. In Folge des Flick-Skandals scheint sich diese Praxis aber geändert zu haben. Lüthje gab an, er sei am Montag, dem 2. April 1984, in München von Herrn Hirschmann, Vorstandsmitglied der Firma Siemens, in einem ausführlichen Gespräch über die im Hause Siemens festgelegte "Neuordnung ihrer Spendenzahlungen" an die CDU unterrichtet worden.

Es sei bis dahin üblich gewesen, dass einzelne zum Siemenskonzern gehörende Firmen direkt an die CDU spendeten, so Lüthje. In einem Schreiben Lüthjes vom 5. Februar 2000 heißt es: "Das galt z. B. für die Firma KWU. Mein Gesprächspartner in der KWU war der Vorstandsvorsitzende Dr. Barthelt gewesen. Ich war damals wegen eines Termins für die Spende 1984 vorstellig geworden. Die Siemens-Tochter KWU - Kraftwerk Union AG - war damals vor allem bekannt dafür, Atomkraftwerke zu bauen.

Lüthjes Brief vom 21. Mai 1993

Ein weiterer Hinweis auf Spenden der Firma Siemens an die CDU ergab sich für den CDU-Parteispenden-Untersuchungsausschuss aus einem Brief Lüthjes vom 21. Mai 1993, den er in seiner Funktion als Geschäftsführer der Union-Betriebs-Gesellschaft mbH (UBG), einem Wirtschaftsbetrieb der CDU, an die damalige Bundesschatzmeisterin der CDU, Brigitte Baumeister, geschrieben hatte. In diesem Brief deutet er die Zusammenarbeit der CDU mit der Firma Siemens an.

Er kritisiert, dass Frau Baumeister bei der Vergabe eines Auftrages zur Installation des Kommunikationsnetzes der Partei zugunsten der Firma Hewlett-Packard interveniert habe. Er führt aus, dass der Schatzmeisterin, wenn sie sich in der Sache kundig gemacht hätte, nicht entgangen wäre, in welch hohem Maße die UBG und die CDU insgesamt der Firma Siemens/Nixdorf zu "Dank für alle Hilfe" verpflichtet seien.

Weyrauch bestätigte Siemens-Spenden - nicht Karlheinz Schreiber

Neben Lüthje bestätigte auch Horst Weyrauch, der frühere Finanzberater der CDU, mehrfach die Existenz von Siemens-Spenden. Weyrauch erklärte in seiner Eidesstattlichen Versicherung vom 10. Februar 2000, die Spenden im Zusammenhang mit Siemens seien ihm "irgendwie durch Bemerkungen von Herrn Kiep und Dr. Lüthje bekannt" gewesen.

Als er von Kiep telefonisch zur Entgegennahme der 1 Million DM am 26. August 1991 in St. Margrethen in die Schweiz bestellt worden sei, sei er deshalb davon ausgegangen, "dass es sich um ein Treffen mit einem Siemens-Vorstandsmitglied handeln würde" und nicht mit dem ihm bis dahin unbekannten Karlheinz Schreiber.

Bei seiner Vernehmung durch die Staatsanwaltschaft Bonn am 15. Februar 2000 erläuterte Weyrauch weiter, Lüthje habe ihm schon damals mitgeteilt, die auf die Norfolk-Konten eingezahlten Geldbeträge stammten von der Firma Siemens.

Ein weiterer Hinweis darauf, dass Siemens in den achtziger Jahren Spenden an die CDU geleistet hat, ergibt sich aus der Aussage von Horst Weyrauch vor der Staatsanwaltschaft Bonn, in der er von der Auflösung eines Safes bei der SBG im Jahre 1992 berichtete: Als dieser Safe bei der SBG aufgelöst wurde, habe er zusammen mit Lüthje die darin befindlichen Unterlagen gesichtet und später vernichtet. Bei den im Safe befindlichen Unterlagen soll es sich nach der Aussage von Weyrauch um "Abrechnungen bzw. Vermögensübersichten" betreffend die geflossenen Gelder der Staatsbürgerlichen Vereinigung sowie "Siemens-Gelder" gehandelt haben.

Siemens dementiert und bestätigt "nützliche Aufwendungen"

Die Siemens AG teilte dem Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages in einem Schreiben vom 10. Mai 2000 mit, sie habe vor 1997 überhaupt nicht an Parteien gespendet. Dies sei Anfang der achtziger Jahre vom Vorstand so festgelegt worden.

Hans Hirschmann, in den achtziger Jahren Mitglied des Vorstands der Siemens-Tochter Kraftwerk Union AG (KWU), räumte am 6. Juli 2000 vor dem Ausschuss ein, er habe sich im Jahre 1984 mit Dr. Lüthje in München im Hotel Bayerischer Hof zu einem Gespräch getroffen. Dr. Lüthje habe die KWU zur Zusage von regelmäßigen Spenden für die CDU bewegen wollen. Hirschmann habe gegenüber Dr. Lüthje aber erklärt, er sei für die Vergabe von Spenden nicht zuständig. Außerdem werde im Konzern zentral über die Spenden entschieden.

Dr. Heribald Närger, früherer Finanzchef und Aufsichtsratsvorsitzender der Siemens AG, bekundete vor dem Untersuchungsausschuss am 7. Dezember 2000, er sei als langjähriger Finanzchef in der Siemens AG grundsätzlich für Spenden an Parteien zuständig gewesen. Aufgrund der damaligen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit der Flick-Parteispendenaffäre habe die Siemens AG im Jahre 1982 ihre Spendenpraxis jedoch geändert: Es sei vom Vorstand eine völlige "Abstinenz gegenüber allen Parteispenden" und gegenüber allen Wünschen, die der Siemens AG von Parteien oder nahe stehenden Vereinigungen unterbreitet würden, beschlossen worden.

Närger räumte gegenüber dem Untersuchungsausschuss jedoch ein, dass die Tochtergesellschaften der Siemens AG eigenständig über Spenden zu entscheiden hatten. Weiterhin räumte Närger ein, die Firma Siemens habe im Ausland Konten für sogenannte nützliche Aufwendungen gehabt, die ihm nicht gemeldet werden mussten. Die geschäftsführenden Bereiche seien befugt gewesen, Konten im Ausland zu eröffnen, um Großaufträge durchzuführen und abzurechnen. Es sei nicht kontrolliert worden, ob die nützlichen Aufwendungen letztlich zu Parteispenden genutzt worden seien.

Aussagen zum Zweck der behaupteten Spenden

Lüthje zufolge soll Siemens Ende der 1980er und Anfang der 1990er Jahre insgesamt wahrscheinlich 8, wenn nicht gar 9 Millionen DM an die CDU gespendet haben. Laut Presseberichten könnten die Zahlungen eine Gegenleistung für "Türöffnerdienste" bei Geschäften mit der DDR gewesen sein.

Kiep soll nach einem Besuch in der DDR Ende Mai 1988 sowohl mit dem damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl in allgemeinen Zügen als auch mit Alfred Herrhausen von der Deutschen Bank und Karl-Heinz Kaske, dem Siemens- Chef, sehr konkret darüber gesprochen haben, wie die Wirtschaftsbeziehungen zwischen beiden Staaten vor allem durch die Einbeziehung des Hochtechnologiebereiches auf Projekte neuer Qualität und langfristiger Entwicklung ausgedehnt werden könnten.

Kiep schrieb am 16. Juni 1988 einen Brief an Alfred Herrhausen, den damaligen Sprecher des Vorstands der Deutschen Bank AG. Darin unterrichtete er diesen über Gespräche mit Vertretern aus Partei, Regierung und dem Institut für Politik und Wirtschaft der DDR in Bezug auf Infrastrukturprojekte in der DDR, insbesondere im Bereich der Telekommunikation. Kieps Ziel war die Beteiligung der Deutschen Bank durch projektgebundene Kredite. Er wollte von Herrhausen wissen, ob er solche Projekte unterstützen würde. Es müsste aber absolute Vertraulichkeit gewahrt werden. Aus naheliegenden Gründen - so schreibt Kiep weiter - habe er bisher lediglich Prof. Dr. Karl Heinz Kaske, den damaligen Vorstandschef der Siemens AG, vertraulich unterrichtet.

Prof. Dr. Jürgen Nitz, ein früherer Abteilungsleiter des Instituts für Internationale Politik und Wirtschaft (IPW) der DDR, machte ebenfalls Aussagen vor dem Parteispenden-Untersuchungsausschuss. Demnach erinnerte Kiep im Auftrage von Siemens (Vorstandsvorsitzender Kaske) und der Deutschen Bank (Vorstandsvorsitzender Herrhausen) an ein Kooperationsangebot zur völligen Modernisierung des Telefonnetzes der DDR durch den BRD-Konzern (über zehn Jahre) in enger Zusammenarbeit mit der Fernmeldeindustrie der DDR. Die Rückzahlung von Krediten könnte über den sich ständig verstärkenden Telekommunikationsverkehr DDR-BRD und Westberlin bzw. Westberlin-BRD zu erreichen sein. G. Mittag hätte bislang diesen Vorschlag blockiert.

Er hatte daraufhin eingeräumt, Verbindungen zwischen der DDR und der Bundesrepublik - auch Siemens - hergestellt zu haben. In diesem Zusammenhang hätten er und Herrhausen in der Tat in einem bestimmen Fall in einem Gespräch in Frankfurt den Gedanken gehabt, ob es nicht die Möglichkeit gebe, das Kommunikationssystem der DDR in den achtziger Jahren auf einen modernen Stand zu bringen. Darüber habe er auch mit der Bundesregierung gesprochen, insbesondere sei der damalige Bundeskanzler Dr. Kohl oder das Bundeskanzleramt über die Kontakte informiert gewesen.

Aktuell: 4 Millionen Euro vom Verband der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie

Seit Jahren taucht Siemens als Großspender in den Rechenschaftsberichten der Parteien nicht mehr auf. Allerdings flossen in den vergangenen Jahren jeweils mehrere Millionen vom Verband der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie e.V. an die CSU.

1998 erhielt die Partei nach Informationen des Deutschen Bundestages vom Verband der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie 655.000 DM. 1999 waren es 450.000 DM, im Jahr 2000 700.000 DM und 2001 770.000 DM. Im Wahljahr 2002 flossen 1.050.000 Euro an die CSU. Im Jahr 2003 waren es 540.000 Euro und 2004 370.000 Euro.

Auch im Wahljahr 2005 flossen seitens des Verbandes der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie mehrere Spenden an die CSU. Am 21. April waren es 360.000 Euro und am 15. Juli noch einmal 400.000 Euro. Insgesamt spendete der Verband im laufenden Jahr bislang also 760.000 Euro an die CSU - das macht seit 1998 gut 4 Millionen Euro an Parteispendengeldern.

Der Verband wird offenbar getragen von Siemens, den Automobilkonzernen BMW und Audi, dem Elektrokonzern Bosch und des zur DaimlerChrysler AG gehörenden Rüstungskonzerns EADS und einer Reihe weiterer Unternehmen.