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Zuwanderungsgesetz Rückschau

Bundestagsdebatte im September? - SPD will lieber allein regieren

Der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Peter Struck, sieht gute Chancen, ein Gesetz über die Zuwanderung von Ausländern noch im September in den Bundestag einzubringen. Er zähle dabei auch "auf die vielen Gemeinsamkeiten mit der CDU/CSU", sagte Struck am Mittwoch nach einer Konferenz der SPD-Fraktionsvorsitzenden von Bund und Ländern in Hannover. Der Bundesrat könne die Neuregelung noch in diesem Jahr beschließen, damit "die Zuwanderung nicht als Thema für die Wahl bleibt". Ziel sei eine Regelung, die alle Bereiche des Ausländerrechts sowie das bestehende Asyl- und Flüchtlingsrecht umfasse, sagte Struck.

Der Fraktionschef sagte, derjenige, der deutsche Sprachkenntnisse zur Voraussetzung für eine Zuwanderung von Ausländern mache, müsse auch bereit sein, "das entsprechende Geld zur Verfügung zu stellen". Eine Arbeitsmigration werde in den kommenden zehn Jahren nicht notwendig sein, betonte Struck. Vordringlich sei jetzt die Qualifizierung von Arbeitslosen.

Auf der Tagesordnung standen auch die Bekämpfung des Rechtsextremismus, die Energiepolitik und die Neufassung des Betriebsverfassungsgesetzes. Bei allen Themen bestehe große Einigkeit, sagte Struck. Es herrsche "Friede, Freude, Eierkuchen zwischen Bundesregierung und den A-Ländern". Über mögliche neue Koalitionen mit anderen Parteien sei nicht gesprochen worden, sagte der SPD-Politiker: "Ich glaube, alle Fraktionsvorsitzenden sind sich einig darin, dass die SPD am besten allein regieren sollte."

Am 23-05-2001

Zuwanderungsgesetz

Die Grünen lehnen eine Verschärfung des Sicherheitspaketes II und Veränderungen im Zuwanderungsgesetz ab. Fraktionschefin Kerstin Müller sagte am Mittwoch im Südwestrundfunk (SWR), ihre Partei werde weder im Bundestag noch in den rot-grün regierten Ländern einer Änderung bei der Ermittlungskompetenz des Bundeskriminalamtes (BKA) noch einer Ausweitung der Geheimdienste zustimmen. Das hätten die Grünen auch Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) bei Gesprächen in dieser Woche sehr deutlich gemacht. Ihre Partei stehe für ausländerrechtliche Verschärfungen nach dem Motto "Wünsch Dir was" nicht zur Verfügung, betonte Müller.

Zuwanderung ist bei der Union nach Einschätzung von Müller keine Sachfrage, sondern eine Machtfrage. Dabei stünden sich Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) mit seinem Blockadekurs und die "Vernünftigen" um den saarländischen Ministerpräsidenten Peter Müller (CDU) gegenüber, die die Notwendigkeit eines Zuwanderungsgesetzes erkannt hätten.

Die Grünen-Fraktionschefin sagte weiter, sie hoffe, dass neben dem Saarland auch noch die große Koalition in Bremen oder in Brandenburg von dem geplanten Zuwanderungsgesetz überzeugen werden können, um die erforderliche Mehrheit im Bundesrat zu erreichen.

CSU-Generalsekretär Thomas Goppel sieht die Union in der Frage der Zuwanderung auf einheitlichem Kurs. CDU und CSU seien sich einig, den Entwurf von Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) in seiner bisherigen Form abzulehnen, sagte Goppel am Mittwoch im Deutschlandfunk. Dies gelte auch für den saarländischen Ministerpräsidenten Peter Müller (CDU), denn dieser halte eine Einigung nur für möglich, wenn die SPD ihren Entwurf noch ändere, betonte Goppel. Eine Unterschriftenaktion gegen das Zuwanderungsgesetz schloss Goppel nicht aus. Mit diesem Mittel müsse man aber vorsichtig umgehen, denn "jede scharfe Waffe wird stumpf, wenn sie im Einsatz ist."

Am 28-11-2001

Zuwanderung

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund fordert die Verabschiedung des Zuwanderungsgesetzes noch in dieser Legislaturperiode. Die Kommunalorganisation warnte zugleich die Politik vor einem Missbrauch dieses Thema im Wahlkampf. Man brauchen schnell eine gesetzliche Steuerung und Begrenzung des Zuzuges, sagte das Geschäftsführende Präsidialmitglied des Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg.

Den Gesetzentwurf von Bundesinnenminister Otto Schily lehnte Landsberg aber ab. Die Pläne führten zur faktischen Ausweitung des Asylrechts und zu zusätzlichen Belastungen für die kommunalen Sozialhilfeträger. Auch fehlten konkrete Aussagen zur Übernahme der Integrationskosten.

Am 03-01-2002

Zuwanderung

Berlin (ddp). Die Grünen hoffen weiter auf eine Verständigung mit der Union über die geplante Zuwanderungsregelung, wollen dabei aber in "zentralen Punkten" nicht nachgeben. Ihre Partei wolle das angestrebte Einwanderungsgesetz noch in dieser Legislaturperiode umsetzen, sagte Grünen-Chefin Claudia Roth am Montag nach Beratungen des Parteivorstandes in Berlin. Dabei müsse man jetzt abwarten, wie sich Unions-Kanzlerkandidat Edmund Stoiber zu diesem Projekt verhalte.

Natürlich gebe es auch für ihre Partei bei den weiteren Verhandlungen über die Einwanderung noch Spielräume, fügte Roth hinzu. "Wir sind verhandlungsbereit", betonte sie. Es könne aber nicht sein, dass "Kernpunkte" des Gesetzentwurfs "wieder herausverhandelt werden". Der jetzt vorliegende Entwurf sei bereits ein Kompromiss, mit dem "auch ein Herr Stoiber leben kann, wenn er denn politisch die Zuwanderung regeln will".

Am 14-01-2002

Zuwanderung

Der Bundestag wird am Freitag nicht wie geplant über das rot-grüne Gesetz zur Zuwanderung entscheiden. Dieser Punkt sei von der Tagesordnung abgesetzt worden, sagte die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, Katrin Göring-Eckardt. Es seien noch weitere Gespräche für einen Konsens notwendig. Damit verschiebe sich die Abstimmung im Bundesrat, die für den 1. März geplant war. Der nächste Termin wäre der 22. März.

SPD-Fraktionschef Peter Struck zeigte sich davon überzeugt, dass es beim Streitpunkt Integrationskosten zu einer Lösung kommen werde. Er sei sich sicher, dass es hier einen Kompromiss geben würde, der alle Beteiligten zufrieden stellt, sagte er in Berlin.

Am 29-01-2002

Zuwanderungsgesetz

Der Entwurf der rot-grünen Koalition für ein Zuwanderungsgesetz hat eine Hürde genommen. Der Innenausschuss des Bundestages verabschiedete die Vorlage am Mittwoch in Berlin mit den Stimmen von SPD und Grünen. Union und PDS votierten dagegen, die FDP enthielt sich. Der Innenausschuss lehnte es nach Angaben des SPD-Politikers Dieter Wiefelspütz zudem mit rot-grüner Mehrheit ab, die für Freitag geplante Abstimmung über den Gesetzentwurf im Bundestag zu verschieben. Die Änderungsanträge der Union fanden ebenfalls keine Mehrheit im Ausschuss.

Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) sagte am Mittwoch vor der Bundespressekonferenz in Berlin, "alle gemeinsam" hätten zwei Jahre lang Zeit gehabt, ihre Vorstellungen zu konkretisieren. Der jetzt vorliegende Entwurf beziehe die verschiedenen Überlegungen ein. Das Konzept sei gelungen und werde den Interessen Deutschlands gerecht. Auch werde der Zuzug in die Sozialsysteme "beachtlich" reduziert.

Die Einwände der Union bezeichnete Schily als "Ausflüchte". Argumente, der Entwurf führe zur umfassenden Ausweitung der Zuwanderung, seien "unwahr" und "unseriös". Auch habe er mittlerweile Zweifel an der Seriosität des saarländischen Ministerpräsidenten Peter Müller (CDU), fügte Schily hinzu. Der Minister warnte, wer das Gesetz blockiere, der verhindere eine Beschleunigung der Asylverfahren, die bessere Durchsetzung von Ausreisepflichten, die Verbesserung der Integration und die Vereinfachung des Ausländerrechts. "Das ist eine Verhinderungspolitik, die mit den Notwendigkeiten des Landes nichts zu tun hat", kritisierte Schily.

Der Innenminister bleibt dennoch optimistisch, dass die Regierung im Bundesrat eine Mehrheit für ihr Konzept bekommt. Wer das Konzept sorgfältig prüfe, der werde sehen, dass es den Interessen des Landes entspreche. Auch habe sich die Bundesregierung daran orientiert, was die Länderkammer im Dezember gefordert habe.

Am 27-02-2002

Ausländerpolitik

Das rot-grüne Zuwanderungsgesetz soll den Zuzug ausländischer Fachkräfte nach Deutschland erleichtern. Zudem soll die Integration von hier lebenden Ausländern verbessert werden. Die Kernaspekte des umstrittenes Zuwanderungsgesetzes lauten:

Laut Gesetzentwurf haben Deutsche und bereits hier lebende Ausländer bei der Arbeitsplatzvergabe Vorrang vor der Anwerbung von Kräften aus dem Ausland. Vor der Erteilung einer Arbeitserlaubnis müssen die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt in ganz Deutschland geprüft werden. Davon unabhängig bekommen Hochqualifizierte ein Daueraufenthaltsrecht.

Desweiteren sollen Asylverfahren beschleunigt werden. Die Duldung als Aufenthaltstitel wird abgeschafft. Opfer nichtstaatlicher und geschlechtsspezifischer Verfolgung erhalten kein Asyl, aber einen Abschiebeschutz nach der Genfer Flüchtlingskonvention, das so genannte "kleine Asyl". Dieser Aufenthaltsstatus verfestigt sich nach drei Jahren. Das Nachzugsalter für Kinder in Deutschland lebender Ausländer wird von derzeit 16 auf 12 Jahre gesenkt.

In Paragraf 1 des Gesetzentwurfes heißt es: "Das Gesetz dient der Steuerung und Begrenzung des Zuzugs von Ausländern in die Bundesrepublik Deutschland." Damit kam die Regierungskoalition der Union entgegen. Das Gesetz der Härtefallregelung sieht vor, dass eine Aufenthaltserlaubnis ohne sonstige Gründe erteilt werden kann, "wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet rechtfertigen".

Für die Integration der Ausländer sind Deutschkurse und eine Einführung in deutsche Geschichte, Kultur und das Rechtssystem vorgesehen. Die Kosten sollen zwischen Bund und Ländern aufgeteilt werden, einen gewissen Anteil sollen die Zuwanderer selbst bezahlen. Im Gesetz ist keine Summe genannt, die Bundesregierung will sich aber mit mindestens 200 Millionen Euro im Jahr beteiligen.

Am 20-06-2002

Keine Verfassungsbedenken

Bundespräsident Johannes Rau hat das umstrittene Zuwanderungsgesetz der rot-grünen Regierungskoalition unterschrieben. Er habe den Auftrag zur Verkündung im Bundesgesetzblatt erteilt, sagte Rau am Donnerstag in Berlin. Rau betonte, er habe das Gesetz sorgfältig geprüft und sich mit den verfassungsrechtlichen Fragen eingehend befasst. Er habe vor seiner Entscheidung viele Gespräche geführt und sich verfassungsrechtlichen Rat eingeholt, sagte der Bundespräsident weiter.

Rau verwies auf den Streit über den Grundgesetzartikel, wonach Länder im Bundesrat ihre Stimme nur geschlossen abgeben dürfen. Rau sagte, es gebe in dieser Frage keine Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Auch in der verfassungsrechtlichen Literatur sei die Auslegung der Bestimmung umstritten. Rau sagte weiter, auch Verfassungsrechtler kämen bei der Bewertung dieser Fragen zu unterschiedlichen Ergebnissen. Bei der Beurteilung der Abstimmung im Bundesrat könne man daher in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht " mit jeweils guten Gründen" zu anderen Ergebnissen kommen. Er hätte das Gesetz aber nur dann nicht ausfertigen dürfen, wenn er der Ansicht wäre, dass zweifelsfrei ein Verfassungsverstoß vorliege. Diese Überzeugung habe er jedoch nicht gewinnen können, betonte Rau.

Rau hat am Donnerstag den Bundeskanzler sowie die Präsidenten von Bundestag und Bundesrat in einem Brief über seine Entscheidung unterrichtet.

Am 20-06-2002

Zuwanderungsgesetz

Die Union will ihre angekündigte Klage vor dem Bundesverfassungsgericht gegen das Zuwanderungsgesetz erst im Juli einreichen. Der Regierungssprecher des federführenden Saarlandes, Udo Recktenwald, sagte am Dienstag nach Veröffentlichung des Gesetzes im Bundesgesetzblatt, derzeit werde die Klageschrift erarbeitet und anschließend mit den anderen unionsgeführten Ländern abgestimmt. Im kommenden Monat solle sie in Karlsruhe eingereicht werden. Die hessische Landesregierung bekräftigte, den Gang nach Karlsruhe mitzutragen. Zuvor hatte die FDP, die in Wiesbaden mitregiert, Widerstand gegen ein völlig neues Gesetz, wie es die Union anstrebt, angekündigt. Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach (CDU) geht dennoch von einer raschen Einigung mit den Liberalen in einer möglichen künftigen Bundesregierung aus.

Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) sagte, er sei "fest davon überzeugt, dass das Zuwanderungsgesetz der rot-grünen Bundesregierung in dieser Form keinen Bestand haben wird". Bosbach verwies darauf, dass die FDP sich im Innenausschuss gegen "wesentliche Teile" des Gesetzes ausgesprochen hatte. Zugleich wandte er sich gegen den Eindruck, die Union strebe keine rasche Entscheidung der Karlsruher Richter an. Die Tatsache, dass die Union nicht mit einem Eilantrag das In-Kraft-Treten des Gesetzes verhindern wolle, begründete er mit Erfahrungen mit der Klage gegen das Lebenspartnerschaftsgesetz. Die Hürden für den Erlass einer einstweiligen Verfügung seien "außerordentlich hoch", und man solle sie nur beantragen, wenn auch Aussicht auf Erfolg bestehe, sagte er.

Die unionsgeführten Länder wollen in Karlsruhe klären lassen, ob das Zuwanderungsgesetz verfassungskonform zustande gekommen ist. Bei der Abstimmung im Bundesrat hatte Brandenburg ein geteiltes Votum abgegeben. Dennoch wurden die Stimmen des Landes als Ja gewertet. Die Union hält dies für einen Verfassungsbruch. Bundespräsident Johannes Rau hatte das Gesetz am vergangenen Donnerstag unterzeichnet.

Wegen einer 220.000 Euro teuren Anzeigenkampagne über das Zuwanderungsgesetz werfen CDU und CSU der Bundesregierung Verschwendung von Steuergeldern vor. CSU-Landesgruppenchef Michael Glos sagte mit Blick auf bundesweit geschaltete ganzseitige Zeitungsanzeigen, es sei eine "Geschmacklosigkeit, so mit Steuergeldern umzugehen". Bosbach bezeichnete die Kampagne als "Volksverdummung auf Kosten des Steuerzahlers". Die in den Anzeigen getroffenen Aussagen seien eine "Mischung aus Halbwahrheiten und Unwahrheiten".

Zudem sei die Einladung von Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) an die Union zu Gesprächen über Rechtsverordnungen "scheinheilig". Bosbach erinnerte daran, dass das Saarland den Vermittlungsausschuss hatte anrufen wollen, was die SPD-regierten Länder verhindert hätten. Eine Einigung hätte im Vermittlungsverfahren passieren müssen, nicht nachdem das Gesetz "auf fragwürdige Weise durchgebracht" worden sei.

Am 25-06-2002

Zuwanderungsgesetz

Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe verhandelt am 23. Oktober über die Klage von sechs Unions-geführten Bundesländern gegen das Zuwanderungsgesetz der Bundesregierung. Wie das Gericht am Dienstag mitteilte, halten die Länder Bayern, Hessen, Baden-Württemberg, Sachsen, Thüringen und das Saarland das Zustandekommen des Gesetzes im Bundesrat für formell verfassungswidrig. Die Länder machten "nicht geltend, dass der Inhalt des Gesetzes gegen die Verfassung" verstoße, betonte das Gericht.

In der umstrittenen Sitzung der Länderkammer am 22. März hatte Bundesratspräsident Klaus Wowereit (SPD) das Votum Brandenburgs als Zustimmung zu dem Gesetz gewertet, obwohl Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) und sein Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) unterschiedlich abgestimmt hatten. Nach dem Grundgesetz können im Bundesrat die Stimmen eines Landes nur einheitlich abgegeben werden.

Folglich sei die Stimmabgabe Brandenburgs ungültig, argumentieren die sechs Unions-Länder in ihrer abstrakten Normenkontrollklage. Nach ihrer Überzeugung hätte Wowereit nicht feststellen dürfen, dass der Bundesrat dem Gesetz zugestimmt habe. Bundespräsident Johannes Rau hatte das Zuwanderungsgesetz am 20. Juni unterzeichnet und die Union ausdrücklich nach Karlsruhe verwiesen. Das Staatsoberhaupt hatte seine Entscheidung damit begründet, dass aus seiner Sicht ein Verfassungsverstoß nicht zweifelsfrei vorliege. Das Gesetz soll am 1. Januar 2003 in Kraft treten. Es war am 25. Juni verkündet worden.

Die Normenkontrollklage war unter Federführung des Saarlandes erarbeitet worden. Zu dem Verfahren haben nach Angaben des Gerichtes bislang die Bundesregierung sowie die Länder Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Schleswig Holstein, Nordrhein-Westfalen, Mecklenburg-Vorpommern und Berlin Stellung genommen.

Die mündliche Verhandlung findet vor dem Zweiten Senat unter Vorsitz von Verfassungsrichter Winfried Hassemer statt. Die Klageschrift der sechs Bundesländer war am 16. Juli in Karlsruhe eingegangen. Sie wurde von Professor Josef Isensee von der Universität Bonn und Professor Christian Starck von der Universität Göttingen erstellt.

Am 01-10-2002

Hintergrund und Kernpunkte

Das Bundesverfassungsgericht verhandelt am kommenden Mittwoch über die Klage von sechs Unions-geführten Bundesländern gegen das Zuwanderungsgesetz der Bundesregierung. Bayern, Hessen, Baden-Württemberg, Sachsen, Thüringen und das Saarland halten das Zustandekommen des Gesetzes im Bundesrat für formell verfassungswidrig. Das Zuwanderungsgesetz soll den Zuzug ausländischer Fachkräfte nach Deutschland erleichtern und die Integration von hier lebenden Ausländern verbessern.

In der umstrittenen Sitzung der Länderkammer am 22. März hatte der damalige Bundesratspräsident Klaus Wowereit (SPD) das Votum Brandenburgs zum Zuwanderungsgesetz als Zustimmung gewertet, als der damalige Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) mit "Ja" und sein Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) mit "Nein" abgestimmt hatten. Nach dem Grundgesetz können im Bundesrat die Stimmen eines Landes nur einheitlich abgegeben werden. Aus Sicht der Kläger sei die Stimmabgabe Brandenburgs ungültig. Das Bundesverfassungsgericht prüft nun erstmals diese Frage.

Bundespräsident Johannes Rau hatte das Zuwanderungsgesetz am 20. Juni unterzeichnet, weil aus seiner Sicht ein Verfassungsverstoß nicht zweifelsfrei vorliege. Der Zweite Senat will sein Urteil vor dem vorgesehenen Inkrafttreten des Gesetzes am 1. Januar 2003 verkünden. Die Mehrzahl der Länder spricht sich nach Angaben von Bremens Innensenator Kuno Böse (CDU) für eine Verschiebung auf den 1. Juli 2003 aus.

Die Kernpunkte des Gesetzes behandlen Imigration, Integration und Asyl. In Paragraf 1 des Gesetzentwurfes ist festgehalten: "Das Gesetz dient der Steuerung und Begrenzung des Zuzugs von Ausländern in die Bundesrepublik Deutschland." So sollen Deutsche, EU-Bürger und bereits in Deutschland lebende Ausländer bei der Arbeitsplatzvergabe Vorrang vor der Anwerbung von Kräften aus Drittstaaten haben. Vor der Erteilung einer Arbeitserlaubnis müssen die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt in ganz Deutschland geprüft werden. Davon unabhängig bekommen Hochqualifizierte ein Daueraufenthaltsrecht.

Asylverfahren werden beschleunigt. Die Duldung als Aufenthaltstitel wird abgeschafft. Opfer nichtstaatlicher und geschlechtsspezifischer Verfolgung erhalten kein Asyl, aber einen Abschiebeschutz. Dieser verfestigt sich nach drei Jahren.

Das Nachzugsalter für Kinder in Deutschland lebender Ausländer wird von 16 auf 12 Jahre gesenkt. Ältere Kinder dürfen nur nachgeholt werden, wenn sie Deutschkenntnisse nachweisen.

Zudem sieht das Gesetz vor, dass eine Aufenthaltserlaubnis ohne sonstige Gründe erteilt werden kann, "wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet rechtfertigen".

Vorgesehen sind Deutschkurse und eine Einführung in deutsche Geschichte, Kultur und das Rechtssystem. Die Kosten sollen zwischen Bund und Ländern aufgeteilt werden, einen Teil sollen die Zuwanderer selbst bezahlen. Im Gesetz ist keine Summe genannt, die Bundesregierung will sich mit mindestens 200 Millionen Euro im Jahr beteiligen.

Am 22-10-2002

Böse befürchtet Chaos

Bremens Innensenator Kuno Böse (CDU) fordert, das Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes um sechs Monate zu verschieben. Wenn das Gesetz wie vorgesehen ab Januar 2003 gelte, befürchte er "Chaos" in den Ausländerbehörden, sagte Böse am Mittwoch im Deutschlandradio Berlin. Es bleibe nicht genug Zeit, um Mitarbeiter zu schulen und die Datenverarbeitung umzustellen.

Dabei gehe es nicht um eine politische Verweigerung seitens der unionsgeführten Länder, sondern um eine Fülle technischer Regelungen, fügte Böse hinzu. Durch die Bundestagswahl habe sich die Ausarbeitung von Verordnungen verschoben, die von Mitarbeitern in den Ländern umgesetzt werden müssten, sagte der Innensenator weiter. Erst Ende Oktober werde das Bundeskabinett die Verordnungen verabschieden, der Bundesrat könne sie daher frühestens am 20. Dezember verabschieden.

Am 23-10-2002

Einwanderung

Ein breites Bündnis aus Wohlfahrtsorganisationen, Richter- und Anwaltsvereinigungen und Menschenrechtsorganisationen fordert weitreichende Verbesserungen im Zuwanderungsgesetz. Das teilt die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl mit. Das Bündnis kritisiert, dass internationale Abkommen, wie die Genfer Flüchtlingskonvention, die Europäische Menschenrechtskonvention und die UN-Kinderrechtskonvention immer noch nicht uneingeschränkt in nationales Recht umgesetzt würden.

Die Hürden zur Erlangung einer Aufenthaltserlaubnis seien für viele Personengruppen so hoch, dass sie sie nicht überspringen könnten. Es fehle zudem eine Bleiberechtsregelung für Menschen mit langjährigem Aufenthalt. Auch der Zugang zum Arbeitsmarkt sei mangelhaft geregelt. In 35 Punkten formulieren daher die Organisationen ihre Erwartungen an den Gesetzgebungsprozess.

Angesichts der über 100 Änderungsvorschläge, die dem CDU/CSU-dominierten Bundesrat morgen zur Beschlussfassung vorliegen, befürchtet Pro Asyl nun einen "Rückfall in die migrationspolitische Steinzeit". Die rotgrüne Bundesregierung wäre angetreten, um ein Reformprojekt auf den Weg zu bringen. Nun drohten sich die Ziele ins Gegenteil zu verkehren, so die Organisation. Die wenigen uneingeschränkt positiven Fortschritte des Zuwanderungsgesetzes, wie die Anerkennung nichtstaatlicher und geschlechtsspezifischer Verfolgung und die Einführung einer Härtefallregelung, sollten gestrichen werden. Gebe Rotgrün diesen Vorstellungen in der CDU/CSU nach, würde sich Deutschland sich auf der EU-Ebene noch weiter isolieren.

Pro Asyl weist darauf hin, dass nicht nur im flüchtlingspolitischen, sondern im gesamten Bereich der Migrationspolitik drastische Verschärfungen drohen würden. Die Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis solle zum Beispiel bei denjenigen abgelehnt werden können, die an einem Integrationskurs ohne Erfolg teilgenommen hätten. Im Visumverfahren solle künftig als Voraussetzung zum Familiennachzug eine Geldleistung von bis zu 1.500 Euro erhoben werden können. Generell solle das Gesetz nach dem Willen der CDU künftig allein dem Ziel der Begrenzung der Zuwanderung dienen. Diese solle auch unter Berücksichtigung der nationalen Identität erfolgen.

Daher legen amnesty international, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V. Arbeiterwohlfahrt Bundesverband e.V., die Arbeitsgemeinschaft, der Ausländer- und Asylrecht im Deutschen Anwaltverein, der Deutsche Caritasverband , der Deutsche Paritätische. Wohlfahrtsverband, das Diakonische Werk der EKD, die Neue Richtervereinigung, sowie Pro Asyl und die Bundesweite Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge ein gemeinsames Positionspapier zum Entwurf eines Zuwanderungsgesetzes vor.

Dieses Positionspapier verfolge den Zweck, für die bevorstehende zweite Runde der Zuwanderungsdiskussion zentrale gemeinsame Forderungen für die Verbesserung des Flüchtlingsschutzes in die Diskussion um gesetzgeberische Maßnahmen einzubringen, so die Organisationen.

Am 13-02-2003

Ausländerrechte

Die unionsgeführten Bundesländer haben am Freitag mit ihrer Mehrheit im Bundesrat das Zuwanderungsgesetz der rot-grünen Regierungskoalition erneut abgelehnt. Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) kündigte an, dass die Bundesregierung den Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat anrufen werde. Eine neues Ausländerrecht sei überfällig, sagte Schily.

Saarlands Ministerpräsident Peter Müller (CDU) hatte zuvor eingeräumt, dass es ungeachtet gravierender Meinungsverschiedenheiten zwischen Regierung und Union bei der Zuwanderung dringenden Regelungsbedarf gebe. "Bei gutem Willem" sei bei den weiteren Verhandlungen ein Konsens "nicht ausgeschlossen". Das von der Koalition vorgelegte Gesetz sei so nicht zustimmungsfähig.

Der rheinland-pfälzische Innenminister Walter Zuber (SPD) hatte zuvor Vorwürfe der Union zurückgewiesen, Bundesregierung und SPD- geführten Länder hätten sich in dem Streit nicht ausreichend bewegt. Bei der Abfassung des Gesetzes sei vielmehr auf viele Vorschläge des Bundesrates eingegangen worden, sagte Zuber. Als Beispiel verwies er auf die jetzt im Gesetz auf 12 Jahre beschränkte Altersgrenze beim Familiennachzug. Dies sei Ergebnis eines Kompromisses.

Am 20-06-2003

Integration beiderseitige Aufgabe

Die Wohlfahrtsverbände dringen auf Verabschiedung eines Zuwanderungsgesetzes. Der Präsident der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege, Manfred Ragati, warnte am Dienstag in Berlin davor, im Vermittlungsverfahren den Integrationsteil abzutrennen und als eigenständiges Gesetz zu beschließen. In der Union gibt es entsprechende Stimmen. Ragati und die Ausländerbeauftragte der Bundesregierung, Marieluise Beck (Grüne), unterstrichen, Zuwanderung und Integration gehörten zusammen.

Beck warnte zugleich bei der Vorstellung eines gemeinsamen Papiers zur Integrationspolitik, diese auf das Erlernen der deutschen Sprache durch Migranten zu verkürzen. Es gehe auch um die soziale, schulische und berufliche Eingliederung. Beck beklagte, dass sich die Integrationsdebatte zu sehr auf Neuzuwanderer und zu wenig auf die vielen Millionen Menschen mit Migrationshintergrund konzentriere, die schon länger in Deutschland lebten. Auch werde Integration zu sehr allein als Aufgabe der Zuwanderer angesehen. Die Gesellschaft müsse ihnen nach 40 Jahren mit Defiziten auch die Chance zur Integration geben. Beck und Ragati fordern mehr Rechtssicherheit für Migranten unterhalb der Einbürgerung. Die Aufenthaltsdauer korrespondiere oft nicht mit dem Status des Aufenthaltes. Die Folge sei der Ausschluss sozialer Rechte. Beck verwies darauf, dass rund 130 000 Ausländer bereits länger als 20 Jahre in Deutschland lebten und nur einen befristeten Aufenthaltstatus hätten. Zudem seien über 100 000 Menschen geduldet, obwohl sie schon länger als sieben Jahre in Deutschland seien. Hier seien Übergänge in ein Aufenthaltsrecht notwendig.

Beck und Ragati plädierten dafür, Drittstaatenangehörigen mit längerem Aufenthalt ein Kommunalwahlrecht zuzubilligen. In der Bildung sollte für Kinder von Migranten Erst- und Zweitsprache gefördert werden. Mehrsprachigkeit sei eine Realität in den Schulen. Beck zufolge haben 30 bis 40 Prozent der Kinder in Großstädten keinen deutschen Pass.

Unbefriedigend sei auch die hohe Arbeitslosigkeit unter Migranten, sagte Beck. Ihnen ist der Zugang zum Arbeitsmarkt erschwert, etwa durch lange Wartefristen, den Ausschluss bestimmter Berufe und die Nicht-Anerkennung von Bildungs- und Berufsabschlüssen. Es müsse ein frühzeitig gleichberechtigter Zugang zum Arbeitsmarkt für jene geprüft werden, die sich dauerhaft in Deutschland aufhielten.

Am 28-10-2003

Kirchen und Arbeitsgeberverbände sollen helfen

Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Immigrantenverbände in Deutschland (BAGIV) fordert mehr außerparlamentarische Unterstützung zur Durchsetzung des rot-grünen Zuwanderungsgesetzes. Auch Kirchen und Arbeitsgeberverbände müssten sich "wieder zu Wort melden, um Druck für das neue Zuwanderungsgesetz im Vermittlungsausschuss zu erzeugen", forderte BAGIV-Präsident Mehmet Tanriverdi am Montag in Berlin. Seit Oktober suchen Vertreter von Koalition und Union nach einem Kompromiss.

Tanriverdi kritisierte, es könne nicht sein, dass die Politik die Zuwanderung ausschließlich unter dem Aspekt der "Abwehr unliebsamer Fremder" thematisiere. Deutschland brauche eine flexible Integrationspolitik, die auch langfristige Erfordernisse beachte. Die demografische Entwicklung führe in Deutschland spätestens 2010 zu einem Facharbeitermangel.

Die Immigrantenverbände bekräftigten ferner ihre Forderung, Opfer nichtstaatlicher und geschlechtsspezifischer Verfolgung anzuerkennen. Die Union will die diesen Absatz in der rot-grünen Gesetzesvorlage streichen lassen. Zudem verlangte die Interessenvertretung eine bessere Integration von Ausländern in Deutschland sowie eine größere Freizügigkeit beim Familiennachzug.

Der Unions-dominierte Bundesrat hatte das im Mai mit den Stimmen der Koalition im Bundestag erneut beschlossene Zuwanderungsgesetz gestoppt. Für die Verhandlungen im Vermittlungsausschuss legte die Union 137 Änderungsanträge vor. Bis Ende Dezember soll eine Arbeitsgruppe ausloten, ob noch eine Einigung möglich ist.

Am 17-11-2003

Kein Kompromiss um jeden Preis

Im Vorfeld der Sitzung der Arbeitsgruppe Zuwanderung im Vermittlungsausschuss am kommenden Freitag warnt die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl davor, die Klarstellung im Gesetzentwurf, dass Opfer nichtstaatlicher und geschlechtsspezifischer Verfolgung in den Schutzbereich der Genfer Flüchtlingskonvention fallen, zu verwässern oder aufzugeben. Andernfalls würde die Genfer Flüchtlingskonvention in Deutschland weiterhin nicht völkerrechtskonform angewendet. Dies hätte weitreichende Auswirkungen für den Flüchtlingsschutz in Deutschland, aber auch für ein gemeinsames Asylrecht in Europa. Weiterhin würden Flüchtlinge in Deutschland in eine Schutzlücke fallen.

Asylsuchende aus dem Irak könnten nach dem Ende des Saddam Hussein-Regimes ebenso wenig darauf rechnen, dass ihnen adäquater Schutz vor nichtstaatlicher Verfolgung gewährt wird, wie Schutzsuchende aus Afghanistan seit der Vertreibung der Taliban.

Schutzsuchenden aus Somalia werde seit Jahren mit der Standardargumentation, in Somalia existiere weiterhin keine staatliche Gewalt, von der Verfolgung im Sinne des bundesdeutschen Asylrechts ausgehen könnte, der Flüchtlingsstatus in Deutschland verweigert. Im europäischen Vergleich drücke sich diese Praxis in einer großen Diskrepanz bei den Anerkennungszahlen aus.

Deutschland gewährte nach den Statistiken des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge keinem einzigen Flüchtling aus Somalia im Jahr 2002 einen Asylstatus. 70 Personen (37,6 Prozent) wurden Abschiebungshindernisse nach § 53 Absatz 6 Ausländergesetz zugesprochen. Die meisten von ihnen hätten einen Nicht-Status erhaöten - die Duldung. Die Duldung, die bloße Aussetzung der Abschiebung, sei jedoch kein Schutz und biete keinerlei soziale Rechte.

Es sei zwischen allen Mitgliedsstaaten der EU unstrittig, dass Opfer nichtstaatlicher und geschlechtsspezifischer Verfolgung in den Schutzbereich der Genfer Flüchtlingskonvention fallen. Die Bundesrepublik Deutschland wolle aber ihre abweichende Praxis bei der Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention mit dem Entwurf des Zuwanderungsgesetzes korrigieren und hatte Anfang März 2003 den bis dahin eingelegten Vorbehalt in dieser Frage auf EU-Ebene fallen lassen. Genau dieser Fortschritt drohe nun im Vermittlungsausschuss wieder zu Fall gebracht zu werden.

Seit Mitte der 90er Jahre fordern UNHCR, Wohlfahrtsverbände und Menschenrechtsorganisationen eine Klarstellung im Gesetz, um auch den deutschen Gerichten bei der Anwendung der Flüchtlingskonvention Orientierung zu geben. Das sei nötig, damit auch das Bundesverwaltungsgericht bereit sei, die bundesdeutsche Schutzlücke zu schließen: Bei nichtstaatlicher Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention sei es unerheblich, ob die Verfolgung dem Herkunftsstaat zuzurechnen ist. Im Vorgriff auf die künftige EU-Richtlinie zum Flüchtlingsbegriff müsse durch die Klarstellung im Zuwanderungsgesetz eine völkerrechtskonforme Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention in naher Zukunft auch in Deutschland gewährleistet werden.

Am 03-12-2003