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Regierung verweist auf G8-Erklärung - Juristen beklagen Völkerrechtsbruch

Krieg in Nahost

Die Bundesregierung ist "auf Basis der G8-Erklärung für die schnellstmögliche Herstellung der Waffenruhe im Nahen Osten". Die G8-Staaten hatten am 16. Juli bei ihrem Gipfeltreffen in St. Petersburg die Freilassung der entführten israelischen Soldaten, die Einstellung des Beschusses Israels, den Stopp der israelischen Militäroperationen und den Rückzug der israelischen Truppen aus dem Gaza-Streifen gefordert. Nach Ansicht des früheren FDP-Fraktionschefs Wolfgang Gerhardt geht Israel mit seinen Militärschlägen gegen Einrichtungen in Südlibanon "über die Selbstverteidigung hinaus". Israel habe "jedes Recht", den eigenen Staat zu verteidigen, so Gerhardt: "Aber Israel kann daraus nicht das Recht ableiten, Zustimmung zu bekommen, wenn es zivile Ziele in Beirut bombardiert." Nach Auffassung der Juristenorganisation IALANA ist der Angriff der Israelischen Armee auf Libanon völkerrechtswidrig. Dazu dürfe man auch vor dem Hintergrund der Geschichte nicht schweigen. Eine Israel den Einsatz militärischer Mittel gestattende Resolution des Sicherheitsrates gebe es nicht. Im übrigen sei völlig unklar, wer für die Entführung der Israelis verantwortlich sei.

Insbesondere könne sich die Israelische Regierung nicht auf die Resolution 1559 aus dem Jahr 2004 berufen, mit der die libanesische Regierung aufgefordert worden sei, die auf ihrem Gebiet agierenden Hisbollah-Milizen aufzulösen und zu entwaffnen, meinen die Juristen von IALANA. Diese Resolution ermächtige gerade nicht zum militärischen Eingreifen. Zudem verwundere die Berufung Israels auf diese UN-Resolution. Denn Israel selbst missachte seit Jahren alle UN-Resolutionen, die die israelische Armee zum Rückzug aus den besetzten Gebieten aufforderten.

Auch ein Fall der Selbstverteidigung Israels liege in diesem Krieg nicht vor. Denn die Entführung zweier israelischer Soldaten "durch Unbekannte" könne - jedenfalls bislang - nicht der libanesischen Staatsführung zugerechnet werden. Gleiches gelte für die in Reaktion auf die gewaltförmigen Auseinandersetzungen im Gaza-Streifen zwischen der Besatzungsmacht Israel und den Palästinensern erfolgten Abschüsse von Raketen "durch Unbekannte" vom libanesischen Staatsgebiet aus. Eine Verantwortlichkeit für diese "den Hisbollah-Milizen zugeschriebenen" verbrecherischen Terrorangriffe auf israelische Siedlungen könne bislang der libanesischen Regierung ebensowenig nachgewiesen werden wie den dort befindlichen UN-Truppen, die diese nicht hätten unterbinden können.

Zudem verletze die Art des militärischen Vorgehens Israels "zentrale Grundsätze des humanitären Kriegsvölkerrechts", schreibt die Juristenorganisation. Der israelische Waffeneinsatz missachte das strikte Gebot der Unterscheidung zwischen Kämpfenden (Kombattanten) und der Zivilbevölkerung. Wer Bomben und Artilleriegeschosse gegen von der Zivilbevölkerung bewohnte Städte und Dörfer einsetze, handele "verbrecherisch". "Staatsterrorismus ist nicht weniger verwerflich als Anschläge nicht-staatlicher Akteure gegen die Zivilbevölkerung", so IALANA. Wenn beim Einsatz solcher Waffen nicht zwischen Kombattanten und Zivilisten unterschieden werden könne, gebe es nach dem geltenden Völkerrecht nur eine legale Konsequenz: Sie dürften nicht eingesetzt werden.

In jedem Falle verletzten die Kriegshandlungen Israels zudem "den völkerrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit". In Relation zu der Entführung zweier Soldaten "durch Unbekannte" handele es sich um eine "maßlose Überreaktion der israelischen Armee", der nunmehr bereits mehr als 200 Zivilisten zum Opfer gefallen seien.

Es verwundere schon die Berufung Israels auf die zitierte UNO-Resolution. Wenn eine solche Berufung geschehe, dann müsse aber auch die Resolution beachtet werden, die die israelische Armee zum Rückzug aus den besetzten Gebieten auffordere. Letztlich führten die einseitigen militärischen Aktionen Israels zu einem Flächenbrand, der den Weltfrieden insgesamt in Gefahr bringen könne und vor allem das Risiko eines Atomkriegs heraufbeschwöre. Die Juristenorganisation fordert daher die Einberufung einer Nahost-Konferenz.

Ärzte glauben nicht an Waffenstillstands-Appelle

Auch die Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW) verlangen von der deutschen Regierung den Einsatz für einen sofortigen Waffenstillstand und eine Konferenz für Frieden und Zusammenarbeit im Nahen Osten.

Die Ärzte verweisen auf eine gemeinsame Erklärung von UNICEF (Kinderhilfswerk der UN) und WHO (Weltgesundheitsorganisation), wonach der israelische Bombenkrieg bislang 500.000 Menschen in die Flucht getrieben haben soll. Auch sei die Grundversorgung der Bevölkerung mit Wasser und Strom auch abseits der Kampfhandlungen nicht mehr gesichert.

Gleichzeitig hielten die militärischen Übergriffe auf die Bevölkerung in Gaza und im Westjordanland weiter an. Wegen der Bombardierungen auf das Elektrizitätswerk in Gaza am 28. Juni und "dem Verbot, Öl, Nahrung und Medikamente in die besetzten Gebiete zu transportieren", drohe der Ausbruch von Seuchen. Kranke Menschen können nach Darstellung der Ärzteorganisation nicht mehr in den Krankenhäusern versorgt werden.

Die Organisation glaubt den Appellen der deutschen Bundesregierung für einen Waffenstillstand nicht: "Trotz dieser erschreckenden humanitären Katastrophe haben laut Zeitungsmeldungen die amerikanische und britische Regierung der israelischen Regierung zugesichert, das militärische Vorgehen noch eine Woche zu tolerieren, bevor die beteiligten Parteien zu einem Waffenstillstand aufgerufen würden. Angesichts dieser humanitären Katastrophe, angesichts des sich weiter ausdehnenden Krieges im Nahen Osten, sind wir Ärzte der IPPNW entsetzt über die Haltung unserer Bundesregierung."

"Wir bedauern, dass die deutsche Regierung sich vor einer klaren und eindeutigen Stellungnahme drückt und sind empört, dass sie ihre Rüstungskooperation mit der stärksten Regionalmacht im Nahen Osten und gleichzeitiger Atommacht nicht längst abgebrochen hat", kritisieren die Ärzte Verhütung des Atomkrieges.

Israelische Journalisten treten aus internationaler Journalisten-Föderation aus

Die Israelische Botschaft in Berlin teilte unterdessen mit, dass Israelische Journalisten aus der internationalen Journalisten-Föderation (IFJ) ausgetreten sind. Die Journalisten-Föderation habe am Wochenende Israel wegen der Bombardierung des Gebäudes verurteilt, von dem aus der Fernsehsender der Hisbollah Al-Manar sendete. Als Reaktion auf die Kritik seien die israelischen Vertreter am Donnerstag aus der Föderation ausgetreten, teilte die Botschaft mit.

In der Mitteilung der Journalisten-Föderation heiße es, dass die Bombardierung des Gebäudes von Al-Manar in Beirut eine "klare Konkretisierung dafür ist, dass Israel eine Politik der Gewalt verfolgt, um die Medien, die ihm nicht passen, zum schweigen zu bringen".

Der Generalsekretär der Föderation Aidan White habe hinzugefügt, dass das Vorgehen Israels bedeute, dass "die Medien zu legitimen Zielen in jedem Konflikt werden können. Dies ist eine Politik ist eine Katastrophe für die journalistische Freiheit und eine Regierung, die sich selbst als Demokratie bezeichnet, darf so etwas nicht tun."

Die Mitteilung der Föderation erinnere zwar auch daran, dass Al-Manar mit der Hisbollah in Verbindung stehe, so die Israelische Botschaft, und "eine politische Gruppe ist, deren militärischer Arm an gewaltsamen Angriffen gegen Israel beteiligt ist". Doch direkt im Anschluss heiße es, dass "wenn eine Seite beschließt, eine Presseorganisation auszulöschen, weil sie ihre Berichte als Propaganda betrachtet, dann befinden sich alle Medien in Gefahr."

Der Journalist Yaron Anush, Mitglied der Föderationsleitung, habe ein scharfes Reaktionsschreiben an White geschickt. "Die Sendungen von Al-Manar sind eine erklärte Unterstützung für Terroraktionen", so Anush, "und Ihre Unterstützung jener weist daraufhin, dass Sie und die Organisation, an deren Spitze Sie stehen, nicht würdig sind die Journalisten und die Presse zu vertreten. Ich erinnere mich nicht, dass Sie öffentlich gegen die Verletzung von fünf israelischen und ausländischen Journalisten erst vergangene Woche protestiert haben, die bei Bombardements der Hisbollah auf Israel verletzt wurden".

Anush forderte von White, die Äußerungen öffentlich zurückzunehmen, andernfalls würden die Israelis sofort ihre Mitgliedschaft im Rat kündigen, der sich mehr und mehr als Organisation mit einseitigem politischen Charakter zeige und nicht als Vertreter der freien Presse.