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Liechtenstein will Steuerpolitik nicht zu Lasten von Steuerhinterziehern ändern

FAZ-Interview

In der Affäre um Steuerhinterziehungen durch deutsche Vermögende will Liechtenstein keine grundlegenden Änderungen seiner Steuer- und Finanzpolitik einleiten. Einen Tag nach seinem Berlin-Besuch lehnte der Regierungschef des Fürstentums, Otmar Hasler, es ab, auf angebliche zentrale Forderungen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) einzugehen. Im Interview mit der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" sagte Hasler, für Bankkunden in Liechtenstein werde "der Schutz der Privatsphäre ein fundamentales Recht" bleiben. Liechtenstein betrachte es als Tradition, dass Steuerhinterziehung nicht strafrechtlich verfolgt werde. Auch wolle sein Land weiter anonyme Stiftungen ermöglichen. Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" hatte sich gleich zu Beginn des Skandals mit Tipps für Steuerhinterzieher hervorgetan (ngo-online berichtete). In Deutschland ist Steuerhinterziehung ein Straftatbestand. Unterdessen wurde bekannt, dass offenbar auch deutsche Banken liechtensteinische Stiftungen verwaltet haben sollen.

Das Fürstentum lehnt laut Hasler zudem eine Gleichbehandlung deutscher und amerikanischer Finanzämter sowie eine angeblich von Merkel geforderte engere Kooperation mit der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) ab.

Der Bundesregierung warf Hasler "Geheimnisverrat" bei der Beschaffung von Steuerdaten in seinem Land vor. Nach einem Bericht von "Capital Online" planen die Ermittler des Fürstentums ein Rechtshilfeersuchen an die deutsche Justiz, um dem Informanten des Bundesnachrichtendienstes (BND) auf die Spur zu kommen. Der BND hatte die Daten-DVD vier bis fünf Millionen Euro bezahlt.

Über die Erstattung der Kosten an den Geheimdienst gibt es nach einem Bericht des ARD-Hauptstadtstudios Streit zwischen Bund und Nordrhein-Westfalen. Das Land habe zunächst 100 Prozent, später aber nur 50 Prozent tragen wollen. Das Finanzministerium in Düsseldorf bestritt eine Zusage zur Deckung in voller Höhe mit der Begründung, dass auch der Bund und andere Bundesländer von den Steuermehreinnahmen profitieren. Auslöser für die Beschaffung der Daten war die Bitte um Amtshilfe der nordrhein-westfälischen Finanzbehörden an den BND.

Deutsche Banken sollen liechtensteinische Stiftungen verwaltet haben

Unterdessen sind im Zuge der Affäre auch deutsche Banken ins Visier der Ermittler geraten. Die "Süddeutsche Zeitung" berichtete, Fahnder hätten Indizien gefunden, wonach Privatbanken und andere Geldinstitute in Deutschland liechtensteinische Stiftungen verwaltet haben sollen. Ein Sprecher der federführenden Staatsanwaltschaft Bochum sagte "Spiegel Online", die Ermittlungen bezögen sich auf einzelne Bankmitarbeiter und nicht gegen die Geldinstitute selbst.

Das Frankfurter Bankhaus Metzler bestätigte Ermittlungen gegen drei Mitarbeiter, betonte aber, dass weder für sich oder Dritte in Liechtenstein Stiftungen errichtet oder Kunden in diese Richtung beraten worden seien.

Unterdessen bekommt Erbprinz Alois Unterstützung aus Deutschland für seinen Vorwurf, das deutsche Steuersystem sei mitverantwortlich dafür, dass Deutsche ihr Geld anderswo anlegten. Der Steuerexperte Paul Kirchhof sagte, er habe "Verständnis für denjenigen, der gegenüber dem deutschen Steuerrecht nur ein schwaches Rechtsbewusstsein ausbildet." Das Steuerrecht sei unverständlich, weil es zu viele Möglichkeiten biete, auszuweichen. Der Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Norbert Walter, bezeichnete das deutsche Steuersystem als "Katastrophe".