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Bundesregierung diskutiert weitere Kostensteigerungen für die Bevölkerung

Analyse

Permanent wird die Bevölkerung mit neuen Überlegungen für die Erhöhung von Gebühren, Steuern und Abgaben sowie mit Dementis, Beschwichtigungen, Drohungen und Relativierungen durch hypothetische noch weitergehende Schritte konfrontiert. Ein Spiel mit verteilten Rollen. Der Fantasie von Wirtschaft und Politik für die immer weitere Erhöhung der "Lebenshaltungskosten" der breiten Bevölkerung sind offenbar keine Grenzen gesetzt. Umgekehrt läuft das gleiche Spiel, wenn es darum geht, "die Wirtschaft zu entlasten" oder Besserverdienenden ein Elterngeld von 1800 Euro zu bezahlen. Aktuell erregt ein Bericht der Zeitung "Die Welt" die Gemüter. Demnach sollen Patienten nicht mehr nur einmal im Quartal zehn Euro zahlen, sondern künftig bei jedem Arztbesuch fünf Euro. Das Bundesgesundheitsministerium wies den Bericht am Freitag "kategorisch" als "Unsinn" zurück. Der CDU-Gesundheitsexperte Jens Spahn sagte dagegen lediglich: "Wir diskutieren offen über alles, entschieden ist nichts".

Unter Berufung auf Koalitionskreise hatte die Zeitung gemeldet, mit den Veränderungen bei der Praxisgebühr könnten drohende Beitragssatzsteigerungen bei den gesetzlichen Kassen abgewendet werden. "Das bringt nicht nur mehr Einnahmen, sondern hat auch eine Steuerungsfunktion", zitierte das Blatt Insider. Durch die Maßnahme bekämen die Kassen relativ kurzfristig mindestens eine Milliarde Euro zusätzlich.

Im Jahr 2005 brachte die Praxisgebühr von derzeit zehn Euro je Quartal dem Bericht zufolge Einnahmen in Höhe von 1,6 Milliarden Euro. Die gesetzlichen Kassen befürchten im Jahr 2007 wegen verschiedener gesetzlicher Maßnahmen ein Defizit von mindestens fünf Milliarden Euro.

Ministeriumssprecher Klaus Vater sagte, über die Praxisgebühr sei in der Arbeitsgruppe zur Gesundheitsreform überhaupt nicht gesprochen worden. Der CDU-Gesundheitsexperte Jens Spahn, der Mitglied der Arbeitsgruppe ist, sagte relativierend: "Man muss schauen, ob die Instrumente, die wir haben, jene Steuerungsentwicklung entfalten, die wir haben wollten." Vieles sei möglich. Beiträge wollte er allerdings nicht nennen, da zunächst die Zahlen abgewartet werden müssten.

Die Ärzte meldeten umgehend Protest an. "Dieser Vorschlag ist ein reines Modell zum Abkassieren der Patienten", sagte der Bundesvorsitzende des Verbandes der niedergelassenen Ärzte Deutschlands (NAV-Virchow-Bund), Maximilian Zollner. Die Mediziner seien nicht die "Geldeintreiber der Kassen".

Der Bundesgeschäftsführer des Sozialverbandes "Volkssolidarität", Bernd Niederland, sprach von einem "neuerlichen Versuch der Politik, herauszufinden, was bei der anstehenden Gesundheitsreform durchsetzbar ist". Damit würden die gesetzlich Krankenversicherten ein weiteres Mal verunsichert.

Böhmer eröffnet Nebenschauplatz - Gesundheitsministerium in der Rolle des Besonnenen

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) brachte die alte Überlegung ins Spiel, eine erste Gruppe von Patienten von den Leistungen der Krankenkassen auszunehmen. Dabei nannte er für einen solchen ersten Schritt eine Gruppe, bei der er auf breite Zustimmung hoffen kann: So könne man Risikosportarten aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen ausgliedern. Risikosportler sollten sich künftig privat absichern. Den Versicherten müsse "mehr Eigenverantwortung" übertragen werden, um Kosten zu sparen. "Wir müssen darüber reden, wie man diejenigen, die gesundheitsbewusst leben, begünstigt und diejenigen, die es darauf ankommen lassen, mit in die Verantwortung einbindet", forderte der CDU-Politiker.

Dazu hieß es aus dem Gesundheitsministerium, diese Idee sei von Fachleuten schon vor Jahren diskutiert worden. Hier gebe es große Abgrenzungsprobleme. Der Vorschlag sei nicht praktikabel, auch wenn er auf den ersten Blick bestechend klinge.