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Diskussionen um geplante Angleichung von Privat- und Kassenpatienten

"Heißer Winter"

Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach befürwortet die Pläne von SPD-Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD), gleiche Honorarsätze für privat und gesetzlich Versicherte einzuführen. Dadurch würde der Kreis der Einzahler in die gesetzliche Krankenversicherung erweitert werden. Wenn die große Koalition den Steuerzuschuss zur Krankenversicherung abbauen wolle, dann bleibe als einzige Möglichkeit, höhere Beitragssätze zu vermeiden und auch heute privat Versicherte stärker in die Finanzierung des Solidarsystems einzubeziehen, sagte Lauterbach der "Passauer Neuen Presse". Der Ärzteverband Hartmannbund hingegen hat angesichts der wirtschaftlichen Schwierigkeiten vieler Arztpraxen energisch gegen die Pläne protestiert und mit einem "heißen Winter" gedroht. Auch die gesetzlich Versicherten würden darunter leiden, wenn die Einkünfte der Ärzte durch die Maßnahmen weiter sinken würden.

Zur Zeit würden Kassenpatienten benachteiligt, obwohl sie hohe Beiträge bis zu 550 Euro monatlich zahlen, meint Lauterbach, der auch die Forderung Schmidts nach Fusionen zwischen den Krankenkassen unterstützt. "Wir brauchen in Deutschland keine 261 unterschiedlichen Krankenkassen", sagte Lauterbach ohne konkrete Begründung. 30 bis 50 Kassen reichten vollkommen aus, meint der Experte. Das habe langfristig sinkende Beiträge zur Folge. In einigen Jahren könnte dies ein Entlastungspotenzial von einem halben Beitragssatzpunkt bedeuten.

Der Ärzteverband Hartmannbund hat Ministerin Schmidt dagegen bei Umsetzung ihrer Pläne zur Angleichung der Ärztehonorare für gesetzliche und private Krankenversicherte mit einem "heißen Winter" gedroht. "Der Frust in der Ärzteschaft sitzt so tief, dass wir weitere Zumutungen für die Patienten und uns strikt ablehnen", sagte Verbandschef Kuno Winn der "Berliner Zeitung".

"Wir halten die Senkung des Honorars für Privatpatienten um ein Viertel für schlicht verfassungswidrig." Schon heute sei der finanzielle Druck in den meisten Praxen enorm. Seit Jahren stagnierten die Einkünfte, zugleich liefen die Kosten davon. "Wenn nun auch noch die Vergütung für Privatpatienten gedrückt wird, dann leiden alle darunter - auch die gesetzlich Versicherten", sagte Winn.

"Diese Gleichmacherei wird insgesamt die Versorgungssituation verschlechtern", sagte auch der Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Köhler, den "Ruhr Nachrichten".

Mit scharfer Kritik reagierte auch der Verband der privaten Krankenversicherung (PKV). PKV-Chef Reinhold Schulte sagte, die Ministerin plane entgegen den Koalitionsvereinbarungen die Einführung der Bürgerversicherung als staatliche Einheitsversicherung. Jeder wisse, dass sich damit die dringendsten Probleme in der Krankenversicherung nicht lösen ließen, so Schulte ohne nähere Begründung. Schulte betonte, er hoffe, dass sich die Koalitionäre darauf verständigen, den Weg für "mehr private kapitalgedeckte Vorsorge freizumachen".

Am 18. Nov. 2005

Thalidomid

Die gesetzlichen Krankenkassen verweigern nach einem Bericht des ARD-Magazins "Monitor" zunehmend die Kostenübernahme lebensrettender Krebsmedikamente, wenn diese bisher nur im Ausland zugelassen sind. Betroffen sei beispielsweise das Medikament Thalidomid, das in internationalen Studien eine hohe Wirksamkeit gegen Knochenmarks-Krebs bewiesen habe, aber nur außerhalb Europas zugelassen sei. Die Kassen berufen sich auf ein Urteil des Bundessozialgerichts vom 18. Mai, wonach sie Medikamente nicht erstatten müssen, die in Deutschland oder bei der EU keine Zulassung haben.

"Thalidomid entscheidet bei vielen austherapierten Patienten über Leben und Tod", sagte der Chefarzt des Tumorzentrums am St. Marien Hospital in Hamm, Heinz Dürk, dem Magazin. Die monatlich 800 bis 3000 Euro könnten viele Kassenpatienten nicht selbst aufbringen. Privatversicherten werde das Medikament von der Kasse erstattet.

Dürk sprach von einer "Zwei-Klassen-Gesellschaft in der Tumorbehandlung". Bei der Deutschen Leukämie - und Lymphom-Hilfe haben sich laut "Monitor" bereits Dutzende verzweifelte Patienten gemeldet.

Am 02-12-2004

Nach der Gesundheitsreform

Die gesetzlichen Krankenversicherungen wurden laut Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung um neun bis zehn Milliarden Euro entlastet. Rund 20 Prozent dieser Einsparungen tragen die gesetzlich Versicherten durch höhere Ausgaben für Gesundheit: Jeder dritte Deutsche spürte im ersten Jahr der Gesundheitsreform im Durchschnitt eine finanzielle Mehrbelastung von 150 Euro. Nimmt man an, dass die Betroffenen diesen Verlust durch Konsumverzicht kompensieren, entspricht dies einem Rückgang der privaten Nachfrage um circa 1,9 Milliarden Euro. Vor allem an Freizeitaktivitäten, Urlaub und Kleidung wurde gespart. Das geht aus dem ratiopharm Gesundheitskosten-Monitor 2005 hervor, einer repräsentativen Befragung von über tausend gesetzlich Versicherten, die das Unternehmen am Donnerstag in Berlin veröffentlichte.

Auch an anderer Stelle sparen die Patienten, laut Umfrage. Zum Beispiel bei Medikamenten: Das Reformwerk staffelt die Zuzahlung bei Arzneimitteln. Wer auf preiswertere Präparate mit gleicher Wirkung zurückgreift, muss teilweise weniger zuzahlen. Mit günstigen Arzneimitteln zu sparen, nehmen sich auch über 70 Prozent der Befragten für dieses Jahr vor. Außerdem sei laut Befragung die Gesundheitsvorsorge deutlich in den Köpfen der Menschen verankert. Fast alle Befragten geben an, sich verstärkt darum zu kümmern, gesund zu bleiben. Die Hälfte sieht Prävention als wirksames Rezept, um auf längere Sicht die eigenen Ausgaben zu reduzieren. Zwei Drittel aller Kassenpatienten begrüßen das geplante Präventionsgesetz, das Krankenkassen und Sozialversicherungsträger in Zukunft bei der Finanzierung von Vorsorgeprogrammen stärker in die Pflicht nehmen will.

Am 03-03-2005

Weniger für sozial Schwache

Die designierte Familienministerin Ursula von der Leyen sieht die Familien als Gewinner der Koalitionsverhandlung. Betreuungskosten wie Tagespflege von Kindern, die sich oft nur Besserverdienende leisten können, oder Pflegehilfen für Angehörige könnten künftig steuerlich abgesetzt werden, sagte von der Leyen der Tageszeitung "Die Welt". Damit bleibe den Familien mehr von ihrem selbstverdienten Geld. Insgesamt seien zur Förderung haushaltsnaher Dienstleistungen und der Betreuung fünf Milliarden Euro im Koalitionsvertrag festgeschrieben worden.

"Damit wird anerkannt, dass Eltern, die den Lebensunterhalt für ihre Kinder erwerben wollen, dafür Kinderbetreuungskosten in Kauf nehmen", sagte die CDU-Politikerin. Bezüglich des geplanten einkommensabhängigen Elterngeldes räumte die Ministerin ein, dass sozial Schwache künftig weniger bekommen werden als mit dem heutigen Erziehungsgeld von 300 Euro.

Als großen Fortschritt bezeichnete von der Leyen auch die Einführung eines einkommensabhängigen Elterngeldes von bis zu 1800 Euro. Wer also vor der Elternzeit mehr verdient hat, soll während der Kinderbetreuungszeit vom Staat mehr bekommen. Mit dieser Leistung werde klargemacht, "wie wertvoll die Entscheidung für ein Kind für die Gesellschaft ist".

Die künftige Bundesministerin räumte ein, dass sozial Schwache künftig weniger bekommen werden als mit dem heutigen Erziehungsgeld von 300 Euro. Denn auf das Elterngeld würden - anders als beim heutigen Erziehungsgeld - Sozialleistungen angerechnet. "Heute zementieren wir Kinder in der Sozialhilfe, weil es höhere finanzielle Leistungen für Kinder in der Sozialhilfe gibt", sagte sie. Sobald die Eltern Arbeit aufnähmen, gebe es nur noch das Kindergeld. Alle, die vor der Geburt berufstätig gewesen seien, führen aber mit dem künftigen Elterngeld besser, meint die Ministerin.

Am 18-11-2005

Modellversuch

Im rheinhessischen Wendelsheim ist die erste so genannte Patientenquittung ausgestellt worden. Das regionale Modellprojekt soll den Patienten der gesetzlichen Krankenversicherung mehr Einblick in die vom Arzt erbrachten Leistungen geben. Das offenere Abrechnungsverfahren sorge für mehr Transparenz, sagte die rheinland-pfälzische Gesundheitsministerin Malu Dreyer am Dienstag in Mainz. Zudem fördere die Information über ärztliche Leistungen das Kostenbewusstsein der Patienten.

Die Ministerin betonte, gesetzlich versicherte Patienten hätten bislang kaum die Möglichkeit, Aufschluss über die vom Arzt erbrachten Leistungen und das dafür berechnete Honorar zu bekommen. Der Arzt rechnet bisher direkt über die Kassenärztliche Vereinigung (KV) mit der Krankenkasse ab, ohne dass der Patient in dieses Verfahren einbezogen ist. Wiederholt wurden Betrügereien in großem Stil aufgedeckt.

Die Patientenquittung gibt Auskunft über die vom Arzt erbrachte Behandlung und die voraussichtliche Vergütung des Mediziners. Alle Leistungen und das dafür veranschlagte Honorar werden detailliert aufgelistet.

Die an dem Regionalmodell beteiligten Ärzte sind in zwei Gruppen unterteilt: 63 verschicken die Leistungs- und Kosteninformation am Ende eines Quartals an die Patienten ("Quartalsquittung"), in 32 Praxen bekommt jeder Patient die Quittung gleich beim Besuch mit ("tagesgleiche Quittung").

Das Modell wird wissenschaftlich ausgewertet. Davon erhoffen sich die Krankenkassen, die Kassenärztliche Vereinigung (KV) und das rheinland-pfälzische Gesundheitsministerium Hinweise auf die Praktikabilität und die Akzeptanz bei den Versicherten. Untersucht wird auch, welche Auswirkungen die Patientenquittung auf die Einstellung und das Handeln von Ärzten und Patienten hat. Sollten die Ergebnisse positiv ausfallen, könnte das Modell bundesweit ausgedehnt werden.

Für die Ausstellung einer "Quartalsquittung" bekommen Ärzte 2,25 Euro einschließlich der Portokosten, für die "Tagesquittung" 1,50 Euro. Insgesamt stehen für die einjährige Laufzeit des Projektes etwa 770 000 Euro zur Verfügung. Den größten Teil der Kosten tragen die Gesetzlichen Krankenkassen.

Am 02-04-2002