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Armut im Alter | Altersarmut in Deutschland

Senioren gelten heute oft als eine privilegierte Gruppe. Früher verrentet, länger lebend, profitieren sie vom medizinischen Fortschritt und sind mit erarbeiteten Ersparnissen und privaten Rentenanwartschaften gut ausgestattet.

Man sagt, es geht ihnen im Schnitt zur Zeit besser als früheren Generationen.

Ostdeutsche Rentnerinnen, die in den ersten Jahren nach der Wende in den Ruhestand eingetreten sind, haben zwar selten große erarbeitete Ersparnisse und kaum private Rentenanwartschaften.

Doch sie konnten sich meistens auf ungeschmälerte Beitragszeiten von ca. 45 Jahren stützen (Frauen: rd. 37 Jahre) und wurden deshalb oftmals als die wahren Gewinner der Einheit bezeichnet.

Fast unbemerkt und ohne große Schlagzeilen sind wir aber an einem Scheitelpunkt angelangt-

Millionen Menschen werden in den kommenden Jahren von ihrer Rente nicht mehr Leben können.

Vor allem in Ostdeutschland werden die Renten in die Nähe der Grundsicherung von 600 Euro oder sogar darunter absinken, bei Frauen gar unter 500 Euro.

Das Statistischem Bundesamt hat zum Jahresende 2008 veröffentlicht, dass es 2008 insgesamt 768.000 Empfänger von Grundsicherung zur Rente gab - ein Anstieg um 4,8 Prozent gegenüber 2007

Waren in den vergangenen Jahren meist überwiegend Frauen von Altersarmut betroffen, so sind es jetzt auch immer mehr Männer, die im Alter nicht genug Geld zum Leben haben. Ihre Zahl stieg im Vergleich zu 2007 um 6,1 Prozent. Zum Vergleich: Die Zahl armer Rentnerinnen stieg "nur" um 3,8 Prozent.

Schlimm wird es für die Jahrgänge 1942 bis 1961, die in den nächsten 20 Jahren in Rente gehen, denn 30 Prozent in Ostdeutschland werden davon ausschließlich nur die gesetzliche Rente erhalten, ohne Zusatzversorgungen und private Vorsorge.

Von den heute 45- bis 65-jährigen Arbeitern und Angestellten in den neuen Bundesländern verfügen etwa 67 Prozent über eigene Erfahrungen mit Arbeitslosigkeit.

Sie waren im Durchschnitt mehr als acht Jahre arbeitslos, mit entsprechenden Wirkungen auf ihre gesetzliche Rente.

Auch geringverdienende Selbständige sind von Altersarmut bedroht. Denn meist beziehen sie noch ergänzendes Hartz-IV und müssen außerdem meist privat Altersvorsorge betreiben.

Da etwa ein Drittel aller Selbständigen im Jahr 2005 lediglich über ein monatliches Nettoeinkommen von unter 1.100 Euro verfügte, ist davon auszugehen, dass keine ausreichende Vorsorge getroffen werden kann.

SGB II - der Einstieg zur Armut

Besonders armutsgefährdet im Alter sind Leistungsbezieher des SGB II, also Hartz-IV Betroffene. Die für Arbeitslosengeld II-Beziehende zu entrichtenden Rentenversicherungsbeiträge betragen seit dem 1. Januar 2007 nur noch rund 40 Euro pro Monat.

Ein Jahr Arbeitslosengeld II-Bezug führt damit zu einer Rentenanwartschaft von etwa 2,19 Euro im Monat.

Die Beiträge seitens der Bundesagentur für Arbeit werden ab 2001 für einen Bezieher von Arbeitslosengeld II nicht mehr entrichtet.

Neben noch geringerer Altersrente bedeutet dies für die Betroffenen, dass Lücken im Rentenversicherungsverlauf entstehen und gegebenenfalls eventuell notwendige Vorversicherungszeiten, die für den Bezug einer Altersrente erforderlich sind, nicht erreicht werden.

Unter Umständen kann auch ein Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente durch den Wegfall der Beitragszahlungen vernichtet werden.

Auch die anderen Ursachen, die zu Altersarmut führen, kennen wir alle :

  • die Nullrunden bei den Rentenzahlungen 2004, 2005 und 2006
  • die Dämpfungsfaktoren – Riester-Faktor mit dem Altersvermögensergänzungsgesetz,
  • der Nachhaltigkeitsfaktor
  • die Rente mit 67 (indirekte Rentenkürzung)
  • Leiharbeit,
  • Minijobs
  • Arbeit im Bereich des Niedriglohnsektors
  • Die Kürzung des Leistungskatalogs im Gesundheitsbereich
  • Die Zuzahlungen bei den Medikamenten u. für bestimmte medizinische Leistungen
  • Die Praxisgebühr

Wenn wir uns unter diesen Gesichtspunkten explizit Situation in Sachsen Anhalt ansehen, dann ist Fakt dass in Sachsen-Anhalt die niedrigsten Löhne gezahlt werden und ca.60 Prozent der Alleinerziehenden auf Hartz IV angewiesen sind (im Bundesdurchschnitt sind es 42%) und Sachsen –Anhalt hat außerdem die dritthöchste Arbeitslosenquote aller Bundesländer.

Nun noch ein paar Fakten zum Arbeitsmarkt:

Immer weniger Arbeitnehmer oder Arbeitnehmerinnen schaffen die Rente mit 65, von der Rente mit 67 gar nicht zu reden

Und diejenigen, die aus gesundheitlichen Gründen vorher ausscheiden, werden mit Erwerbsminderungsrenten von ca. 640 Euro pro Monat abgespeist. Rente mit 67, das wissen die Menschen, bedeutet für sie Rentenkürzung Bei der Arbeitslosigkeit unter den Älteren hat es absolut keine Verbesserung gegeben. Dies gilt insbesondere für die Gruppe der über 60-Jährigen, deren Arbeitslosigkeit ist in den letzten zwölf Monaten um 50% angestiegen. Und nur jeder vierte ältere Arbeitslose über 55 Jahren findet überhaupt noch einmal Zugang zum Arbeitsmarkt. Die von mir geschilderte Situation ist politikgemacht- es sind Auswirkungen einer falschen und verfehlten Arbeitsmarkt- und Rentenpolitik über mindestens 10 Jahre.

Daran wird auch die ab 2011 eingesetzte Regierungskommission gegen Altersarmut nichts ändern. Sie soll Vorschläge machen, wie jemand, der sein Leben lang Vollzeit gearbeitet hat, auch ein Alterseinkommen hat, das ein menschenwürdiges Leben ermöglicht. Diese Schritte greifen zu kurz, fassen nur einen Teil der Probleme an. Im Arbeitsmarktbereich brauchen wir dringend ausreichend versicherungspflichtige, existenzsichernde Arbeitsplätze, z.B. im öffentlichen Beschäftigungssektor und die Einführung eines gesetzlichen flächendeckenden Mindestlohnes.

Und Ob die Rente auch bei steigender Lebenserwartung finanzierbar bleibt und das Rentenalter von 65 Jahren beibehalten werden kann, ist keineswegs allein eine Frage des demografischen Verhältnisses von Alt zu Jung.

Viel wichtiger ist das Verhältnis von Beitragszahlerinnen und Beitragszahlern zu Rentenbezieherinnen und Rentenbeziehern, die Entwicklung der Produktivität sowie der Löhne und nicht zuletzt der sofortige Stopp der staatlichen Subventionierung der privaten Altersvorsorge.

Der Ausbau der gesetzlichen Rentenversicherung zu einer Erwerbstätigenversicherung wäre ein wesentlicher Schritt in Richtung einer soliden und solidarischen Finanzierung der Alterssicherung.

Ob nun bereits heute Versicherungspflichtige, Selbständige, Beamtinnen und Beamte, Ministerinnen und Minister und Abgeordnete – alle Erwerbstätigen sollen unter Wahrung des Bestandsschutzes zukünftig in die solidarische Erwerbstätigenversicherung einbezogen werden.

Zum Schluss möchte ich Sie, liebe Leserinnen und Leser, noch auf einen ganz wichtigen Aspekt hinweisen, der mich persönlich sehr betroffen macht: Altersarmut ist für uns kaum sichtbar und spürbar im täglichem Leben. Denn Altersarmut ist fast immer Versteckte Armut.

Damit wird ausgedrückt , dass sich alte Menschen so sehr schämen, in Armut geraten zu sein, dass ihre Wertvorstellung es nicht zulässt, dies der Umgebung zu zeigen.

Die eigene Wertvorstellung verhindert auch, dass ein Anspruch an die Gemeinschaft gerichtet wird.

Sozialhilfe wird nicht beantragt, weil befürchtet wird, dass dann die Finanzverhältnisse der ganzen Familie offen gelegt werden müssen und evtl. erwachsene Kinder zum Unterhalt verpflichtet werden.

Betroffene sparen :

  • An Lebensmitteln
  • Es wird nur noch das Lebensnotwendigste gekauft
  • Reparaturen in der Wohnung werden verzögert (z. B. Tapeten);
  • Rezepte werden nicht eingelöst, medizinische Leistungen nicht in Anspruch genommen
  • Besuche werden nicht eingeladen; bzw. nicht reingelassen
  • Beim Gang auf die Straße oder zum Einkaufen werden noch vorhandene "Sonntsagskleider" angezogen, die in der eigenen Wohnung sofort wieder abgelegt werden, um sie zu schonen. Die Kleidung außerhalb der Wohnung erhält so die Fassade eines "normalen" Lebens

Heidelinde Penndorf