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Kohl bestreitet bei Leuna-Besuch Bestechung

Gekaufte Republik?

Alt-Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) hat zu Beginn seines Besuches in Leuna jegliche Bestechungsvorwürfe im Zusammenhang mit der Privatisierung der Erdölraffinerie zurückgewiesen. Vor zahlreichen Journalisten warf er den Medien am Dienstag eine Verleumdungskampagne vor. "Es ist niemand bestochen worden und ich schon gar nicht", sagte Kohl. Die Berliner Zeitung hatte am 17. Mai über entsprechende Anschuldigungen des ehemaligen Elf-Chefs Loïk Le Floch-Prigent berichtet. Kohl habe 1992 die strittigen Millionen-Subventionen für Leuna persönlich zugesagt. Dafür habe Elf insgesamt rund 80 Millionen Mark Schmiergeld gezahlt.

Diese Angaben habe der mit dem Leuna-Geschäft befasste Ex-Elf-Manager André Tarallo bestätigt. Der ehemalige Elf-Manager Alain Guillon soll bei einer Vernehmung durch die Staatsanwaltschaft Paris gesagt haben, es sei darum gegangen, "uns der konstanten Zustimmung der deutschen politischen Behörden zu versichern".

Der grüne Obmann im Spenden-Untersuchungsausschuss Hans-Christian Ströbele sagte, Kohl sei beim Verkauf von Leuna/Minol an Elf Aquitaine offenbar ebenso wie beim Verkauf der Eisenbahnerwohnungen an die Firma Ehlerding "stärker engagiert und verwickelt" gewesen als er bislang zugegeben habe.

Der frühere Bundeswirtschaftsminister Hans Friderichs (FDP) war während des Leuna-Geschäfts Aufsichtsratsvorsitzender der Minol AG. Gleichzeitig hatte er einen Beratervertrag mit Elf, dem potenziellen Erwerber des von ihm kontrollierten Unternehmens.

Friderichs war bereits Anfang der 80er Jahre in die Flick-Parteispendenaffäre unter der Regierung Kohl verwickelt. Der ehemalige Bundeswirtschaftsminister war 1978 in den Vorstand der Dresdner Bank gewechselt. 1985 mußt Friderichs wegen der Affäre zurücktreten, konnte aber weiterhin einflußreiche Positionen bei staatlichen Unternehmen wahrnehmen. So etwa als Aufsichtsratsvorsitzender der Postbank.

Der FDP-Politiker Otto Graf Lambsdorff wurde damals rechtskräftig verurteilt. Das Ermittlungsverfahren gegen Helmut Kohl wurde - wie auch heute - eingestellt. Der Hauptakteur auf Seiten der Wirtschaft, Friedrich Karl Flick, saß bis 1993 im Aufsichtsrat der Deutschen Bank. Ein anderer Politiker, der in die damalige wie in die aktuelle Parteispendenaffäre verwickelt ist, Walter Leisler Kiep (CDU), saß jahrelang im Frankfurter Bereit der Deutschen Bank.

Die einflußreiche Deutsche Bank weist jährlich offiziell hohe Spendenbeträge für politische Parteien aus. 1999 erhielt die CDU von der Großbank 737.000 DM, die FDP 150.000 DM. Auch andere Großbanken zählen zu den Spendern von politischen Parteien. Beispielsweise erhielten die Grünen 1999 erstmals von der Dresdner Bank Spenden in Höhe von 50.000 DM, die SPD erhielt 100.500 DM.

Kohl nutzte bei seinem aktuellen Besuch am Dienstag in Leuna die Gelegenheit zu einer Abrechnung mit der rot-grünen Bundesregierung. Vor zehn Jahren sei die SPD noch gegen die deutsche Einheit gewesen. Auch die CDU habe damals Fehler gemacht, "die anderen hätten aber gar nichts getan".

Die CDU-Landtagsfraktion erinnert mit einem Empfang in Leuna an Kohls ersten Besuch im ehemaligen DDR-Chemiedreieck. Vor zehn Jahren hatte der damalige Bundeskanzler der Region seine Hilfe zugesagt. Die Mitteldeutsche Erdöl-Raffinerie (Mider) des französischen Mineralölkonzerns Elf Aquitaine ist mit 650 Beschäftigten und weiteren 2.000 Mitarbeitern in Tochterunternehmen der größte Arbeitergeber am Chemiestandort Leuna.

(Hinweis: Wir hätten gerne die Stellungnahme von Dr. Helmut Kohl der vergangenen Woche dokumentiert. Sein Bundestagsbüro war allerdings nicht bereit, sie zur Verfügung zu stellen)

Am 22-05-2001

Schwere Erkrankung

Hannelore Kohl ist tot. Die Ehefrau von Alt-Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) nahm sich in ihrer Wohnung in Ludwigshafen das Leben. Sie wurde dort am Donnerstagvormittag tot aufgefunden. Die 68-Jährige, die seit 1993 an einer schweren Lichtallergie litt, ging wegen ihres aussichtslosen Gesundheitszustandes in den Freitod. Das teilte sie ihrem Mann, ihren Söhnen sowie Freunden in Abschiedsbriefen mit. Der Alt-Kanzler wurde in Berlin von der Todesnachricht überrascht. Er reiste umgehend nach Ludwigshafen.

Die 68-Jährige litt seit sieben Jahren an einer schmerzhaften Lichtallergie, in deren Folge sie die vergangenen 15 Monate im Privathaus der Familie in Ludwigshafen ohne jedes Tageslicht hatte verbringen müssen. Auch hatte sie in jüngster Zeit immer stärkere Schmerzen und eine zunehmende körperliche Schwäche zu ertragen gehabt, teilte Kohls Büro in Berlin mit. Infolgedessen habe Frau Kohl starke Schmerzmittel einnehmen müssen. Jahrelange medizinische Bemühungen seien erfolglos geblieben.

Die 68-Jährige war wegen ihrer schweren Erkrankung in letzter Zeit kaum noch in der Öffentlichkeit zu sehen. So hatte sie auch jüngst an der Trauung ihres Sohnes Peter mit der Türkin Elif Sözen in Istanbul nicht teilgenommen.

Hannelore Kohls Tod löste große Bestürzung und Betroffenheit aus.

Hannelore Kohl wurde am 7. März 1933 als Tochter eines pfälzischen Oberingenieurs in Berlin geboren und wuchs bis Kriegsende in Leipzig auf. Die Dolmetscherin war seit 1960 mit Helmut Kohl verheiratet. Aus der Ehe gingen zwei Söhne hervor.

Am 06-07-2001

Zankapfel Parteiengesetz

Mit der Reform des Parteiengesetzes möchte die Regierungskoalition Konsequenzen aus dem CDU-Parteispendenskandal ziehen. So soll ein neuer Straftatbestand für vorsätzlich falsche Rechnungslegung eingeführt werden. Hätte dies schon gegolten, als die CDU unter Kohl die Verschleierung von Parteifinanzen vorgenommen habe, wäre es strafbar gewesen. Der Koalitionsentwurf sieht bei einer vorsätzlich falschen Rechnungslegung eine Haftstrafe von bis zu drei Jahren vor. Bei der ersten Beratung entsprechender Gesetzentwürfe der rot-grünen Koalition und der CDU/CSU-Fraktion äußerte die Union am Freitag im Parlament scharfe Kritik an den Presse-Beteiligungen der SPD. Immerhin haben Medien die Aufgabe, die Politik zu kontrollieren.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Wilhelm Schmidt, hielt in der Debatte Alt-Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) vor, sich am Vortag im Parteispenden-Untersuchungsausschuss erneut davor gedrückt zu haben, zur Aufklärung der Affäre beizutragen. "Kohl hat in diesem Parlament nichts mehr zu suchen", sagte Schmidt.

Der CDU-Abgeordnete Norbert Röttgen hielt Schmidt entgegen, die SPD wolle "unter dem Deckmantel der Diffamierung des politischen Gegners" weiter ihre wirtschaftlichen Interessen verfolgen. Die SPD sei einer der größten Pressekonzerne des Landes, wolle aber ihr Vermögen nicht offen legen. Die Aufgabe von Parteien sei es jedoch nicht, sich an Presseunternehmen zu beteiligen. Daher müssten die Parteien auf ihre eigentliche Aufgabe begrenzt werden, an der politischen Willensbildung mitzuwirken.

SPD-Schatzmeisterin Inge Wettig-Danielmeier wies Röttgens Vorwurf entschieden zurück, dass ihre Partei die Finanzen nicht offen lege. Der Unions-Entwurf verlange von der SPD die Aufgabe unternehmerischer Tätigkeit. Das Vermögen ihrer Partei sei aber ehrlich erworben und werde durch legale unternehmerische Tätigkeit vermehrt. Auch Schmidt betonte, die SPD habe ihre Beteiligungen immer offengelegt. Was die Union zur Behandlung von parteieigenem Vermögen vorschlage, grenze an Enteignung.

Der FDP-Innenexperte Max Stadler bezeichnete Unternehmensbeteiligungen von Parteien als problematisch. Dies gelte insbesondere dann, wenn sie die Medien betreffen. Insgesamt stimmten die Vorstellungen seiner Fraktion zur Reform des Parteiengesetzes aber eher mit denen der SPD als mit denen der Union überein.

Für die PDS sagte die Abgeordnete Evelyn Kenzler, der Koalitionsentwurf bemühe sich zwar um vernünftige Lösungen, sei aber nicht weitgehend genug. So plädiere ihre Fraktion für weitergehende strafrechtliche Sanktionen als in der Koalitionsvorlage vorgesehen.

Der Grünen-Abgeordnete Hans-Christian Ströbele unterstrich, die Koalition wolle mit ihrer Vorlage Konsequenzen aus dem CDU-Spendenskandal ziehen. Es sei nicht länger hinnehmen, dass Kohl das Gesetz "in fortgesetzter Handlung immer weiter bricht". Wer künftig das Gesetz vorsätzlich breche, solle sich strafrechtlich verantworten müssen.

Am 14-12-2001

Thyssen-Panzer

Alt-Bundeskanzler Helmut Kohl hat den ehemaligen Rüstungsstaatssekretär Ludwig-Holger Pfahls vor dem Augsburger Landgericht vom Vorwurf der Bestechlichkeit entlastet. Kohl sagte am Mittwoch als Zeuge aus, er habe 1990 dem damaligen US-Außenminister James Baker die Lieferung von deutschen Fuchs-Spürpanzern nach Saudi-Arabien zugesagt. "Das war meine Entscheidung", so Kohl. Von einer Einflussnahme Pfahls' sei "überhaupt keine Spur" gewesen.

Die Staatsanwaltschaft will nun den ursprünglichen Anklagepunkt der Bestechlichkeit gegen Pfahls fallen lassen und lediglich auf Vorteilsannahme plädieren. Pfahls wiederholte in einer persönlichen Erklärung, die von seinem Anwalt verlesen wurde, sein Geständnis, wonach er vom Waffenlobbyisten Karlheinz Schreiber rund 1,9 Millionen Euro "für politische Lobbyarbeit" erhalten habe. Er sei sich bewusst, dass er sich damit strafbar gemacht habe. Zugleich entschuldigte sich Pfahls bei Kohl für seine Verfehlungen.

Kohl akzeptierte die Entschuldigung. Er sei "ausgesprochen dankbar" dafür. Es sei nicht immer leicht gewesen, sich immer wieder vorwerfen lassen zu müssen, seine Regierung sei korrupt gewesen. Kohl betonte in seiner Zeugenaussage: "Ich war nie bestechlich." Er habe auch "keinerlei Kenntnis von Einflussnahmen oder Bestechung" im Zusammenhang mit der Panzer-Lieferung. Es sei ihm völlig unverständlich, aus welchem Grund Pfahls bestochen worden sein soll. "Ich habe nicht kapiert, dass jemand Geld bekommen haben soll - weil die Saudis wussten ja, dass sie das Gerät kriegen", sagte Kohl. Er habe Baker die entsprechende Zusage gegeben und hätte sie "um jeden Preis" eingehalten.

Der Altkanzler erläuterte, die Panzerlieferung müsse vor dem Hintergrund der damaligen weltpolitischen Situation gesehen werden. Deutschland sei den USA wegen der deutschen Einheit zu großer Dankbarkeit verpflichtet gewesen. Seine strikte Weigerung, Soldaten in den Golfkrieg zu entsenden, sei in den USA scharf kritisiert worden. Deshalb habe er sich bei deutschen Generälen erkundigt, womit man den Verbündeten materielle Hilfe beim Kampf gegen den irakischen Diktator Saddam Hussein leisten könne.

Kohl wieder mit Erinnerungslücken

Dabei sei er auf die Fuchs-Spürpanzer mit ihrer speziellen Ausrüstung zur Abwehr von ABC-Waffen aufmerksam gemacht worden. Wer genau ihm dieses Waffensystem empfohlen habe, kann Kohl nach eigenen Worten nicht mehr sagen. Pfahls sei es aber auf keinen Fall gewesen.

Kohl sagte, er habe die Entscheidung im Alleingang getroffen, als er Baker bei sich zuhause in Ludwigshafen zu einem vertraulichen Gespräch empfing. Im Kabinett habe er das Thema zunächst nicht erörtert, da zu der Zeit gerade der Wahlkampf zur ersten gesamtdeutschen Bundestagswahl lief und er befürchtete, dass der damalige Wirtschaftsminister Jürgen Möllemann dieses Thema sofort an die Öffentlichkeit bringen würde.

Kohl war der letzte Zeuge im Pfahls-Prozess. Am Freitag werden die Plädoyers gehalten. Für nächsten Donnerstag ist das Urteil geplant. Die Verteidigung erhofft sich eine Haftstrafe von zwei Jahren und drei Monaten. Dieses Strafmaß war vom Vorsitzenden Richter Maximilian Hofmeister auch bereits im Prozess in Aussicht gestellt worden. Darin enthalten wäre neben der Vorteilsannahme auch noch Steuerhinterziehung. Pfahls kann darauf hoffen, unter Anrechnung seiner Untersuchungshaft bereits im September wieder vorzeitig auf freien Fuß zu kommen.

Am 03-08-2005