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Vorläufiges Aus für die Energierechtsnovelle

Weitere Verzögerungen vorprogrammiert

Der Bundestag hat in der letzten Sitzungswoche der zu Ende gehenden Legislaturperiode die vorgesehene Änderung des Energiewirtschaftsrechts nicht mehr über die parlamentarischen Hürden gebracht. Die Abstimmung wurde von der Tagesordnung genommen, weil durch den Wahlkampf und aus anderen Gründen die notwendige Kanzlermehrheit nicht zu Stande gekommen wäre. Manchen Grünen war die Sache nicht ganz grün. Kernpunkt der Novelle zum geltenden Energiewirtschaftsrechts war die "Verrechtlichung" der so genannten Verbändevereinbarungen, die die Durchleitung von Strom und Gas durch fremde Netze regulieren.

Das vorläufige Scheitern der Gesetzesnovelle hat mehrere Konsequenzen. Nach Einschätzung des Bundesverbandes der deutschen Gas- und Wasserwirtschaft (BGW) vom Freitag wird die EU-Kommission ein Klageverfahren gegen Deutschland wegen der Nichtumsetzung der EU-Gasrichtlinie einleiten. Außerdem kommt es zumindest zu einer mehrmonatigen Verzögerung. Im Fall einer Mehrheit von Rot-Grün bei der Bundestagswahl könnte die SPD das Gesetz zwar erneut unverändert als Fraktionsentwurf in den Bundestag einbringen. Dies könnte aber frühestens im November erfolgen. Dann schlössen sich Beratungen im Bundesrat sowie Expertenanhörungen im Wirtschaftsausschuss an. Ein neues Gesetzgebungsverfahren könnte nach BGW-Schätzung im günstigsten Fall im November 2003 abgeschlossen werden.

Unsicher ist zudem noch, wie sich eine neue Bundesregierung im Falle eines Wahlsiegs der Union verhalten wird. Zwar plädieren nahezu alle Wirtschaftsverbände dafür, die Liberalisierung der Energiemärkte durch Verbändevereinbarungen umzusetzen. Lothar Späth (CDU), im Unions-Kompetenzteam für Wirtschaft zuständig, befürwortete dagegen die Einrichtung einer Liberalisierungsbehörde. Damit sprach er all jenen aus der Seele, die vom deutschen Sonderweg mit Verbändevereinbarungen nicht viel halten. Auch die EU-Kommission in Brüssel hätte lieber - wie in allen anderen Mitgliedsländern - eine Regulierungsbehörde ähnlich der für den Bereich Post und Telekommunikation gesehen.

Der BGW fordert von der neuen Bundesregierung, in der neuen Legislaturperiode "schnellstmöglich ein Gesetz zur Novellierung des Energiewirtschaftsrechts zu verabschieden". Gegnern der Novelle in ihrer bisherigen Form kommt der Aufschub gerade recht. Die Initiative pro Wettbewerb, ein Forum der drei Stromanbieter Yello Strom, best energy und Lichtblick, sind mit dem erreichten Stand absolut unzufrieden. Durch die Verrechtlichung der Verbändevereinbarungen wäre nur der "Missbrauch überhöhter Netzentgelte abgesegnet worden", erklärte das Trio. Zugleich hätte das Gesetz die Kompetenzen des Bundeskartellamtes stark eingeschränkt, so dass schwarze Schafe nur schwer zu fassen gewesen wären.