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Kartellverfahren gegen Telekom wegen Ortsnetz

Ungemach aus Brüssel

Die EU-Kommission hat ein formelles Kartellverfahren gegen die Deutsche Telekom eingeleitet. Das Unternehmen behindere in unzulässiger Weise den Wettbewerb im Ortsnetzbereich, teilte die EU-Behörde am Mittwoch in Brüssel mit. EU-Wettbewerbskommissar Mario Monti werfe der Telekom vor, ihre Marktstellung durch "unangemessene Preise" für den Zugang zum Ortsnetz zu missbrauchen, da der Bonner Konzern von Wettbewerbern höhere Entgelte als von den eigenen Endkunden verlange. Dies erschwere den Markteintritt für Konkurrenten und verhindere damit die Schaffung von Arbeitsplätzen.

Sollte sich der Verdacht Montis am Ende des formellen Verfahrens als stichhaltig erweisen, droht der Telekom eine hohe Geldbuße. Für das Verfahren gibt es keinen Zeitrahmen. Der Konzern hat nun zunächst zwei Monate Zeit, auf die Vorwürfe zu reagieren und Argumente dagegen vorzubringen. Die Telekom kann in Brüssel auch eine mündliche Anhörung beantragen. Auslöser des Verfahrens sind der Kommission zufolge Beschwerden von Mannesmann Arcor sowie mehreren regional tätigen deutschen Telefonanbietern.

Der Konzern verfüge bei den Telefon-Zugangsdiensten noch immer über einen Marktanteil von 98 Prozent, während sich zahlreiche Wettbewerber die restlichen zwei Prozent teilten, erklärte die EU-Kommission. Monti wies daher in Brüssel auf das "kritische Stadium" hin, in dem sich der deutsche Telekomsektor auch vier Jahre nach der Liberalisierung befinde. "Dies gilt vor allem für das Ortsnetz, wo mehrere sehr vielversprechende neue Anbieter schon ihr Geschäft aufgeben mussten", sagte der EU-Wettbewerbskommissar.

Die EU-Verordnung zur Entbündelung der Ortsnetzanschlüsse war im Januar 2001 in Kraft getreten. Gegen Deutschland und vier weitere EU-Staaten laufen seit Mitte März Vertragsverletzungsverfahren. Die deutschen Behörden sorgen nach Überzeugung der Kommission nicht ausreichend dafür, dass die Telekom ihren Konkurrenten keine Hindernisse beim Zugang zur "letzten Meile" in den Weg legt.

Die Telekom wies die von den Kartellwächtern erhobenen Vorwürfe zurück. Die bereits vor drei Jahren von Arcor vorgebrachte Anschuldigung der unangemessenen Preisgestaltung sei nicht nachvollziehbar, sagte ein Telekom-Sprecher auf Anfrage und verwies darauf, dass die Preise des Ex-Monopolisten reguliert seien. Vorwürfe seien daher eher an die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post zu richten.

Die Telekom hat kürzlich die Grundpreise für Telefonanschlüsse erhöht. Wettbewerber und Verbraucherschützer kritisierten dies unisono: Auch nach der geringfügigen Erhöhung sei die Miete für die "letzte Meile", den Wettbewerber bezahlen müssen, im Vergleich zu einem Komplettanschluss bei der Telekom viel zu hoch. Zudem müsse vor allem der Preis für diesen "blanken Draht" gesenkt werden. Die aktuelle Erhöhung bringe nur der Telekom Zusatz-Profite, auf den Wettbewerb habe sie keine Auswirkungen.

Der Deutsche Verband für Post und Telekommunikation (DVPT) kritisierte unterdessen das Vorgehen der EU. Die EU-Kommission greife in die nationale Regulierung ein, sagte DVPT-Vorsitzender Manfred Herresthal am Mittwoch im Saarländischen Rundfunk. Ihr Ziel sei offenbar eine EU-weite Harmonisierung. Dies werde für die Telefonkunden in Deutschland höhere monatliche Grundgebühren mit sich bringen.

Der Bund ist Großaktionär der Telekom.