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Verkehr und Strom für Brasilien - aber ohne Umweltzerstörung

Entwicklungshilfe

Brasilianische Vertreter aus Wissenschaft und Zivilgesellschaft besuchen am 2. und 3. Juni Berlin. Sie diskutieren bei einem Seminar der Heinrich-Böll-Stiftung das Thema "Brasilien und Deutschland - Impulse für Erneuerbare Energien". "Im Bereich Erneuerbare Energien gibt es viele positive und wichtige Kooperationsmöglichkeiten zwischen Deutschland und Brasilien. Diese gilt es zu nutzen und auszubauen - zugleich muss jedoch darauf geachtet werden, dass nicht-nachhaltiger Technologieexport von Deutschland nach Brasilien endlich ein definitives Ende findet", kommentiert Lúcia Ortiz Schild (Friends of the Earth-Brasilien) die Ziele ihres Deutschlandbesuches.

Aktueller Grund ihrer Besorgnis ist die deutsch-brasilianische Initiative zur Kooperation im Infrastruktur- und Energiebereich. Die Initiative wurde im Februar 2002 beim Staatsbesuch von Bundeskanzler Schröder in Brasilien lanciert und soll die Präsenz deutscher Unternehmen in Brasilien bei künftigen Investitionen garantieren. Im Wert von 10 Milliarden US-Dollar wollen sich deutsche Unternehmen in den nächsten fünf Jahren an Straßenbauprojekten, Eisenbahnlinien, (Flug-)Häfen und Wasserstraßen, Staudämmen, Kohle- oder Gaskraftwerken sowie Investitionen im Bereich Erneuerbare Energien beteiligen. "Wir haben die derzeit zur Diskussion stehenden ca. 60 Projekte genauer unter die Lupe genommen. Einige von ihnen sind wahre Katastrophenprojekte! Die ökologischen und sozialen Risiken der problematischsten Projekte haben wir in einem Dossier zusammengestellt und fordern von den deutschen Investoren, sich daran nicht zu beteiligen", erklärt Alcides Faria vom NRO-Netzwerk Rios Vivos.

Zu den kontroversen Projekten zählen v.a. mehrere Großstaudämme, u.a. Belo Monte am Rio Xingú in Amazonien oder diverse Staudammprojekte an den Flüssen Araguaia-Tocantins im Norden des Landes. Die Planungen um den Bau des Großstaudamms Belo Monte, sind schon Jahrzehnte alt - wegen der unabsehbaren ökologischen und sozialen Risiken wehrt sich fast genauso lange ein breites Bündnis aus Umwelt- und Indigenengruppen erbittert gegen das Projekt. Mit einer geplanten Leistung von über 11.000 MW wäre Belo Monte nach Itaipú und dem Drei-Schluchten-Staudamm das drittgrößte Wasserkraftwerk der Welt. Aufgrund der enormen Proteste wird derzeit geprüft, das Kraftwerk kleiner zu dimensionieren, aber trotzdem bestehen weiterhin enorme Zweifel an der technischen Durchführbarkeit des Projektes. Unregelmäßigkeiten bei der Ausschreibung der Umweltverträglichkeitsstudien führten zudem dazu, dass das Genehmigungsverfahren vor über einem Jahr - wie auch bei anderen Projekten an der Araguaia-Tocantins - von der Justiz gestoppt worden ist.

Ihren Besuch in Deutschland wollen Wissenschaftler/innen und Vertreter/innen brasilianischer Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen nutzen, um neben ihren Bedenken zu bestimmten Großprojekten auch für mögliche nachhaltige Alternativen zur Erhöhung des Energieangebotes in Brasilien zu werben, wie den Ausbau der Kapazitäten im Bereich Erneuerbare Energien (v.a. Wind und auch Sonne) sowie die energetische Verwertung von Biomasse durch Kraft-Wärme-Kopplung. Auch Effizienzsteigerungen bei der Stromübertragung sowie eine Modernisierung und Überholung der "alten" Wasserkraftwerke sowie die dezentrale Energieerzeugung durch Wasserkraftwerke kleinerer Bauart könnten Probleme lösen ohne größere zu schaffen.

Ginge es nach ihrem Willen, so sollte "nachhaltiger Technologieexport" zum künftigen Markenzeichen der Kooperation zwischen Deutschland und Brasilien im Energiebereich werden. "Eigentlich müssten die deutschen Wirtschaft und Politik ja auch aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt haben. Kooperationspleiten wie das verschuldungsträchtige Atomkraftwerk Angra 2 oder der Tucuruí-Staudamm sollten Anreiz genug sein, Kooperationsinitiativen künftig konsequent am Leitbild der Nachhaltigkeit auszurichten. Auch sollte es für nicht-nachhaltige Projekte künftig keine staatliche Rückendeckung (via Hermes) mehr geben dürfen", unterstützen Birgit Zimmerle (Deutsches Carajás Forum) und Barbara Happe (urgewald) die Forderungen ihrer brasilianischen Kollegen.