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Völkermord in Ruanda

Als Völkermord in Ruanda werden Gewalttaten in Ruanda bezeichnet, die am 6. April 1994 begannen und bis Mitte Juli 1994 andauerten. Sie sollen schätzungsweise 800.000 bis 1.000.000 Menschen das Leben gekostet haben. Vorsichtigere Schätzungen gehen von mindestens 500.000 Toten aus.

UN verhindert Aufklärung

Die Ermordung des ruandischen Präsidenten Habyarimana war der unmittelbare Auslöser des Völkermords in Ruanda 1994. Die letztendliche Aufklärung steht bis heute noch aus, weil die kanadische UN-Anklägerin Louise Arbour die Untersuchung der Umstände, unter denen das Flugzeug mit Präsident Habyarimana darin abgeschossen wurde, untersagte.

Die Black Box aus diesem Flugzeug wurde zwar gefunden, blieb aber im Hauptquartier der Vereinten Nationen in New York unter Verschluss!

Strukturelle Ursachen des Völkermords

Schwere Menschenrechtsverletzungen entstehen meist nicht einfach so. Im Regelfall haben sie strukturelle Ursachen, geschaffen oft ausgerechnet von denjenigen, die sich dann als militärische Retter in der Not andienen.

Michel Chossudovsky, der Mitglied der UN-Mission zur Klärung der Rolle der Gläubigerländer beim Völkermord in Ruanda war, hat die Ursachen penibel dokumentiert ("The Globalisation of Poverty", Zed Books, 1997). In Ruanda kamen im zufolge mehrere strukturelle Ursachen zusammen.

Das koloniale Erbe Deutschlands und Belgiens (1)

Die Kolonialmächte - vor Frankreich war es Deutschland - hatten sich der minoritären Volksgruppe der „Tutsi“ zur Beherrschung der Bevölkerungsmehrheit - der so genannten „Hutu“ - bedient und hierzu eine Ethnisierung der politischen Verhältnisse betrieben. Die Tutsi betrieben überwiegend Viehzucht, während die Hutu tendenziell Ackerbauern waren.

Mit Beginn ihrer Kolonialherrschaft (1899–1919) interpretierten die Deutschen die abgestuften Sozialbeziehungen in Ruanda auf der Basis der rassistischen, in Europa entwickelten Hamitentheorie. Sie gingen davon aus, die „Tutsi“ seien vor Jahrhunderten in das Gebiet der Afrikanischen Großen Seen eingewanderte Niloten, die kaukasischen und damit europäischen Völkern verwandt seien. Dies begründe ihre Herrschaft über die als weniger hoch stehend definierten „negriden“ Ethnien Zentralafrikas, zu denen in den Augen der Deutschen die Hutu gehörten.

Die Kolonialherren banden die Tutsi als lokale Machtträger in das System ihrer indirekten Herrschaft ein.

Die systematische Klassifizierung der Bevölkerung in "Hutu" und "Tutsi" war letztlich das Werk deutscher und belgischer Kolonialisten, um sich lokale Kollaborateure zu schaffen. Das schuf zugleich einen tiefen Grund-Hass, der mit dem späteren Stellvertreterkrieg, für den die USA die Tutsi von Uganda aus ausbildeten, finanzierten und bewaffneten, neue Nahrung erhielt.

Stellvertreterkonflikt USA - Frankreich (2)

Die USA strebten - letztlich erfolgreich - mit Hilfe der Tutsi-Guerilla nach der Verdrängung Frankreichs und Belgiens als Hegemonialmächte aus Ostafrika und dem Kongo.

Im November 2006 hat ein französischer Richter Haftbefehl gegen neun, teilweise hochrangige ruandische Offizielle ausgestellt und Präsident Kagame öffentlich vorgeworfen, hinter dem Abschuss des Flugzeuges des ehemaligen Präsidenten Habyarimana im April 1994 zu stehen.

Die neoliberale Globalisierung (3)

IWF und Weltbank hatten den recht gut funktionierenden Staat mit systematischer Verschuldung und anschließend aufgezwungenen "Strukturanpassungsprogrammen" systematisch zerstört. Der Stellvertreterkonflikt zwischen den USA und Frankreich einerseits und eine ethnisch leicht polarisierbare Gesellschaft andererseits halfen bei der Verelendung und Zerstörung staatlicher Strukturen.

Statt der das Land destabilisierenden Strukturanpassungsprogramme von IWF und Weltbank, mit denen Gesundheitsversorgung, Schulbildung und Wasserversorgung der Landwirtschaft lahmgelegt wurden, hätten die Waffenlieferungen an die Konfliktparteien gestoppt werden müssen, sowie das Geld dafür.

Die Komplizenschaft der deutschen Konrad-Adenauer-Stiftung

Konfliktverschärfend wirkte die Komplizenschaft der deutschen CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung mit den Mördern und ihrem Hetz-Radio RTLM.

UN-"Blauhelm"-Soldaten wurden zugunsten der USA abgezogen

Zu Beginn des Völkermords gab es so genannte Friedenstruppen der Vereinten Nationen in Ruanda, die umgangssprachlich auch "Blauhelmsoldaten" genannt werden (auch „UN-Friedenstruppen“, offiziell: "United Nations Assistance Mission for Rwanda").

Diese haben die Vereinten Nationen dann aber abgezogen als es richtig losging, weil sie den USA und Frankreich bei ihrem dort geführten Stellvertreterkrieg im Weg waren. Den USA kam der Völkermord mit der daraus folgenden Delegitimierung der Hutu-Mehrheit sehr gelegen.

Wären die Blauhelme in Ruanda geblieben, dann hätten sie die Akteure des Nordens gegen sich selbst intervenieren müssen: Der Stellvertreterkrieg zwischen den USA und Frankreich hätte gestoppt werden müssen.

Befriedeten schließlich doch Soldaten den Konflikt?

Nein. Die Militärintervention, die nach langem Hin und Her doch noch zustande kam, hätte man stoppen müssen: Denn die "Operation Turquoise" Frankreichs schützte und evakuierte die Mörder statt die Opfer.

Die offizielle Geschichtsschreibung

In der offiziellen Geschichtsschreibung findet sich noch immer fast nichts über die tieferen Ursachen und über die Verwicklungen der westlichen Industriestaaten in den Völkermord von Ruanda 1994.

Ruanda 1994 als Legitimierung humanitärer Militär-Interventionen Die so genannte "Weltöffentlichkeit“ erfährt trotz der Flut von Publikationen stets nur die mit Verve vorgebrachte Forderung nach einer Legalisierung von Militärinterventionen.

Ruanda 1994 ist nach dem Zweiten Weltkrieg das zentrale historische Ereignis, das von der deutschen, europäischen und US-Außenpolitik fälschlicherweise zur Legitimierung und Legalisierung frühzeitiger humanitärer Interventionen herangezogen wird.

Insbesondere im so genannten ICISS-Prozess wurde später massiv mit den notwendigen Lehren aus Ruanda argumentiert. Das ignoriert aber, dass ein UN-Beschluss für eine so genannte "robuste Intervention" den Drahtziehern des Stellvertreterkonfliktes in die Quere gekommen und somit von ihnen von Anfang an unterlaufen worden wäre. Das waren ja immerhin die Vetomächte im Weltsicherheitsrat Frankreich und USA.

Wer Ruanda als Beispiel für die Notwendigkeit einer Militärintervention zum Schutz der Menschenrechte anführt, hätte auch eine Militärintervention gegen den US-geführten Irakkrieg 2003 fordern müssen, der massivste Menschenrechtsverletzungen, nachhaltige Zerstörungen und inzwischen geschätzt etwa eine Million Tote verursacht hat.

Gacaca-Gesetz

Am 15. Januar 2005 begann offiziell die Hauptphase der Gacaca-Prozesse ("Gacaca" = Wiese/grüne Fläche in Kinyarwanda) zur Aufarbeitung des Völkermords von 1994.

Die Verfahren sollen über Schuld und Strafmaß der Angeklagten entscheiden und durch die Form ihrer an traditioneller Konfliktlösungsmuster ausgerichteten Wahrheitsfindung (offene Debatte innerhalb der Dorfgemeinschaft) einen Beitrag zur gesellschaftlichen Versöhnung leisten.

Die Herausforderungen sind gewaltig: Landesweit sind über 15.000 Gerichte und 200.000 Laienrichter befasst.

Literatur / Quellen

Chossudovsky, Michel: The Globalisation of Poverty", Zed Books, 1997

Krämer, Christoph (Deutsche Sektion der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges, IPPNW): Krieg oder Menschenrechte? - Plädoyer für staatliche Souveränität und Völkerrecht, Interview mit ngo-online vom 24. Februar 2010.

Wikipedia: Völkermord in Ruanda